Grabeskaelte
denken Sie hin! Ich habe mich zwar bisher ziemlich dumm benommen, aber das soll nicht mehr vorkommen. Ich sagte Ralph nur, dass ich ihm nicht weiterhelfen könne. Und das war ja noch nicht einmal gelogen. Ich lag die ganze Nacht wach und versuchte mir vorzustellen, wo Cora ihr Tagebuch aufbewahrt haben könnte. Gegen Morgen ist mir dann das Baumhaus eingefallen. Als es hell genug war, bin ich nach draußen gegangen um nachzuschauen. Zuerst schien es so, als ob ich mir den Weg hätte sparen können. Da war kein Tagebuch und auch kein Versteck, wo es hätte sein können. Ich wollte schon wieder unverrichteter Dinge nach unten klettern, da entdeckte ich das hier.“
Triumphierend zog sie einen kleinen silbernen Schlüssel aus ihrer Schürzentasche und hielt ihn Henning unter die Nase.
„Sieht aus wie ein Schließfachschlüssel.“
„Das habe ich mir auch gesagt und daraus geschlussfolgert, dass Coras Tagebuch in einem solchen aufbewahrt sein könnte. Den Schlüssel dazu haben wir schon mal. Nun müssen wir nur noch herausfinden, wo sich das dazugehörige Fach befindet.“
„Das klingt plausibel“, bekannte Henning euphorisch. „Haben Sie eine Idee, wo wir danach suchen könnten? Ich meine, gibt es hier in der Nähe denn überhaupt derartige Aufbewahrungsmöglichkeiten?“
„Sicher gibt es die. In der Post habe ich ja selbst ein solches Fach. Die Schlüssel ähneln sich sogar, ich habe sie bereits miteinander verglichen.“
„Darf ich mal sehen?“
„Aber sicher doch.“ Senta schob sie ihm hin.
„Stimmt, sie unterscheiden sich nur unwesentlich voneinander“, bemerkte Henning.
„Es wäre zu schön, wenn auch Coras Schlüssel zu einem der Postfächer passen würde. Aber ich befürchte, so einfach wie wir glauben, wird das nicht werden.“
„Dann lassen Sie uns doch gleich nachsehen. Kommen Sie mit?“
Sich des Umstandes bewusst, dass das Hauptpostamt sich schräg gegenüber der Polizei befand, parkte Henning seinen Wagen etwas unterhalb auf der Brechtstraße. Er wollte es nicht darauf anlegen, einem seiner ehemaligen Kollegen über den Weg zu laufen. Unbemerkt gelangte er an Sentas Seite in den Schalterraum.
Wenig später sah er seine Annahme bestätigt. Der Schlüssel passte zu keinem der Schließfächer. Nun war guter Rat teuer. Auch Senta wusste im Moment nicht weiter. So kurz vor dem Ziel wollte Henning jedoch nicht klein beigeben. Er entschloss sich, eine Kopie des Schlüssels anfertigen zu lassen und diese zu Rüdiger nach Leipzig zu schicken. Dort, davon ging er aus, würden sich Mittel und Wege finden, um den Aufbewahrungsort von Coras Tagebuch herauszubekommen. Während der ganzen Zeit verschwendete er keinen Gedanken daran, dass sich in dem Schließfach etwas anderes befinden könnte.
Am Abend telefonierte er erneut mit Rüdiger, um sich zu erkundigen, ob dieser den Schlüssel bereits vorliegen hatte.
„Tut mir Leid, aber ich fürchte, ich habe schlechte Nachrichten für dich. Solche Schlüssel, wie den, den du mir geschickt hast, gibt es wie Sand am Meer. Theoretisch müsstest du das ganze Bundesgebiet danach abgrasen. Ich habe vorhin mit Udo Wenzel, unserem Fachmann auf diesem Gebiet, gesprochen. Er vermutet, dass sich das dazugehörende Schließfach auf einem Flughafen oder Bahnhof befinden könnte. Wenn du dir mal überlegst, wie viele es allein davon landesweit gibt, dann kannst du dir vorstellen, wie mühsam die Suche werden könnte. Ich würde dir raten, noch einmal mit Coras Mutter zu sprechen. Frage sie, wohin ihre Tochter in letzter Zeit gereist ist. Vielleicht fällt ihr etwas ein, was sie bisher übersehen hat. Das würde die Sache erheblich vereinfachen. Andernfalls kann ich dir nicht versprechen, ob und wann wir den Aufbewahrungsort herausfinden. Ohne einen Anhaltspunkt würde das der berühmten Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen gleichen.“
„Na toll! Ich habe mich schon auf der Zielgeraden gesehen und nun das. Aber ich werde sehen, was ich tun kann.“
Nachdem er das Gespräch mit seinem Freund beendet hatte, rief er bei Senta Glaser an, um ihr mitzuteilen, was er von Rüdiger erfahren hatte.
„Deshalb wäre es wichtig zu wissen, wo sich Cora in letzter Zeit aufgehalten hat. Das müsste doch herauszufinden sein!“
Senta dachte angestrengt nach. „Kurz vor ihrem Tod war Cora mit Ralph für einige Tage im Schwarzwald. Ich hatte ihnen die Reise zu Weihnachten geschenkt, weil ich dachte, dass es nicht schaden könnte, wenn die beiden einmal herauskämen. Ich
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