Grabeskaelte
im Zimmer auf und ab. Dabei nahm er auch die Auslagen in Augenschein. Eine Glasvitrine erweckte sogleich sein Interesse. Der Schlüssel steckte und Arno Corte öffnete den Schrank und entnahm ihm zielgerichtet ein Glas mit einem in Spiritus eingelegten Herzen. Fasziniert begutachtete er es von allen Seiten. Dass dabei an die dreißig Augenpaare auf ihn gerichtet waren, schien ihn nicht im Geringsten zu stören. Er war ziemlich beeindruckt, das merkte man ihm an. Wahrscheinlich hätte er den Behälter noch länger angestarrt, wenn Roman ihn nicht mit der Bemerkung, dass es sich bei seinem präparierten Inhalt um ein Schweineherz handelt, aus der Hand genommen und zurück an seinen Platz gestellt hätte. Cortes Verhalten erschien mir schon damals äußerst seltsam. Das war es, was ich Ihnen sagen wollte.“
Henning hatte interessiert zugehört. „Das ist in der Tat ungewöhnlich. Ich vermute schon längere Zeit, dass dieser Corte Dreck am Stecken haben könnte, aber ob er mit unserem Fall wirklich etwas zu tun hat, kann ich zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht beurteilen. Mein Kollege ist dabei, ihn einmal gründlich zu durchleuchten. Wir werden sehen was dabei herauskommt. Auf alle Fälle werde ich ein Auge auf ihn haben. Ich denke, es war kein Fehler, mir von dem Vorfall zu erzählen.“
Henning, dem im Moment keine weiteren Fragen einfielen, ließ seinen Blick durchs Zimmer schweifen. Dabei erregte eine Nussbaumkonsole, auf der neben einem Sträußchen Alpenveilchen mehrere gerahmte Fotografien standen, seine Aufmerksamkeit. Neugierig geworden trat er näher.
„Das ist alles, was mir geblieben ist“, stellte Senta, die sich gleichfalls erhoben hatte niedergeschlagen fest: „Ein paar Bilder.“ Sie nahm eine der Aufnahmen zur Hand und reichte sie Henning. „Das hier ist mein Hochzeitsfoto.“ Der Stolz in ihrer Stimme war unverkennbar.
„Sie haben ein schönes Paar abgegeben, „bemerkte Henning anerkennend.
Senta, ganz in weiße Spitze gehüllt, sah zart und zerbrechlich aus. Ihr schmales, ausdrucksstarkes Gesicht strahlte vor Glück. Auf ihrem dunklen Haar, das ihr in schweren Locken bis über die Schultern fiel, saß ein raffiniert gearbeiteter Hut mit Spitzenbesatz. Auch der Mann neben ihr bot einen stattlichen Anblick.
Nachdem Henning auch die anderen Fotografien in Augenschein genommen hatte, warf er durch die Terrassentür, deren Gardine zur Seite geschoben war, einen Blick nach draußen. Vor ihm erstreckte sich ein kleiner gepflegter Garten. Linker Hand befanden sich mehrere, zurzeit noch unbestellte Beete. Ihnen gegenüber stand eine kleine weiß gestrichene Laube, deren Farbe an mehreren Stellen abzublättern begann. Unweit davon reckte ein Apfelbaum sein noch kahles Geäst, in dem sich ein Baumhaus befand, in den Himmel.
Senta, die neben Henning getreten war, folgte seinem Blick. „Das war Coras Baumhaus“, bemerkte sie. „Jede freie Minute hat sie dort oben verbracht, egal bei welchem Wetter. Im Sommer schlief sie sogar darin. Außerdem war das der ideale Platz, wo sie ungestört ihrem Tagebuch ihre Geheimnisse anvertrauen konnte. Ich weiß noch …“
„Stopp, Moment mal, was haben Sie da gesagt?“
„Ich verstehe nicht ganz, was soll ich denn gesagt haben?“
„Sie sprachen von einem Tagebuch.“
„Ach das, ja sicher. Aber was sollte daran so interessant sein?“
„Ja sehen Sie das denn nicht? Wenn Cora ein Tagebuch besaß, dann hat sie ihm womöglich die Umstände von Kirstins Tod anvertraut. Wissen Sie zufällig, ob dieses Tagebuch noch existiert?“
„Seltsam, dass hat mich Ralph auch erst kürzlich gefragt.“
„Ralph? Heißt das, Sie haben mit ihm darüber gesprochen?“
„Gesprochen ist zu viel gesagt. Er wollte lediglich wissen, ob Cora ein Tagebuch besaß und wo er danach suchen könnte.“
Während Senta sprach, stutzte sie und griff sich an den Kopf. „Oh, mein Gott!“, entfuhr es ihr. „Hoffentlich habe ich da keinen Fehler gemacht! Ich nahm an, er würde danach suchen, um Coras Tod aufzuklären. Ich kann nur hoffen, dass er es nicht dort, wo ich es vermutet habe, fand. Wenn er etwas mit ihrem Tod zu tun hat, dann muss ihm daran gelegen sein, dieses Tagebuch verschwinden zu lassen.“
„Wo haben Sie es denn vermutet?“, hakte Henning nach.
„In ihrem Schreibtisch. Er gehörte meiner Mutter und außer mir und Cora wusste sonst niemand, dass er über ein Geheimfach verfügte. Ich habe Ralph gesagt, wie er es finden könne.“
„Na bravo! Das sieht
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