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Grabesstille

Grabesstille

Titel: Grabesstille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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Fenstern und dem Metalltor vor dem Eingang wirkte wie ein Gefängnis, in dem die Geister der Vergangenheit eingesperrt waren.
    Jane spähte durch das Fenster des Restaurants und schüttelte sich sichtlich. »Wir waren ja schon mal da drin. Ist ein gruseliger Ort, und wahrscheinlich wimmelt es von Kakerlaken. Nichts als kahle Wände und leere Räume. Da gibt es wirklich nichts mehr zu sehen.«
    »Das Blut ist mit Sicherheit noch da«, sagte Maura. Mit Putzmittel und Schrubber ließen sich nur die sichtbaren Spuren beseitigen; das chemische Echo des Bluts blieb an Böden und Wänden zurück. Mit Luminol konnten alte Flecken und Fußabdrücke sichtbar gemacht werden, die bei der ursprünglichen Tatortuntersuchung vielleicht übersehen worden waren.
    Maura drehte sich um und kniff die Augen zusammen, als grelles Scheinwerferlicht die Gasse erhellte. Ein Wagen bog um die Ecke und rollte vor ihnen langsam aus. Frost und Tam stiegen aus.
    »Habt ihr den Schlüssel?«, rief Jane.
    Frost zog ihn aus der Tasche. »Ich musste alles Mögliche unterschreiben, ehe Mr. Kwan bereit war, ihn auszuhändigen.«
    »Wozu das Theater? Da drin ist doch gar nichts mehr, was man stehlen könnte.«
    »Er sagt, wenn wir irgendetwas kaputt machen, würde das den Wiederverkaufswert beeinträchtigen.«
    Jane schnaubte. »Gib mir ’ne Stange Dynamit, dann kann ich den Wiederverkaufswert ganz schnell steigern.«
    Frost schloss die Eingangstür auf und tastete nach dem Lichtschalter. Nichts passierte. »Jetzt ist die Birne wohl endgültig durchgebrannt«, sagte er.
    In der Dunkelheit hinter der Schwelle bewegte sich etwas, aufgeschreckt durch die plötzliche Invasion. Als Maura ihre Taschenlampe anknipste, sahen sie ein halbes Dutzend Kakerlaken aus dem Lichtkegel davonhuschen und unter der Kassentheke verschwinden.
    »Iiih«, sagte Frost. »Ich wette, da drunter wuseln Tausende von den Viechern rum.«
    »Vielen Dank«, murmelte Jane. »Das Bild werde ich jetzt nicht mehr aus dem Kopf kriegen.«
    Die Strahlen ihrer vier Taschenlampen zuckten hin und her und durchschnitten die Dunkelheit. Der Raum war, wie Jane ihn beschrieben hatte – Wände und Boden völlig kahl –, doch als Maura sich umblickte, wurde das, was sie sah, von der Erinnerung an die Tatortfotos überlagert. Sie sah Joey Gilmore vor der Theke am Boden liegen. Sah James Fang zusammengebrochen hinter seiner Kasse. Sie ging weiter in die Ecke, wo die Mallorys gestorben waren, und sah vor ihrem inneren Auge die Leichen, wie sie dort gelegen hatten: Arthur mit dem Gesicht nach unten am Tisch zusammengesunken, Dina auf dem Boden ausgestreckt.
    »Hallo?«, ertönte eine Stimme von der Straße. »Detective Rizzoli?«
    »Wir sind hier drin«, antwortete Jane.
    Ein weiteres Paar sich überkreuzender Lichtstrahlen gesellte sich zu den ihren, als zwei Männer von der Spurensicherung den Raum betraten. »Es ist auf jeden Fall dunkel genug hier drin«, sagte einer der beiden. »Und wir müssen auch keine Möbel verrücken, das spart Zeit.« Er ging in die Hocke und nahm den Boden in Augenschein. »Ist das das alte Linoleum?«
    »Das hat man uns jedenfalls gesagt«, antwortete Tam.
    »So sieht’s auch aus. Geprägtes Linoleum, voller Dellen und Kratzer. Dürfte ziemlich hell aufleuchten.« Er ächzte, als er sich aufrichtete; kein Wunder bei seinem Bauch, der aussah, als sei er im neunten Monat schwanger.
    Sein wesentlich schlankerer Kollege, der ihn deutlich überragte, fragte: »Was hoffen Sie, hier drin zu finden?«
    »Das wissen wir nicht so genau«, erwiderte Jane.
    »Es muss doch einen Grund geben, warum Sie sich die Bude nach neunzehn Jahren noch mal vornehmen wollen.«
    In der folgenden Stille spürte Maura, wie ihr Gesicht ganz heiß wurde, und sie fragte sich, ob die ganze Verantwortung für diese Aktion auf ihren Schultern abgeladen würde. Dann sagte Jane: »Wir haben Grund zu der Annahme, dass es kein erweiterter Selbstmord war.«
    »Wir suchen also nach ungeklärten Fußabdrücken? Spuren eines unbekannten Eindringlings, ja?«
    »Das wäre ein Anfang.«
    Sein fülliger Kollege seufzte. »Okay, dann kriegen Sie von uns das volle Programm. Ihr Wunsch ist uns Befehl.«
    »Ich helfe Ihnen, den Transporter auszuladen«, erbot sich Tam.
    Die Männer trugen Scheinwerfer und Videoausrüstung, Kabel und Behälter mit Chemikalien herein. Obwohl alle Glühbirnen in dem Restaurant durchgebrannt waren, war auf den Steckdosen noch Strom, und als sie den Scheinwerfer anschlossen, um den Speisesaal

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