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Grabt Opa aus - Ein rabenschwarzer Alpenkrimi

Grabt Opa aus - Ein rabenschwarzer Alpenkrimi

Titel: Grabt Opa aus - Ein rabenschwarzer Alpenkrimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Kruse
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Leichenteile bei der Zombie-Apokalypse lose wieder zusammen und ließen den Toten in seiner Gesamtheit auferstehen? Oder würden sich wahllos beispielsweise der Torso der toten Auftragskillerin und der Kopf des Falken zusammenfinden und sich aus dem Komposthaufen erheben? Es konnten doch unmöglich simple, biologische Verwesungsprozesse sein, die den Komposthaufen dazu brachten, sich zu bewegen, oder?
    Alfie hyperventilierte.
    „Was hat er denn?“, fragte Mandy besorgt.
    „Flatternerven“, meinte die Herzoginwitwe, „der Kleine ist unser Sensibelchen. Er schämt sich, weil er keine Namen behalten kann.“
    Nur Jeff Bridges musterte wie Alfie den Komposthaufen und legte die Stirn in Falten.

    Am Ende war es leichter als gedacht.
    Nicht das mit den Namen, sondern Alfies Flucht. Keine Flucht wie der Zugriffsentzug vor Rächer Schröpp, aber Alfie musste dringend aus dem Haus – mal für sich sein, sich dem Einfluss der Truppe entziehen, klare Gedanken fassen.
    Irgendwann am Nachmittag, nach einer Runde durch das Waldschlössl – Jeff Bridges hatte Alfie vom Keller bis zum Dachboden alles gezeigt, mit Ausnahme der beiden angeblichen Mitbewohner Ludwig und Selma, weshalb Alfie zu der Überzeugung gelangte, die zwei würden skelettiert in ihren Schaukelstühlen sitzen wie weiland die Mutter von Norman Bates in Psycho –, zerstreuten sich alle in dem verwinkelten Gebäude.
    Mandy bot sich an, die defekten Glühbirnen im Treppenhaus zu ersetzen, wozu sie auf einen Stuhl klettern musste, den Mosche Dajan – wegen der guten Aussicht – festhielt. Mosche blutete am Ohrläppchen, weil Yussef eifersüchtig auf Mandy geworden war und ihn gebissen hatte.
    Jeff Bridges hatte sich mit den Worten „Ich muss nachdenken, passt auf unseren Kleinen auf!“ auf sein Zimmer zurückgezogen, Mireille und die Herzoginwitwe saßen mit gezückten Bleistiften und Sudoku-Heften im Salon.
    Und wie immer, wenn ein Befehl an eine Runde ergeht, fühlte sich niemand konkret angesprochen. Alle gingen davon aus, dass schon irgendwer auf Alfie aufpassen würde, aber keiner tat es. In aller Seelenruhe schlüpfte er in seine Windjacke und trat durch die Küchentür, die früher in den Kräutergarten geführt hatte und jetzt zur Entsorgungsgrube für kleinteilige Leichenteile führte, ins Freie. Er lief zu dem niedrigen Zaun, der zum Nachbargrundstück führte, kletterte darüber und war ...
    ... frei!
    Langsam ging er hinunter zur Wildseepromenade, wo er eine Weile unschlüssig stehen blieb.
    Warum rannte er nicht einfach zur Polizei? Warum fuhr er nicht mit dem nächstbesten Zug nach Hause?
    Vielleicht ging ihm unbewusst das Zitat von Paulo Coelho durch den Kopf: Wer denkt, das Abenteuer ist gefährlich, versuche es mit Alltagsroutine – die ist tödlich.
    Das Schicksal präsentierte ihm täglich eine neue Leiche, und ganz bestimmt würde er demnächst an Skorbut sterben, weil er ausschließlich von Fertigpizza lebte, aber er fühlte sich immer noch – er hörte in sich hinein, lauschte – ja, er fühlte sich immer noch lebendiger denn je.
    Außerdem ließ es sich nicht leugnen, dass ihm Jeff Bridges, Mosche Dajan, Mireille Mathieu und sogar die Herzoginwitwe ganz allmählich ans Herz wuchsen. Gut, sie waren Auftragskiller, aber doch auch herrlich exzentrisch und vor allem selbstsicher. So musste man alt werden – mit Stil.
    Das mit dem Skorbut ängstigte ihn dann aber plötzlich doch. Er fischte in der Hosentasche nach Geld, fand ein Zwei-Euro-Stück und machte sich auf den Weg ins Zentrum von Seefeld, um dort im Supermarkt Albrecht eine Banane zu erstehen. Reine Vorsichtsmaßnahme. Oder war es eine Orange, die man essen musste?
    Als Alfie eine Viertelstunde später durch die elektrischen Glastüren trat und sich kurz orientierte, wo genau es zur Obstabteilung ging, legte ihm plötzlich jemand die Hand auf die Schulter.
    Alfie drehte sich um.
    Ein eleganter Herr im beigen Kaschmirmantel mit hochgestelltem Kragen lächelte ihn an. Charmant, aber irgendwie auch ölig.
    Alfie kam das Lächeln bekannt vor. Das schmale Gesicht, der Dreitagebart, die sehr hohen Geheimratsecken unter dem graumelierten, schulterlangen Haar ...
    Aber natürlich, das war der Fremde aus dem Casino, den er – jetzt fiel es ihm wieder ein – auch im Zug schon kurz gesehen hatte.
    „Entschuldigen Sie, Alfred Gänswein, nicht wahr?“ Man konnte einen ganz leichten ausländischen Akzent erkennen, den Alfie aber nicht zuordnen konnte.
    „Ja?“ Woher kannte der Mann

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