Grabesstille
berührt nichts, geht nicht rein und versucht, nicht allzu viel herumzulaufen – und gebt mir Bescheid.« Er beschrieb ihm Irenes Sachen. »Haltet vor allem danach Ausschau, okay?«
»Okay. Ist bei dir da draußen alles in Ordnung?«
Nach kaum merklichem Zögern antwortete er: »Ja. Travis, hörst du mit?«
»Ja.«
»Ich will euch beide warnen: Ich kann nicht jeden hier identifizieren. Das ist vermutlich eine positive Nachricht, aber womöglich findet ihr weitere Leichen im Lager. Falls dort noch mehr Tote liegen, müsst ihr nicht nach ihnen sehen – ihr könnt sie bestimmt riechen. Und dieser Kerl stellt gern explosive Fallen, daher – wie gesagt – funkt mich bitte einfach nur an, wenn ihr das Lager gefunden habt.«
Er stellte das Funkgerät auf Stingers Kanal ein. »Stinger, sind Sie da?«
»Bin ich. Der Wind frischt auf. Wahrscheinlich kann ich rüberfliegen, wenn das noch eine Stunde oder so anhält.«
»Wie geht’s J. C.?«
»Er schläft. Ich glaube, er ist am Ende seiner Kräfte.«
»Haben Sie die Ranger-Station erreicht?«
»Mhm. Aber der Forest Service kann uns nicht so schnell beistehen, wie er möchte. Anscheinend hat jemand die Hubschrauber sabotiert. Sie waren froh zu hören, dass wir J. C. gefunden haben. Sie haben sich schon Sorgen um ihn gemacht. Er hat eines ihrer Fahrzeuge genommen, um so nahe wie möglich hierher zu kommen, daher haben sie nicht mehr besonders viele Transportmöglichkeiten. Immerhin gibt es wohl ein oder zwei Zufahrtswege für die Feuerwehr, auf denen sie einigermaßen in die Nähe gelangen können. Und sie fordern Verstärkung an. Bald haben wir hier alles außer den verdammten U. S. Marines, und ich würde nicht mal die ausschließen.«
In Franks Ohren hörte sich das nicht gut an. Die Probleme, den Einsatz zu koordinieren, übertrafen womöglich im Endeffekt die tatsächlichen Hilfsmaßnahmen. Doch er konnte nicht allein nach Parrish suchen. »Sie müssen auch die Polizei in Las Piernas verständigen. Seien Sie möglichst diplomatisch.«
Stinger lachte.
»Hey, Arschloch«, sagte Frank. »Ich stehe hier zwischen den Leichen von mindestens sieben Leuten, die Kollegen von mir waren.«
Nach kurzem Schweigen sagte Stinger: »Das hört sich schon besser an. Das Problem mit Ihnen, Harriman, ist, dass Sie ein bisschen zu höflich sind. Sie wissen schon, ein bisschen hölzern.«
»Passen Sie mal auf –«
»Okay, okay, ich kümmere mich darum. Suchen Sie Ihre Frau – ich werde versuchen, alles so auszuhandeln, dass Sie nicht gefeuert werden.«
»Wen kümmert es schon einen Scheiß, ob – warten Sie mal, jetzt haben Sie mich auf eine Idee gebracht. Hören Sie – Ihr Kontaktmann am Boden kann doch ein Telefongespräch zu Ihnen durchstellen, oder?«
»Klar.«
Frank nannte ihm eine Nummer. »Unter der müssten Sie Tom Cassidy erreichen. Er ist Verhandlungsführer bei Geiselnahmen. Erzählen Sie ihm, was passiert ist. Sagen Sie ihm – sagen Sie ihm, dass ich vielleicht seine Hilfe brauche. Er weiß dann schon Bescheid.«
Frank machte sich wieder daran, den Boden abzusuchen. Er stieß auf den zehnten Stiefel. Er schien an einen Fleck etwas weiter weg von den anderen getragen worden zu sein. Seltsamerweise lag er näher bei Merrick und Manton. Er sah die Fußspuren eines Hundes, mit Regenwasser gefüllt, und daneben mehrere Stiefelabdrücke, die etwas kleiner waren als die Stiefel, die er gesehen hatte.
Ein Frauenstiefel? Er versuchte sich in Erinnerung zu rufen, ob irgendeiner der Männer auf der Exkursion von kleiner Statur gewesen war. Nein, sie waren alle durchschnittlich groß – ja, die meisten von ihnen waren sogar ziemlich hoch gewachsen.
Stammten diese kleineren Stiefelabdrücke von Irene?
Wenn sie mit dem Hund zusammen war – hatte J. C. nicht gesagt, sie sei mit dem Hund zusammen gewesen?
Es war einleuchtend: Thompson hätte sie nicht bei der Ausgrabung dabeihaben wollen, und ihr hätte es nichts ausgemacht, dem Hund Gesellschaft zu leisten, während sie auf die Ergebnisse der Ausgrabung wartete. Sie mochte Hunde.
Er nahm an, dass Parrish den Hund bei der erstbesten Gelegenheit erschossen hätte, aber vielleicht mochte ja auch Parrish Hunde. Doch dann fiel ihm der Kojotenbaum wieder ein, und er strich diese Idee.
Er beschloss, den Spuren zu folgen, da er glaubte, so zumindest herausfinden zu können, wohin Parrish sie und den Hund zu gehen gezwungen hatte, bevor er Bingle umbrachte.
Doch waren bei den Spuren von Irene und dem Hund keine
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