Grabt Opa aus - Ein rabenschwarzer Alpenkrimi
angekommen. Oben hörte man noch die Sicherheitstür zugleiten, dann war es still.
Jeff Bridges zog seinen Gürtel aus den Hosenschlaufen und reichte ihn Hugh Hefner. „Hier, Ludwig, mach den Morgenmantel zu. Man wird ja blind. Und setz gefälligst deine dritten Zähne wieder ein.“
Hugh Hefner kicherte und zog ein Gebiss aus der Satinmorgenmanteltasche. „Ich schone es gern, dann hält es länger“, sagte er, nun deutlich zu verstehen.
Alfie sprang auf.
„Es werde Licht“, sagte Jeff Bridges. Surrend erwachte ein Generator zum Leben, dank dem gleich darauf mehrere Lampen angingen.
Alfie zuckte zusammen.
„Das ist keine junge Rumänin!“, entfuhr es ihm beim Anblick der Blondine, die sich immer noch lasziv auf dem kalten Steinboden räkelte. Ihr Satinmorgenmantel war eher ein Satinmorgenmantel-Bolero – oder ebenfalls beim Trocknen eingelaufen, wie Alfies Hose – und zeigte lange Beine. Allerdings bejahrte Beine mit Krampfadern und Besenreißern. Auch die Flecken auf ihren Händen sprachen Bände und zeugten von einem langen Leben. Hätten Jean Harlow oder Marilyn Monroe das Glück gehabt, alt zu werden, hätten sie wohl so oder so ähnlich ausgesehen. Nur der pralle Busen und das fest nach hinten gezurrte Gesicht konnten bei richtiger Beleuchtung an ein mitteljunges Playboy-Häschen denken lassen. Das jetzt war definitiv nicht die richtige Beleuchtung.
„Rumänin? Unsere Altenpflegemaus, die Nadja? Die kommt nur stundenweise“, erklärte Hugh Hefner.
„Selma, das ist Alfie. Alfie, das ist Selma“, stellte Jeff Bridges sie einander vor. „Wir nennen Selma auch unseren Piranha. Sie knabbert nämlich gern an Männern.“
Alfie lächelte wissend. Schließlich war er nicht mehr der leicht zu verschreckende Kleinstadtjüngling, der er noch vor drei Tagen gewesen war. Er war jetzt Austin Powers. „Ah, Sie sind Nymphomanin“, sagte er folglich galant und reichte Selma die Hand, um ihr in die aufrechte Position zu verhelfen.
„Kannibalin“, korrigierte Jeff.
Alfie ließ die Hand wieder los.
„Hat jemand Yussef gesehen?“ Mosche Dajan schien ernsthaft besorgt.
„Der ist Überlebenskünstler, der schafft das schon“, sagte Mireille und klopfte Mosche den Staub vom Jackett.
Mandy blickte sich neugierig um. Es gab aber nicht viel zu sehen.
„Und jetzt?“, fragte Alfie.
„Jetzt machen wir es uns hier gemütlich.“ Jeff Bridges nahm einen Klappstuhl, klappte ihn auf und setzte sich. Er kratzte sich den Knubbel am Ohrläppchen, dann verschränkte er die Hände über dem Bauch und schloss die Augen.
„Aber wenn die über uns das Haus abfackeln?“ Alfie entsetzte dieser Gedanke. Sein schönes Waldschlössl! Sollte sein Traum vom Schlossherrentum in Tirol wirklich so schnell enden?
„Das glaube ich nicht, dass die das tun, das würde Aufmerksamkeit auf sie lenken. Nein, die werden drinnen alles kurz und klein schlagen und dann abziehen und draußen darauf warten, dass wir wieder rauskommen, um uns den Rest zu geben.“
„Da können sie lange warten!“, erklärte die Herzoginwitwe eisern und klopfte mit dem Gehstock auf den Steinboden. „Wir ergeben uns nicht. Niemals!“
Man hörte ein Knurren. Kein böses Kampfhundknurren, mehr ein Hungerknurren. Möglicherweise kam es aus Alfies Magen. Je mehr er aß, desto größer wurden seine Gelüste. „Wie lange reichen denn unsere Vorräte?“, fragte er und sah sich in dem weitgehend kahlen Raum um, in dem keinerlei Vorräte zu entdecken waren.
„Laaange“, gurrte Selma und betrachtete Alfie, während sie genüsslich ihre schmale Zunge über die Lippen gleiten ließ. Offenbar überlegte sie schon, wie sie ihn portionieren konnte.
Schutz suchend stellt Alfie sich neben Jeff Bridges.
Die Zeit verstrich.
Die Herzoginwitwe zog irgendwo aus den unzähligen Falten ihrer pastellfarbenen Oberbekleidung ein Sudoku-Heft und einen Bleistift, Mireille tätschelte den untröstlichen Mosche Dajan, der hin und wieder „Oh Yussef!“ seufzte, Hugh Hefner zupfte alle zwei Minuten sein Haarteil zurecht, aber egal, in welche Position er es auch drehte, es sah immer schrecklich aus. Selma hob gelegentlich die Nase in Richtung Alfie und gab dabei Schnupperlaute wie Hannibal Lector von sich, Mandy saß im Lotus-Meditationssitz in der Ecke und meditierte, Jeff hatte immer noch die Arme verschränkt, hielt jetzt aber sein Mobiltelefon in der Hand, dessen Display er stoisch betrachtete.
Alfie baute Panik auf. Nicht aktiv, versteht sich. Er versuchte,
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