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Grabkammer

Grabkammer

Titel: Grabkammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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Ästen.
    Sie begann, die Lichtung zu überqueren. Nasses Gras streifte ihre Jeans, und der Stoff sog die Feuchtigkeit auf. Bis auf das Plätschern des Regens war der Tag unheimlich still; nur das ferne Bellen eines Hundes war zu hören. Sie ging bis zur Mitte der Lichtung und drehte sich langsam um die eigene Achse, ließ den Blick über die Bäume am Waldrand schweifen, doch sie sah keine Bewegung, nicht einmal das Flattern eines Vogels.
    Was soll ich hier finden?
    Ein Donnerschlag zerriss die Luft, und sie blickte zu dem immer schwärzer werdenden Himmel auf. Es wurde Zeit, die Lichtung zu verlassen. Während eines Gewitters unter einem einsamen Baum zu stehen war sträflicher Leichtsinn.
    Erst in diesem Moment fiel ihr Blick auf den Baum selbst.
    Auf den Gegenstand, der an einem in den Stamm geschlagenen Nagel hing. Er befand sich oberhalb ihrer Augenhöhe und war halb von einem Ast verdeckt, weshalb sie ihn erst jetzt bemerkt hatte. Ungläubig starrte sie das Ding an, das dort an dem Nagel baumelte.
    Mein verlorener Schlüsselbund.
    Sie fischte ihn herunter und fuhr herum. Hektisch suchte sie die Lichtung nach dem Unbekannten ab, der ihre Schlüssel an den Baum gehängt hatte. Wieder tat es einen Donnerschlag, und wie auf einen Schuss mit der Starterpistole sprintete sie los. Aber es war nicht das Gewitter, das sie Hals über Kopf in Richtung Waldrand fliehen ließ, das sie durch das Unterholz brechen und zum Weg zurückhasten ließ, so voller Panik, dass sie die Zweige nicht einmal spürte, die ihr Gesicht peitschten.
    Nein, es war der Anblick ihrer eigenen Schlüssel an diesem Baumstamm, der Schlüssel, die sie jetzt fest umklammert hielt, obwohl sie sich in ihrer Hand fremd anfühlten. Vergiftet.
    Als sie endlich auf den Parkplatz wankte, war sie völlig außer Atem. Ihr Auto war nicht mehr das einzige, das dort stand; in der Nähe parkte noch ein Volvo. Mit kalten, tauben Fingern mühte sie sich, die Tür aufzubekommen. Als sie es geschafft hatte, kletterte sie hinter das Lenkrad und verriegelte die Türen.
    Endlich in Sicherheit.
    Einen Moment lang saß sie nur keuchend da, bis die Windschutzscheibe von ihrem Atem beschlug. Sie starrte auf die Schlüssel, die sie vor wenigen Minuten von dem einsamen Apfelbaum abgenommen hatte. Sie sahen genauso aus, wie sie sie in Erinnerung hatte: fünf Schlüssel an einem Ring in Form eines Anch, des altägyptischen Lebenssymbols. Da waren die beiden Wohnungsschlüssel, die Autoschlüssel und der Briefkastenschlüssel. Irgendjemand hatte sie über eine Woche lang in seinem Besitz gehabt. Während ich schlief, dachte sie, könnte jemand in meiner Wohnung gewesen sein. Oder meine Post gestohlen haben. Oder sich Zugang zu meinem …
     
    Mein Auto.
    Panik würgte sie, als sie herumfuhr, darauf gefasst, ein Monster auf dem Rücksitz zu erblicken, das sich auf sie stürzen würde. Aber sie sah nur ein paar verirrte Akten aus dem Museum und eine leere Wasserflasche. Kein Monster, keinen Axtmörder. Sie sank in ihren Sitz zurück, und das Lachen, das sich ihrer Kehle entrang, hatte einen leisen Unterton von Hysterie.
    Jemand versucht, mich in den Wahnsinn zu treiben. So, wie sie meine Mutter in den Wahnsinn getrieben haben.
    Sie steckte den Zündschlüssel ins Schloss und wollte eben den Motor anlassen, als ihr Blick am Kofferraumschlüssel hängen blieb, der klirrend zwischen anderen baumelte. Die ganze letzte Nacht, dachte sie, hat mein Auto auf der Straße in der Nähe meiner Wohnung gestanden. Frei zugänglich und unbewacht.
    Sie blickte sich auf dem Parkplatz um. Durch das halb beschlagene Fenster konnte sie sehen, wie die Besitzer des Volvos die Straße heraufkamen. Es war ein junges Paar mit zwei Kindern von ungefähr zehn Jahren, einem Jungen und einem Mädchen. Der Junge führte einen schwarzen Labrador an der Leine. Oder vielmehr schien der Labrador den Jungen zu führen, der mit aller Kraft die Leine festhielt, während der Hund ihn hinter sich her zerrte.
    Erleichtert, dass sie nicht ganz allein war, zog Josephine die Schlüssel ab und stieg aus. Regentropfen prasselten auf ihren unbedeckten Kopf, doch sie registrierte kaum, wie das Wasser ihr in den Nacken lief und ihren Kragen tränkte. Sie ging um den Wagen herum und starrte den Kofferraum an, während sie sich zu erinnern versuchte, wann sie ihn zuletzt geöffnet hatte.
    Es war bei ihrem wöchentlichen Einkauf im Supermarkt gewesen. Sie sah noch die prallvollen Plastiktüten vor sich, die sie in den Kofferraum

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