Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Grabkammer

Grabkammer

Titel: Grabkammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
Vom Netzwerk:
sie die große grüne Fläche betrachtete, die den Park bezeichnete, sah sie sich schon meilenweit durch Wälder und Sümpfe stapfen auf der Suche nach … ja, wonach eigentlich? War dieses Etwas größer oder kleiner als ein Picknickkorb?
    Und wie werde ich wissen, dass ich es gefunden habe?
    Es war Zeit, dem Technikfreak im Erdgeschoss einen Besuch abzustatten.
    Sie ging nach unten und klopfte an die Tür von Nummer 1A.
    Mr. Goodwin erschien mit seiner Lupenbrille auf dem Kopf, die wie ein zweites Augenpaar aussah.
    »Ich wollte Sie fragen, ob Sie mir vielleicht einen Gefallen tun könnten«, sagte sie.
    »Ich bin gerade mitten in der Arbeit. Wird es lange dauern?«
    Sie spähte an ihm vorbei in das mit defekten Elektrogeräten vollgestopfte Zimmer. »Ich will mir vielleicht ein Navigationssystem für mein Auto kaufen. Sie haben doch eins, nicht wahr?
    Sind die leicht zu bedienen?«
    Augenblicklich hellte sich seine Miene auf. Wenn man ihn glücklich machen wollte, musste man ihn nur nach irgendeinem elektronischen Gerät fragen, ganz gleich, was es war.
    »Aber klar doch, kinderleicht! Ich weiß nicht, wie ich ohne die Dinger klarkommen würde. Ich habe drei Stück. Letztes Jahr hatte ich eins dabei, als ich meine Tochter in Frankfurt besucht habe, und ich habe mich gleich zurechtgefunden wie ein Einheimischer. Ich musste niemanden nach dem Weg fragen – einfach die Adresse eingegeben, und los geht’s. Sie hätten die neidischen Blicke sehen sollen, die ich geerntet habe. Ich bin von wildfremden Leuten auf der Straße angesprochen worden, die sich das Ding unbedingt mal aus der Nähe ansehen wollten.«
    »Es ist also nicht kompliziert?«
    »Soll ich es Ihnen zeigen? Na los, kommen Sie rein!« Er führte sie ins Wohnzimmer. Offenbar hatte er die Arbeit, mit der er vorhin noch so beschäftigt gewesen war, schon völlig vergessen. Aus einer Schublade fischte er ein elegantes kleines Gerät heraus, kaum größer als ein Kartenspiel. »Sehen Sie, ich schalte es ein, dann können Sie es mal ausprobieren. Sie werden meine Hilfe gar nicht brauchen. Es ist alles selbsterklärend, Sie müssen sich bloß durch das Menü klicken. Wenn Sie die Adresse wissen, führt es Sie bis vor die Haustür. Sie können auch nach Restaurants oder Hotels suchen. Und Sie können mit dem Ding sogar Französisch reden.«
    »Ich möchte zum Wandern gehen. Was ist, wenn ich mir mitten im Wald ein Bein breche? Woher weiß ich dann, wo ich bin?«
    »Sie meinen, falls Sie Hilfe holen müssen? Das ist ganz einfach. Sie rufen mit dem Handy die Notrufzentrale an und geben Ihre Koordinaten durch.« Er riss ihr das Gerät aus der Hand und tippte ein paar Mal auf das Display. »Sehen Sie? Das ist unser Standort. Breitengrad und Längengrad. Wenn ich Wanderer wäre, würde ich mich nie ohne das Ding in die Wildnis wagen. Es ist genauso unverzichtbar wie ein Erste-Hilfe-Kasten.«
    »Wow.« Sie lächelte ihn an und zeigte sich gebührend beeindruckt. »Ich weiß nur noch nicht, ob ich so viel Geld für so ein Gerät ausgeben will.«
    »Warum leihen Sie es sich nicht einfach für einen Tag aus? Spielen Sie ein bisschen damit herum, dann werden Sie schon sehen, wie einfach es ist.«
    »Sind Sie sicher? Das wäre wirklich super.«
    »Wie ich schon sagte, ich habe noch zwei andere. Sagen Sie mir, wie es Ihnen gefällt.«
    »Ich verspreche Ihnen, ich werde gut darauf aufpassen.«
    »Soll ich vielleicht mitkommen? Ich könnte Ihnen ein paar Tipps für die Bedienung geben.«
    »Nein, ich komme schon klar.« Sie winkte ihm zu und verließ seine Wohnung. »Ich will es nur morgen auf eine kleine Wanderung mitnehmen.«
     
    Josephine fuhr auf den Wandererparkplatz und stellte den Motor ab. Sie blieb noch einen Moment sitzen und sah zu der Stelle hin, wo der Wanderweg begann – nur eine schmale Schneise, die in den dunklen, undurchdringlichen Wald geschlagen worden war. Laut Google Earth konnte sie mit dem Auto nicht näher an die Koordinaten herankommen, die auf der Karte eingetragen waren. Jetzt hieß es also aussteigen und zu Fuß weitergehen.
    Obwohl der Regen in der Nacht nachgelassen hatte, hingen an diesem Morgen immer noch tiefe graue Wolken am Himmel, und die Luft schien von Feuchtigkeit gesättigt. Sie stand am Waldrand und starrte auf einen schmalen Weg, der sich nach einer Weile im tiefen Dunkel verlor. Es überlief sie plötzlich kalt wie von einem eisigen Windhauch im Nacken. Sie war versucht, wieder einzusteigen und die Autotüren zu

Weitere Kostenlose Bücher