Grabt Opa aus - Ein rabenschwarzer Alpenkrimi
Der Alfie auch schon unterlaufen war. Mehrfach. Fehler machte er grundsätzlich nie nur einmal, immer zwei, drei, vier Mal, nur um ganz sicher zu gehen. Er wollte Mandy gerade darauf hinweisen, als Mireille Mathieu mit der Post zurückkam.
„Rechnung, Werbung, Rechnung, Rechnung.“ Sie sortierte die vier Briefe aus und warf sie in die Restmülltonne. Alfie hatte schon gelernt, dass man es hier mit der Mülltrennung nicht so ernst nahm. „Ah, das hier ist für unseren Kleinen.“
Sie reichte ihm einen dicken Umschlag.
„Von der Kanzlei Resnick, Rinnerthaler & Suss“, las Alfie vor.
Wurde er bleich?
„Aber Rinnerthaler ist doch tot!“, entfuhr es ihm.
„Das ist die gute, alte, österreichische Post – die liefert auch aus dem Jenseits“, kicherte Mireille und zitierte den Slogan, der derzeit auf allen Zustellfahrzeugen zu lesen war: „Wenn’s wirklich wichtig ist, dann lieber mit der Post – CO 2 -neutral zugestellt.“
„Mach auf!“, befahl Jeff Bridges.
Alfie riss den Umschlag auf – mit den Fingern, ein absolutes Novum für ihn – und hielt gleich darauf ein Schreiben in der Hand, das aus jeder Papierfaser Bedauern verströmte.
„Wegen des unerwarteten Ablebens von Rudolf Rinnerthaler wird um mein Verständnis gebeten, dass die offizielle Abwicklung meiner Besitzübertragungsbestätigung erst in ein paar Tagen vollzogen werden kann“, fasste Alfie zusammen. „Ich dürfe aber beruhigt davon ausgehen, dass alles problemlos seinen Gang nimmt, und ruhig schon planen, wie ich über mein Erbe zu verfügen gedenke.“
„Hurra“, juchzte Mandy. Alle sahen zu ihr.
„Eine Erbe, wie schön!“, erläuterte sie ihre Freude strahlend, nur um gleich darauf ihren Gesichtsausdruck völlig zu verändern, weil ihr dämmerte, dass für ein Erbe auch jemand gestorben sein musste. „Mein Beileid!“
„Wo wir jetzt zwei junge Menschen im Haus haben, könnten wir doch lieber besprechen, wer künftig morgens die Brötchen vom Bäcker holt“, wechselte die Herzoginwitwe das Thema. „Ich bin es leid, zum Frühstück kalte Fertigpizzareste vom Vorabend zu essen.“
Alfie guckte gewichtig. Das Anwaltsschreiben in seiner Hand verlieh ihm eine gewisse innere Autorität. Jedenfalls fühlte es sich so an. „Das erledigt selbstverständlich die neue Angestellte.“
Er sah zu Mandy. Die nickte. „Aber natürlich, gern. Nur nicht immer ganz so früh wie heute, ich bin kein Morgenmensch.“
Die Herzoginwitwe rollte mit den Augen. Die Küchenuhr zeigte 11 Uhr 22.
Lasziv lehnte sich Mandy neben Alfie an die Küchentheke. „Ich habe gestern Abend gar nicht alle Namen mitbekommen. Wollen Sie mir die Gäste nicht vorstellen, Chef?“
Das gefiel Alfie und gefiel ihm auch wieder nicht. In seinem kurzen Leben war es noch nie vorgekommen, dass eine schöne Frau sich an ihn heranmachte. Unter anderen Umständen hätte er das genossen, aber das hier drohte, peinlich zu werden.
Er sah zu Jeff Bridges. Der starrte immer noch nachdenklich in seinen mittlerweile leeren Kaffeebecher.
„Ja also ... äh ... okay ...“ Alfie zeigte in die Ecke. „Das dort sind Yussef und ... Mosche Dajan.“
„Was?“ Mosche Dajan hob den Kopf. „Wer?“
Mireille Mathieu kicherte. „Oh, wie köstlich!“
Sogar die Herzoginwitwe versuchte sich wieder in der diabolischen Gesichtsgymnastik, die ein Lächeln darstellen sollte.
„Weil du so durchtrainiert aussiehst ... und wegen der Augenklappe“, rief Alfie rasch, in der Hoffnung, Mosche Dajan würde das als Kompliment auffassen.
„Ich habe mich immer als Yul Brynner gesehen“, wandte Mosche Dajan ein. Er hatte aufgehört, Yussef zu bürsten, und strich sich über das haarlose Schädeldach.
„Yul Brynner!“, kreischte Mireille Mathieu. Selbst die Herzoginwitwe lachte kurz auf.
Alfie bekam mit, dass Jeff Bridges etwas zu Mandy sagte, womöglich stellte er die Anwesenden namentlich vor, aber er hörte nichts davon, so laut rauschte vor Verlegenheit das Blut in seinen Ohren. Alfie fand sich damit ab, dass er die Namen seiner Greise bis ans Ende ihrer Tage nicht mehr lernen würde.
Gequält schaute er aus dem Küchenfenster, durch das man direkt auf den Komposthaufen sah, und meinte plötzlich, dort eine Bewegung wahrzunehmen. Das bildete er sich doch nicht ein! Der Komposthaufen hatte sich eben bewegt!!
Panisch blickte Alfie sich um, konnte aber wegen Mandy nichts sagen. Dabei ging ihm so viel durch den Kopf: Wie war das mit filetierten Ermordeten? Fanden sich die einzelnen
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