Grabesstille
trug ein dunkelgrünes Hemd und eine Art Baseballmütze. Ich sah ihn nur ganz kurz, doch ich stieß einen spitzen Schrei aus und rannte in die Gegenrichtung.
Frank hatte mich offenbar gehört – ich wäre fast über ihn gefallen, als ich um die Ecke bog.
»Er ist hier!«, schrie ich. »Er ist hier im Laden!«
Frank wusste, dass ich nicht Elvis meinte, und öffnete die Jacke, um leichter an seine Pistole zu kommen.
Hastig beschrieb ich ihm Hemd und Mütze.
»Bleib hier!«, sagte er und ließ mich mit dem Einkaufswagen stehen, während er und Jack in verschiedene Richtungen loszogen. Sie spähten vorsichtig jeden Gang hinab und behielten mich dabei im Auge. Andere Kunden begannen uns neugierige Blicke zuzuwerfen. Eine Frau erschrak, als Frank ihr ein barsches »Aus dem Weg!« zufauchte.
Ich sah, wie Frank sich verkrampfte und gleich wieder entspannte. »Entschuldigen Sie bitte, Sir«, sagte er. »Dürfte ich Sie bitten, einen Moment lang hierher zu kommen?«
Er führte einen Mann mit einer Mütze und einem dunkelgrünen Hemd in Sichtweite. Er hatte in etwa Parrishs Größe und Statur sowie seine Haarfarbe, sah ihm sonst aber überhaupt nicht ähnlich. »Ist das der Mann, den du gesehen hast?«, wollte Frank wissen.
Ich nickte.
»Vielen Dank«, sagte er zu dem Mann, der mich ansah, als vermutete er, ich dürfe nur übers Wochenende frei rumlaufen.
»Was soll denn das Ganze?«, fragte er argwöhnisch.
»Gar nichts«, sagte ich mit trockenem Mund. »Verzeihen Sie bitte. Ich habe Sie für jemand anderen gehalten.«
Zu Johns großem Ärger nahm ich mir diesen ersten Montagmorgen frei und fuhr mit Frank und Bingle zu Davids Haus. Als wir uns Davids Gegend näherten, einem älteren Stadtviertel von Las Piernas mit kleinen, aber gepflegten Häusern auf großen Grundstücken, begann Bingle die Nase aus dem Fenster zu recken, zu schnüffeln und zu schnauben. Als wir in seine Straße einbogen, winselte er bereits und trat nervös auf dem Rücksitz hin und her, während sein Schwanz hektisch wedelte.
Als wir vor dem Haus ankamen, begann er zu bellen – durchdringend und abgehackt.
»Tranquilo«, sagte ich.
Ich sah, wie im Haus gegenüber eine alte Frau die Vorhänge ihres Panoramafensters beiseite schob.
Bingle benahm sich gut, als wir auf die Haustür zugingen, aber offenbar verlangte ihm dies einiges ab. Drinnen angelangt, nahm ihm Frank die Leine ab, und der Hund hopste durchs Haus.
Der große Wohnraum war spärlich möbliert – ein Sofa und ein Sessel, ein Fernseh- und ein Videogerät und ein Bücherregal. In letzterem standen mehrere Videobänder, Bücher über Hunde und Anthropologie und Werke von Twain, Thurber und Wodehouse.
Bingle lenkte mich ab, und so nahm ich nicht viel mehr von der Einrichtung wahr. In hektischem Trab sauste er von einem Raum zum anderen und winselte. Immer wieder kam er zurück, sah zu mir auf und jaulte. Ich begann ihm nachzugehen.
»Was treibt er denn da?«, fragte Frank.
Ich merkte, wie es mir die Kehle zuschnürte. »Ich glaube, er sucht David.«
In einem Schlafzimmer hüpfte Bingle auf das ungemachte Bett und rieb das Gesicht gegen Decken und Kissen. Im Einbauschrank steckte er die Schnauze in sämtliche Schuhe und wälzte sich dann in einem Stapel Schmutzwäsche. Im Badezimmer schnüffelte er an Haarbürsten, einer Zahnbürste, Abflüssen und dem Toilettensitz.
Ich versuchte mit ihm zu sprechen, aber er rannte einfach hinaus und ins nächste Schlafzimmer, einem mit nur einer Kommode und einem ordentlich gemachten Bett. Er sah sich kurz um, liebkoste das Kissen und winselte. Dann trabte er in die Küche, wo Frank schon begonnen hatte, sein Futter, die Fütterungsvorschriften und das Hundespielzeug zusammenzupacken. Bingle ignorierte ihn.
Bingle trottete zu einer Tür neben der Küche und kratzte daran. Ich öffnete sie. Sie führte in die Garage. Darin standen stapelweise Pappkartons. Er schnupperte kurz an ihnen und ging schließlich an eine Hintertür, die er aufgeregt mit den Pfoten bearbeitete. Dann fing er an zu bellen.
Ich öffnete die Tür und folgte ihm in einen großen, umzäunten Garten mit zwei Hundezwingern. Bingle sah in einen der beiden hinein und bellte erneut. Auf dem Zwinger stand »Boolescher«.
Es war kein Schloss daran. Ich machte das Tor auf, das beim Öffnen quietschte. Bingle ging hinein, schnüffelte herum und sah wieder zu mir zurück. Es war, als erwartete er von mir die Antwort auf eine Frage.
Ich kniete mich hin und beantwortete
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