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Grabkammer

Grabkammer

Titel: Grabkammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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Nationalparkverwaltung weiter? Es ist klimatisiert.«
    Lorraine Edgerton stand auf dem Foto in der letzten Reihe, Schulter an Schulter mit den Männern. Ihr schwarzes Haar war zu einem Pferdeschwanz gebunden, was den kantigen Unterkiefer und die hervortretenden Wangenknochen in ihrem braun gebrannten Gesicht noch mehr betonte.
    »Wir nannten sie ›die Amazone‹« sagte Professor Quigley.
    »Nicht, weil sie besonders stark war, sondern wegen ihrer Unerschrockenheit. Und ich meine das nicht nur in physischer Hinsicht. Lorraine hat immer offen ihre Meinung gesagt, ohne sich darum zu scheren, ob sie deswegen Ärger bekommen würde.«
    »Hat sie Ärger bekommen?«, fragte Frost.
    Quigley lächelte, als er in die Gesichter seiner ehemaligen Studenten blickte, die inzwischen an die fünfzig sein mussten.
    Falls sie noch am Leben waren. »Nicht mit mir, Detective. Ich fand ihre Ehrlichkeit erfrischend.«
    »Und mit den anderen?«
    »Sie wissen ja, wie das ist in so einer Gruppe. Es gibt immer Konflikte und Cliquenbildung. Und das waren junge Leute von Anfang, Mitte zwanzig, also müssen Sie auch noch die Hormone berücksichtigen. Ein Thema, bei dem ich mich nach Möglichkeit heraushalte.«
    Jane betrachtete das Foto. Die Studenten hatten sich in zwei Reihen aufgestellt, wobei die vordere Reihe kniete. Alle sahen fit und gesund aus in ihren T-Shirts und Shorts. Neben der Gruppe stand Professor Quigley, mit vollerem Gesicht und längeren Koteletten, aber auch damals schon der schlaksige Mann, der jetzt vor ihnen verharrte.
    »Es sind wesentlich mehr Frauen als Männer in dieser Gruppe«, bemerkte Frost.
    Quigley nickte. »Das ist nach meiner Erfahrung meistens so. Frauen scheinen sich von der Archäologie mehr angezogen zu fühlen als Männer, und sie sind eher bereit, die eintönigen Arbeiten des Reinigens und Siebens zu übernehmen.«
    »Erzählen Sie mir etwas über die drei Männer auf diesem Foto«, forderte Jane ihn auf. »Was haben Sie für Erinnerungen an sie?«
    »Sie fragen sich, ob einer von den dreien sie ermordet haben könnte?«
    »Die kurze Antwort wäre: Ja.«
    »Detective McDowell hat sie alle befragt. Er hat nichts Belastendes über irgendeinen meiner Studenten herausgefunden.«
    »Ich wüsste dennoch gerne, was Ihnen von diesen Männern in Erinnerung geblieben ist.«
    Quigley dachte einen Moment darüber nach. Er deutete auf einen Mann mit asiatischen Zügen, der neben Lorraine stand.
    »Jeff Chu, angehender Medizinstudent. Sehr aufgeweckt, aber ein ungeduldiger Bursche. Ich glaube, er hat sich hier draußen bald gelangweilt. Heute ist er Arzt in Los Angeles. Und der hier ist Carl Sowieso. Schlampig bis dorthinaus. Die Mädchen mussten immer hinter ihm her räumen. Und der dritte Knabe hier, Adam Stancioff, studierte im Hauptfach Musik. Als Archäologe vollkommen untalentiert, aber ich entsinne mich, dass er recht gut Gitarre spielte. Den Mädels gefiel das.«
    »Auch Lorraine?«, fragte Jane. »Alle mochten Adam.«
    »Ich meine das im romantischen Sinn. Hatte Lorraine etwas mit einem dieser Männer?«
    »Lorraine war an Liebesabenteuern nicht interessiert. Sie hat zielstrebig und unbeirrbar ihr Studium durchgezogen. Das habe ich an ihr bewundert. So etwas würde ich bei meinen Studenten gerne öfter sehen. Stattdessen schwirren den jungen Leuten irgendwelche Bilder aus Tomb Raider im Kopf herum, wenn sie in meine Vorlesungen kommen. Die Schufterei mit Hacke und Eimer blenden sie lieber aus.« Er hielt inne, als er Janes Miene las. »Sie sind enttäuscht.«
    »Bis jetzt haben wir noch nichts erfahren, was wir nicht schon aus McDowells Aufzeichnungen wüssten.«
    »Ich bezweifle, dass ich dem irgendetwas Brauchbares hinzufügen kann. Und ich weiß auch nicht, ob ich nach so vielen Jahren meiner Erinnerung noch trauen kann.«
    »Sie sagten McDowell, Sie glaubten nicht, dass einer Ihrer Studenten etwas mit ihrem Verschwinden zu tun habe. Sind Sie immer noch davon überzeugt?«
    »Ich hatte keinen Grund, meine Meinung zu ändern. Hören Sie, Detective, das waren alles anständige junge Leute. Manche waren vielleicht ein bisschen faul. Und sie neigten dazu, ein paar Gläser über den Durst zu trinken, wenn sie in die Stadt fuhren.«
    »Und wie oft kam das vor?«
    »Alle paar Tage. Nicht dass man in Gallup allzu viel anstellen könnte. Aber schauen Sie sich mal in diesem Canyon um. Da gibt es nichts außer dem Gebäude der Nationalparkverwaltung, die Ruinen und ein paar Campingplätze. Gut, am Tag kommen immer

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