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Grabesstille

Grabesstille

Titel: Grabesstille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Burke
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nicht.«
    »Zerbrechen Sie sich jetzt darüber nicht den Kopf. Wir müssen von dieser Wiese weg; dann können Sie schlafen, wenn Sie wollen – aber jetzt nicht. Bleiben Sie wach.«
    »Okay«, sagte er und fügte dann hinzu: »Für Bingle.«
    »Wie Sie wollen, Arschloch. Aber bleiben Sie wach.«
    Ich erkannte ein kleines, flüchtiges Lächeln. Ich konnte nicht umhin, ihn zu bewundern – ich weiß nicht, wie viele Menschen das bei den immensen Schmerzen, die er gehabt haben musste, fertig gebracht hätten.
    »Ich kann Sie nicht auf dieser Wiese liegen lassen«, erklärte ich. »Parrish könnte wiederkommen.«
    Er rollte sich auf die rechte Seite, als wollte er versuchen aufzustehen, und übergab sich ruckartig.
    »Herrgott«, sagte er.
    »Das kommt vermutlich daher, dass Sie sich den Kopf angeschlagen haben«, sagte ich, nahm mein Halstuch und wischte ihm das Gesicht ab. Dann half ich ihm, sich den Mund zu spülen. »Sie haben wahrscheinlich mindestens eine Gehirnerschütterung. Und wenn Ihnen schlecht wird, ist es wesentlich besser, wenn Sie auf der Seite liegen. Die Rückenlage ist gefährlich.«
    Ich half ihm, den Kopf ein wenig zu heben, um ihm Wasser einzuflößen. Er schien Durst zu haben, schloss aber bald die Augen. »Gehen Sie weg.«
    »Bleiben Sie wach, Ben.«
    »Gehen Sie weg.«
    »Bingle, wissen Sie noch?«
    »Verdammter Hund«, sagte er, schlug aber wieder die Augen auf.
    Ich versuchte ihm eine bequeme Lage zu verschaffen, zu tun, was ich konnte, damit er nicht das Bewusstsein verlor. Aber nichts von dem, was ich gebraucht hätte, war greifbar, und mehr als alles andere wollte ich, dass wir verdammt noch mal von dieser Wiese verschwanden.
    Immer wieder warf ich einen Blick zu der Hügelkette hinüber. Keine Spur von Parrish. Noch nicht.
    »Bingle«, sagte ich. »¡Cuídalo!«
    Der Hund ging näher zu Ben.
    »Was?«, fragte Ben matt. »Was haben Sie gesagt?«
    »Ich habe mit Bingle gesprochen. Ich habe ihm aufgetragen, auf Sie aufzupassen. Es war eigentlich ein Experiment, aber offenbar kennt er diesen Befehl.«
    »Was?«, fragte er erneut.
    »Bleiben Sie wach.«
    Eilig suchte ich das Gelände um das Grab noch einmal ab, indem ich mich auf Gegenstände konzentrierte und meinen Verstand vor den Gedanken an die Toten abschottete, die zerfetzt um mich herum lagen.
    In meiner Eile bewegte ich mich nicht so vorsichtig wie zuvor, und etwas unter meinem rechten Fuß machte ein knackendes Geräusch – ein kleines Stück Knochen.
    Ruhig – mach weiter. Ignorier es einfach. Es kann dir nichts tun.
    Ich machte weiter, doch jetzt begann meine Angst vor Parrishs Rückkehr massiv in Erscheinung zu treten. Sie bahnte sich ihren Weg zu meinen Knien und Knöcheln – meine Schritte wurden schwerfällig und lahm.
    Hör auf, an ihn zu denken! Herrgott noch mal, mach weiter! Du musst Ben helfen.
    Ich fand einen der Matchbeutel, in denen die Ausrüstung der Anthropologen steckte, weitgehend unversehrt. Nämliches traf auch auf Bingles Zubehör zu. Ich lud mir beide Taschen auf und schleppte sie näher zu Ben. Ich lobte Bingle und konnte mich des Eindrucks nicht erwehren, dass er sich zu freuen schien, etwas zu tun zu bekommen.
    Ich benutzte die Stützen von den Sieben, mit denen die Erde durchgesiebt worden war, und eine Rolle Isolierband, die ich in der Tasche fand, um Bens linkes Bein zu schienen. Außerdem nahm ich ein paar andere Dinge heraus, von denen ich dachte, dass sie später nützlich sein könnten, einschließlich einer kleinen Plane, und steckte sie in meinen Rucksack.
    Ben hatte erneut das Bewusstsein verloren, doch als ich seinen Namen rief, kam er zu sich. Er sprach nicht mit mir, aber als ich ihn bat, mir dabei zu helfen, ihn in eine halbsitzende Position aufzurichten, machte er mit.
    »Haben Sie Durst?«
    Er schluckte und nickte kaum merklich.
    Ich hielt ihm meine Wasserflasche an den Mund. Diesmal schaffte er es, ein bisschen mehr zu trinken.
    »Ich werde etwas tun müssen, das wahnsinnig weh tut, Ben. Aber wir müssen von dieser Wiese zwischen die Bäume verschwinden. Von dort aus werde ich Sie vermutlich noch einmal bewegen müssen, aber ich verspreche, dass ich es nicht öfter tue als unbedingt nötig, okay? Und Sie müssen mir helfen, so gut Sie können.«
    Das tat er. Zwar steuerte ich den Großteil an Hubkraft bei, doch schaffte er es, zum Stehen zu kommen. Schon bald stellten wir fest, dass er außerstande war, das linke Bein auch nur minimal zu belasten. Er stützte sich schwer auf mich und

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