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Grabkammer

Grabkammer

Titel: Grabkammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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sich damit an ein weit größeres Publikum. Er sagt der ganzen Welt: Seht mich an. Seht, was ich getan habe.«
    »Oder es ist an eine ganz bestimmte Person gerichtet.
    Eine, die alle diese Meldungen sehen und darauf reagieren soll.
    Ich glaube, dass er mit jemandem kommuniziert, Maura. Vielleicht ist es ein anderer Mörder. Oder vielleicht ein künftiges Opfer.«
    »Es ist sein aktuelles Opfer, dem unsere Hauptsorge gelten sollte.«
    Sansone schüttelte den Kopf. »Er hat sie jetzt drei Tage in seiner Gewalt. Das lässt das Schlimmste befürchten.«
    »Seine anderen Opfer hat er weit länger am Leben gehalten.«
    »Aber ihnen hat er nicht die Haare abgeschnitten. Er hat keine Spielchen mit der Polizei und der Presse gespielt. Diese Entführung folgt einem ganz eigenen Schema.« Der Blick, mit dem er sie ansah, war beängstigend in seiner Nüchternheit.
    »Diesmal liegen die Dinge anders. Das Verhaltensmuster des Mörders hat sich geändert.«
     
    Cape Elizabeth, wo Dr. Gavin Hilzbrich lebte, war ein wohlhabender Vorort von Portland, Maine. Doch im Gegensatz zu den gepflegten Anwesen in der Nachbarschaft war das Grundstück, auf dem Hilzbrichs Haus ein Stück zurückgesetzt stand, mit Bäumen und Büschen überwuchert, und der Rasen, der eindeutig zu wenig Sonne bekam, wies zahlreiche kahle Stellen auf.
    Als Jane in der Einfahrt des großen, im Kolonialstil errichteten Hauses stand, fielen ihr der abblätternde Anstrich und der grünliche Moosbesatz der Dachschindeln auf, deutliche Hinweise auf die maroden Finanzen des Doktors. Sein Haus hatte – ebenso wie sein Bankkonto – mit ziemlicher Sicherheit schon bessere Tage gesehen.
    Auf den ersten Blick machte der silberhaarige Mann, der ihr die Tür öffnete, einen durchaus gut situierten Eindruck. Trotz seiner fast siebzig Jahre stand er kerzengerade vor ihr, ungebeugt von den Jahren oder seinen wirtschaftlichen Nöten. Dem warmen Tag zum Trotz trug er eine Tweedjacke, als sei er gerade auf dem Weg zu einer Vorlesung. Erst als Jane genauer hinsah, stellte sie fest, dass die Kragenecken ausgefranst waren und die Jacke für seine knochigen Schultern mehrere Nummern zu groß war. Dennoch beäugte er seine Besucherin geringschätzig, als ob nichts, was sie zu sagen hatte, ihn im Mindesten interessieren könnte.
    »Dr. Hilzbrich?«, sagte sie. »Ich bin Detective Rizzoli.
    Wir haben telefoniert.«
    »Ich habe Ihnen nichts weiter zu sagen.«
    »Wir haben nicht mehr viel Zeit, diese Frau zu retten.«
    »Ich kann nicht über meine früheren Patienten sprechen.«
    »Gestern Abend hat Ihr früherer Patient uns ein Souvenir geschickt.«
    Er runzelte die Stirn. »Wie meinen Sie das – was für ein Souvenir?«
    »Die Haare des Opfers. Er hat sie ihr abgeschnitten, hat sie in eine Einkaufstüte gesteckt und sie wie eine Trophäe an einen Baum gehängt. Ich weiß zwar nicht, wie ein Psychiater wie Sie das interpretieren würde. Ich bin nur eine einfache Polizistin.
    Aber ich mag mir gar nicht vorstellen, was er ihr als Nächstes abschneiden könnte. Und wenn das Nächste, was wir finden, ein Stück von ihrem Fleisch ist, dann können Sie Gift drauf nehmen, dass ich wieder bei Ihnen auf der Matte stehen werde.
    Aber dann werde ich ein paar Fernsehkameras mitbringen.« Sie ließ diese Drohung einen Moment wirken. »Also, wollen Sie jetzt vielleicht reden?«
    Er starrte sie an, die Lippen zu einem dünnen Strich zusammengepresst. Dann trat er wortlos zur Seite und ließ sie ein.
    Im Haus roch es nach Zigarettenrauch – ein ungesundes Laster und bei den zahllosen Kartons voller Akten, die den Flur verstopften, ein lebensgefährliches obendrein. Als sie durch eine offene Tür in ein vollgestopftes Büro spähte, sah sie überquellende Aschenbecher und einen Schreibtisch, der unter der Last von Papierstapeln und noch mehr Kartons ächzte.
    Sie folgte Hilzbrich ins Wohnzimmer. Hier fiel durch die dichten Bäume vor dem Fenster kaum Sonnenlicht ein, was eine bedrückende, düstere Atmosphäre schuf. Immerhin herrschte in diesem Zimmer eine gewisse Ordnung, doch das Ledersofa, auf dem Jane Platz nahm, war fleckig, und das Holz des fein gearbeiteten Couchtischs war mit Ringen von zahllosen Kaffeetassen verunziert. Beide Möbel waren wohl einmal recht teuer gewesen, Überbleibsel aus üppigeren Jahren. Offensichtlich war es mit Hilzbrichs finanziellen Verhältnissen fürchterlich bergab gegangen, und nun saß er in einem Haus, dessen Instandhaltung er sich nicht mehr leisten konnte. Doch

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