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Grabesstille

Grabesstille

Titel: Grabesstille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Burke
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sahen die anderen es auch: ein gefällter Baum, der übers Wasser führte. Eilig gingen sie auf ihn zu.
    »Vor kurzem erst gefällt«, erklärte Jack. »Und zwar erst vor ganz kurzer Zeit. Alles hier in der Umgebung ist vom Regen durchnässt, aber diese Kiefer ist ziemlich trocken – und frisch genug, dass man die Schnittstelle riecht.«
    Frank blickte zu Boden. Die Spuren waren verwirrend: zwei Paar Stiefelabdrücke, beide Personen waren imstande, zu stehen, und der Hund war bei ihnen. Dann gab es noch Anzeichen für ein Gerangel – an einer Stelle sah man Handabdrücke im Matsch. Ihre? Sicher war er sich da nicht.
    Vielleicht waren Duke oder Earl bis hierher gekommen und dann gescheitert. Vielleicht hatte der sechste Mann hier sein Leben verloren, und seine Leiche befand sich flussabwärts.
    Aber irgendwer hatte die Kraft und die Zeit gefunden, einen starken Baum zu fällen.
    »Schauen wir mal, was am anderen Ufer ist«, sagte er.
    Sie fanden weitere wirre Spuren, doch die Hunde wirkten wieder begeisterter und winselten. Jack entdeckte erneut Bingles Spuren, und sie folgten ihnen, bis Travis auf einmal schrie: »Ihr Zelt!«
    Da stand es, aufgebaut mitten im Wald. Sie hatte sogar eine Vorrichtung gebastelt, um Regenwasser aufzufangen. »Irene!«, rief Frank. »Irene!«
    Er bekam keine Antwort.
    Sie sahen ins Zelt. Es gab Anzeichen dafür, dass sie hier geschlafen hatte, aber schon bald fiel Frank auf, dass eine bunte Mischung von Kleidungsstücken im Zelt lag. Die Hunde interessierten sich sehr für die eine Seite, und bei näherem Hinsehen erkannte Frank eine kleine Menge Blut.
    »Sie hat den Bach überquert und hier kampiert«, sagte Jack.
    Frank nahm eines ihrer Hemden zur Hand: Kein Riss, kein Hinweis auf eine Wunde oder Blutung war zu erkennen, ebenso wenig wie auf ihrem Schlafsack. Wenn sie nicht die Verletzte war, dann hatte Parrish sie vielleicht doch nicht in seiner Gewalt. Vielleicht war sie bei dem zweiten Überlebenden. »Schauen wir mal, ob der Hund noch andere Spuren hinterlassen hat.«
     
    Sie brauchten gar nicht erst nach Spuren zu suchen.
    Deke, die Bingles Geruch wahrgenommen hatte, begann zu bellen. Dunk fiel mit ein.
    Jack war der Erste, der neben einer Felsgruppe einen großen Schäferhund auftauchen sah. Offenbar fand der Hund, dass sie nah genug gekommen waren, da er wild zu bellen begann. Deke und Dunk pressten sich sofort auf den Boden und wedelten nervös mit den Schwänzen, als wollten sie sich demütig zeigen und ihn um Vergebung bitten.
    »Der Pulli, den er da hat, jagt ihnen Ehrfurcht ein«, mutmaßte Travis.
    »Nein«, entgegnete Jack. »Er ist der geborene Herrscher. Deke und Dunk erkennen nur diese Tatsache an – obwohl ich mir sicher bin, dass sie ihn später herausfordern werden.«
    Nachdem sie Deke und Dunk – eigentlich unnötigerweise – befohlen hatten, an Ort und Stelle zu bleiben, versuchten die drei Männer, sich dem anderen Hund zu nähern, aber Bingle fletschte die Zähne und hörte nicht auf zu knurren und zu bellen.
    Frank versuchte sich den Tag in Erinnerung zu rufen, an dem er mit David Niles und dem Hund gearbeitet hatte, und auf einmal fiel ihm wieder ein, dass der Hund seine Befehle auf Spanisch bekam.
    »¡Bingle, cállate!«, sagte er mit fester Stimme.
    Der Hund hörte auf zu bellen und sah ihn an, den Kopf zur Seite geneigt. »¡Bien, Bingle, muy bien!«
    Von irgendwo aus der Nähe – niemand von ihnen wusste zuerst zu sagen, woher – sagte eine matte Stimme: »Bingle, alles in Ordnung. Está bien, Bingle. «
    »Wer ist da?«, rief Frank.
    »Ben Sheridan.«
    »Ben! Hier ist Frank Harriman. Wo sind Sie?«
    »Hier. Unten zwischen den Felsen. Ich bin verletzt, sonst würde ich zu Ihnen hochklettern. Bingle kann Ihnen zeigen, wo ich bin. Wie sagt man ›Komm her‹?«
    »Ven acá«, antwortete Travis und erinnerte damit Frank daran, dass Irenes Cousin derjenige unter ihnen war, der am fließendsten Spanisch sprach.
    Der Hund sah Travis an und zögerte offenbar angesichts dieser neuen Reihe von Befehlen, als Ben den letzten wiederholte. Er beeilte sich, der vertrauteren Stimme zu gehorchen, und die Männer hätten fast übersehen, an welcher Stelle er verschwunden war.
    Frank spähte in die Felsen hinab und sagte: »Wir holen Sie so schnell wie möglich da raus –«
    »Das kann warten – haben Sie Irene gefunden?«
    Frank schluckte schwer. »Sie ist nicht bei Ihnen?«
    »O Gott!«, stieß Ben hervor. »Sie müssen sie finden! Lassen Sie mich

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