Grace - Die Biographie

dass er sie schließlich nach Über den Dächern von Nizza als Schauspielerin für immer verliert.
    Die Faust im Nacken , unter Elia Kazans Regie mit Marlon Brando und Karl Malden in den Hauptrollen verfilmt, wird schließlich für eine andere blonde Aktrice Sprungbrett und Durchbruch zugleich: Eva Marie Saint erhält gleich für ihre erste Filmrolle der Edie Doyle einen Oscar als beste Nebendarstellerin, und sie wirdfünf Jahre später wiederum an der Seite Cary Grants in Alfred Hitchcocks North by Northwest ( Der unsichtbare Dritte , 1959) mitspielen. Sie ist, wenn man denn so will, ähnlich wie etwa Kim Novak in Vertigo – Aus dem Reich der Toten , Vera Miles in The Wrong Man ( Der falsche Mann , 1956) und Psycho , und insbesondere Tippi Hedren in Die Vögel und Marnie eine jener späten blonden Heroinen, an deren Stelle Hitchcock nur allzu gerne Grace Kelly gesehen hätte. So fühlen sich denn auch einige der Schauspielerinnen, die in der auf die drei Hitchcock-Kelly-Filme folgenden Ära besetzt werden, lediglich als eine Art Ersatz.
    Grace reist also in der dritten Novemberwoche 1953 wieder nach Hollywood – zu Kostümproben für den nächsten Hitchcock-Film, Das Fenster zum Hof. Dort wird sie bereits von ihrem Regisseur erwartet, sowie von der renommierten Kostümdesignerin Edith Head (1897–1981). Für Das Fenster zum Hof sind insgesamt fünf verschiedene Kostüme für sie vorgesehen – Hitchcock hat bereits alles skizziert und veranlasst, von der Form über den Stil und die Farben bis hin ins letzte Detail. »Hitch wollte, dass sie aussieht wie ein Stück Meissener Porzellan, etwas leicht Unberührbares«, erinnert sich Edith Head. »Hitchcock sagte mir, es sei wichtig, dass Graces Kleider dabei helfen, Teile des Konfliktes der Story mitzuetablieren. Da die gesamte Handlung in einem Raum stattfand, hatte alles, was dort geschah, eine Auswirkung zu haben. Graces Kleider haben diese Wirkung oft erreicht. Die Kleider haben somit auch die Entwicklung der Handlung unterstützt.« 159
    Edith Head, Chefdesignerin bei Paramount, ist zur Entstehungszeit von Das Fenster zum Hof längst eine Koryphäe, eine Autorität auf ihrem Gebiet. Die lediglich 1,56 Meter messende Dame trägt stets Brille und Topffrisur, lächelt selten und ist bekannt für ihr gestrenges Regiment. Für das filmische Department des Kostümdesigns hat sie zwischen 1924 und 1981 als Designerin, Kodesignerin oder Designassistentin für 781 Filme verantwortlich gezeichnet. 160 Sie selbst behauptete allerdings stets, es seien weit über 1100. Ohnehin mangelt es der kleinen Dame nicht an Selbstbewusstsein, hat sie doch den Kleidungsstil und somit das Image, vielleicht sogar die Identität der namhaftesten Hollywood-Aktricen über Jahre maßgeblich geprägt: Es sind dies neben vielen anderen etwa Audrey Hepburn, Elizabeth Taylor, Barbara Stanwyck,Gloria Swanson, Bette Davis, Marlene Dietrich, Doris Day, Olivia de Havilland, Shirley MacLaine – und Grace Kelly. Zu jener Zeit im Hollywood der glanzvollen fünfziger Jahre stellt die anmutigaparte und zierliche Audrey Hepburn gewissermaßen die brünette Antithese zur kurvenreichen brünetten Elizabeth Taylor dar, so wie die stilvoll-elegante Grace Kelly die blonde Antithese zur üppiger geformten blonden Marilyn Monroe verkörpert.
    Doch trotz all dieser großen Namen steht für die Kostümdesignerin Head fest: »Wenn ich eine einzige Lieblingsschauspielerin auswählen müsste (was ich wirklich nicht mag, aber die Leute wollen dies immer wissen), so wäre es Grace Kelly. (…) Als ich Grace zum ersten Mal in Zwölf Uhr mittags sah, war ich von ihrem schönen Gesicht und ihrer perfekten Haltung sehr angetan.« 161
    Für Alfred Hitchcock, in dessen Spionage- und Liebesdrama Notorious ( Berüchtigt/Weißes Gift , 1946) sie bereits Ingrid Bergman einkleidete, arbeitet Edith Head – mit einigen wenigen Ausnahmen wie etwa Psycho oder dem 1971 im damals noch existierenden Londoner Covent Garden entstandenen Frenzy – bis hin zu seinem letzten Film, Family Plot ( Familiengrab , 1976). So entwirft sie nach Hitchcocks akribisch genauen Vorgaben die Kostüme der zunächst sehr unsicheren Kim Novak in ihrer komplexen Doppelrolle der Madeleine/Judy in Vertigo – Aus dem Reich der Toten , oder jene von Tippi Hedren in Die Vögel und Marnie . Für ihre Leistungen im Bereich des Kostümdesigns hat Edith Head im Laufe ihres langen Lebens stattliche acht Oscars gewonnen, darunter etwa für die Audrey-Hepburn-Filme