Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Grabesstille

Grabesstille

Titel: Grabesstille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Burke
Vom Netzwerk:
auf, wenn du es am wenigsten erwartest.«
    Er stand auf. »Na komm, fangen wir an.«
    Ich regte mich nicht.
    »Steh auf!«
    Ich erhob mich.
    »Lass dir eines von mir gesagt sein«, erklärte er in genervtem Ton. »Ich fange entweder jetzt mit dir an, und zwar so, dass du glauben wirst, die Fotos von Julia Sayre seien auf einem Sonntagsausflug entstanden, oder du fängst bei drei zu laufen an. Ach – und eines noch – merk dir diesen Namen: Nina Poolman. Eines Tages wird ihn jemand wissen wollen. Und jetzt … eins …«
    Falls er drei gesagt hat, so habe ich es nicht gehört. Ich rannte bereits durch den Wald.
     

26
     
    FREITAG MITTAG, 19. MAI
    Ein privater Heliport bei Bakersfield
     
    Frank wusste, dass der Hubschrauber Jack gehörte und seine Wartung und Beaufsichtigung Daltons Aufgabe waren, aber er hatte sich ein kleines Pendlermodell ausgemalt und stellte nun verblüfft fest, dass der »Firmenhubschrauber« ein riesiger Sikorsky S-58T war.
    »Wozu braucht Fremont Enterprises einen so großen Hubschrauber?«, fragte er Jack.
    »Das ist ein Mülltransporter«, antwortete Stinger und lachte über Franks Unbehagen.
    »Wir haben mit dem Forest Service vereinbart, dass wir Abfälle aus entlegenen Gegenden holen«, erklärte Jack und versetzte Stinger einen Klaps.
    »Sechs Tonnen im Jahr allein vom Mount Whitney«, fügte Stinger stolz hinzu.
    »Wir benutzen den Hubschrauber auch für andere Zwecke«, fuhr Jack fort. »Wir setzen Fische ein – wir bringen im Auftrag der Regierung lebende Fische aus Brutstätten in Bergseen. Wir haben Feuerwehrleute transportiert. Wir haben bei Evakuierungen nach Überschwemmungen geholfen. Wir haben Hebearbeiten auf Baustellen erledigt und Frachtladungen geflogen. Und Stinger befasst sich ab und zu mit Such- und Bergungsaktionen.«
    Travis begann interessiert Fragen zu stellen, und Stinger musste sich nicht lange bitten lassen, um den Sikorsky zu rühmen. Er war fünf Meter hoch, erklärte er ihnen, und – seine Rotorblätter nicht mitgerechnet – etwa fünfzehn Meter lang. Er war mit Turbinenmotoren und zusätzlichen Hilfstanks versehen. Es passten achtzehn Passagiere hinein, aber Stinger hatte den Innenraum dahingehend verändert, dass nun – neben einer Crew von zwei Leuten im Cockpit – auf der Ladefläche Sitze für zehn Personen und Platz für zwei Tragbahren vorhanden waren.
    Frank versuchte nicht daran zu denken, dass sie Tragbahren brauchen könnten.
    Stinger nahm die Sitzverteilung vor. Travis und Jack stiegen mit den beiden Hunden, die mit speziellen Geschirren sicher angebunden waren, auf die Ladefläche.
    Stinger forderte Frank auf, mit ihm im Cockpit zu fliegen, hoch über der Ladefläche. »Sie können die Personen erkennen, die wir suchen«, erklärte er.
    Frank kletterte lediglich mithilfe von Griffen und Trittstufen an der Außenseite des hohen Fluggeräts hinauf und zwängte dann mit den Füßen voraus mühsam seine einsdreiundneunzig durch das Cockpitfenster. Er vermutete, dass diese Art, das Cockpit zu besteigen, sicher mit mehr Übung leichter wurde, aber sein erster Versuch nahm sich verdammt ungeschickt aus – und Stinger zog ihn genüsslich damit auf.
    Mühsam beherrschte sich Frank. Er sagte sich, dass er hätte versuchen sollen, letzte Nacht richtig zu schlafen, wie es die anderen getan hatten. Als alle bereits zu Bett gegangen waren, war ihm klar geworden, dass er sich auch ausruhen müsste und er das Zimmer hätte annehmen sollen, das ihm Stinger angeboten hatte. Doch er war aufgeblieben, hatte auf Landkarten gestarrt, war auf und ab gegangen und hatte auf Stingers Computer Wetterberichte im Internet abgerufen.
    Irgendwann gegen Morgen musste die Erschöpfung seine Sorgen schließlich überwältigt haben, da er ruckartig aus einem lebhaften Albtraum hochschreckte, in dem er Irene um Hilfe hatte schreien hören, während er rannte, nach ihr rief und sie nicht finden konnte. Doch als ihn Stinger weckte, indem er ihn sachte an der Schulter rüttelte, wurde Frank klar, dass sämtliche Schreie seine eigenen gewesen waren – in seinem unruhigen Schlaf. Er war mit dem Gesicht nach unten auf dem mit Landkarten bedeckten Tisch eingeschlafen. Verdrossen hatte er auf eine von Stingers typischen neunmalklugen Bemerkungen gewartet, doch das Einzige, was der andere gesagt hatte, war: »Der Kaffee ist fertig.«
     
    Stinger gab ihm ein Kopfhörerset mit Mikrofon, dann drehte er sich um und reichte zwei weitere Kopfhörer eine Leiter hinunter zu Jack und

Weitere Kostenlose Bücher