Grabt Opa aus - Ein rabenschwarzer Alpenkrimi
zengleiche Gelassenheit ausstrahlen, fühlte sich jedoch wieder wie im See mit der Plastiktüte über dem Kopf: kein Sauerstoff und lauter Kompostierende um ihn herum.
Eine gefühlte Ewigkeit – aber in Wirklichkeit nur fünf Minuten – später rief er: „Ich halte das nicht mehr aus!“ Ihm war zugleich heiß und eiskalt. Er nestelte an seinem Hemdkragen.
„Ist ja gut, Jungelchen“, beruhigte ihn Jeff. „Es wird nicht mehr lange dauern.“
„Wieso kriegt der denn immer eine Sonderbehandlung?“, schmollte Mandy.
„Vielleicht weil die da draußen hinter mir her sind!“, brach es aus Alfie heraus. „Die wollen mich umbringen. Schon seit Tagen. Erst vor den Zug stoßen, dann erschießen, dann vergiften, dann ertränken und jetzt wieder erschießen.“
Man hätte Widerspruch erwarten können, aber Mandy sagte nichts. Auch sonst sagte niemand was. Wenn man von den „Oh Yussef“-Seufzern Mosche Dajans absah.
Der Raum war nicht schalldicht. Man hörte – wie aus weiter Ferne – Schüsse. Schreie. Stille.
Die Stille zog sich.
„Sind ihnen jetzt die Kugeln ausgegangen?“, spottete Alfie.
„Nein, sie haben den Dings mitgenommen und sind abgezogen.“ Jeff schürzte die Lippen.
„ Was ?“ Alfie bekam große Augen.
„Kein falsches Mitleid, Jungelchen“, sagte Jeff. „Der Dings hat den Rinnerthaler erschossen. Das Karma gibt einem immer zurück, was man ausgeteilt hat, mit Zins und Zinseszins.“
„Zinseszins?“ Alfie verstand gar nichts mehr.
Jeff nickte. „Vermutlich werden sie den Dings foltern, um herauszufinden, wo wir abgeblieben sind. Das kann er ihnen natürlich nicht verraten. Wie sollte er auch; er weiß ja von nichts. Das wird dann sein Ende sein.“
Alfie war sprachlos. Fast, nicht ganz. „Das sind doch alles nur wilde Spekulationen!“
„Mitnichten! Zum einen, weil ich es an deren Stelle ganz genauso machen würde, zum anderen deswegen.“ Jeff Bridges hielt ihm sein Handy entgegen. Das Display war in sechs kleine Rechtecke unterteilt, in denen man verschiedene Räume des Waldschlössls sah.
„Kameraüberwachung, ich habe alles beobachtet“, erklärte Jeff Bridges.
Plötzlich wechselten die Bilder in den Rechtecken am Display. Offenbar war das ganze Haus mit Kameras durchsetzt, sogar ... tatsächlich: Eins der Rechtecke zeigte Alfies Zimmer. „So geht das nicht“, moserte er. „Wo bleibt mein Recht auf Privatsphäre?“
„Jungelchen, reg dich bloß nicht auf“, grinste Jeff. „Wenn ich mir mit unseren Spionagekameras ungepflegte Abendunterhaltung reinziehen wollte, dann würde ich bei Ludwig zuschauen, nicht bei dir.“
Hugh Hefner und er klatschten sich ab.
Auch wieder wahr.
„Dann können wir ja jetzt raus“, sagte Alfie mit einem Blick auf weitere sechs neue Rechtecke. Das Haus war leer. Leer und sichtlich verwüstet.
„Gemach, gemach. Wir schleichen uns kurz vor Mitternacht raus und leiten Gegenmaßnahmen ein“, verkündete Jeff Bridges.
„Gegenmaßnahmen? Wäre das nicht viel eher der richtige Zeitpunkt, um die Polizei einzuschalten?“, wandte Alfie ein.
Alle Augen im Raum richteten sich auf ihn. Die Blicke reichten von missbilligend bis angeekelt, als ob sie eine Kakerlake in ihrer Mitte entdeckt hätten. Wobei tatsächlich eine Schabe durch den Keller lief, der allerdings nicht annähernd so viel Verachtung zuteilwurde wie Alfie in diesem Moment. Möglicherweise spuckte Mosche Dajan sogar aus. Das konnte Alfie nicht sehen, weil Mosche seitlich hinter ihm stand.
„ Polizei , Jungelchen?“ Jeff Bridges schüttelte den Kopf. „Wer bist du? Einer von der Nutella-Generation, der sich vor allem durch Streichfähigkeit auszeichnet? Eine ausgelutschte Lusche?“ Er klang enttäuscht. „Nein, Jungelchen, die Staatsmacht ist für jene, die sich nicht allein verteidigen können. Schwache und Alte.“
Ja eben!, dachte Alfie bockig, sprach es aber nicht aus. Sonst hätte ihn die schwache, alte Herzoginwitwe womöglich mit ihrem Gehstock erschlagen.
„Nein, wir warten noch kurz, bis sich der Staub gelegt hat, dann schleichen wir uns raus, holen unsere Altersversorgung und sorgen konsequent für ein Happyend.“
„Wir setzen uns in die Karibik ab?“ Alfie schöpfte Hoffnung.
Die Augenbrauen von Jeff Bridges trafen sich mittig über seiner Nasenwurzel. „Nein! Wir schlagen zurück! Wer immer uns hier den Garaus machen will, wird zu spüren bekommen, dass er sich mit den Falschen angelegt hat.“
„Ist das nicht gefährlich?“, fragte Mandy.
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