Grace & Josephine - Eingeschneit (German Edition)
RAUS AUS DEM FLIEGER.
BIST DU AUFGEREGT, ICH MEINE VOR UNSEREM ERSTEN TREFFEN? WIR HABEN ZWAR SCHON TELEFONIERT UND VIDEO-CHATS GEMACHT, ABER SICH IN ECHT GEGENÜBER ZU STEHEN, IST, DENKE ICH, NOCHMAL WAS GANZ ANDERES. ICH GLAUBE, DASS ICH DICH NICHT MEHR LOSLASSEN WERDE … LACH ;)
OH, JO, DU KANNST DIR GAR NICHT VORSTELLEN, WIE AUFGEREGT ICH BIN. ICH HABE ABER KEINE ANGST, DASS ES SEHR VIEL ANDERS SEIN WIRD ALS VIRTUELL UND ICH HABE AUCH KEIN EINZIGES MAL DARAN GEDACHT, DASS ES VIELLEICHT IN ECHT NICHT SO GUT ZWISCHEN UNS LÄUFT. ICH DENKE EHER, DASS ES SO VIEL BESSER SEIN WIRD, DASS ES MIR DIE LUFT ZUM ATMEN NIMMT UND ICH MICH IN DEN ARM KNEIFEN MUSS, DAMIT ICH WEISS, DASS ES REAL IST!
SO GEHT ES MIR AUCH, GRACE. BIS SPÄTER, ICH MELDE MICH, WENN ICH IN NEW YORK ANGEKOMMEN BIN! <3
ICH FREU MICH DRAUF, BIS SPÄTER! <3
Kaum hatte sie ihr Handy wieder eingesteckt, wurde sie auf ein wirres Geschrei aufmerksam, das aus der Richtung kam, aus der sie gekommen war. Auch wenn sie nicht wusste wieso, ging sie schneller, als sie hätte gehen müssen, denn ein ungutes Gefühl breitete sich in ihr aus.
In ihrem Waggon angekommen, sah sie, dass eine Menschenmenge dort an ihrem Platz stand.
„ Ihr Herz schlägt nicht mehr! Wo bleibt denn bloß der Krankenwagen? Oh Gott, es schlägt einfach nicht mehr!“, waren die einzigen Worte, die Jo hörte und sie drückte sich mit Gewalt an der Menschenmenge vorbei.
Dort lag sie, den Brief in der Hand, und rührte sich nicht mehr.
„ Ruth, oh Gott, Ruth“, kamen die Worte über Jos Lippen und sie sank zu Boden.
Tränen liefen ihr über die Wangen. „Ich hätte nicht gehen dürfen, sondern die Zeichen ernst nehmen müssen. Ich bin schuld, dass sie hier liegt und ihr Herz nicht mehr schlägt.“
Einige Minuten später – Minuten, die sich wie eine Ewigkeit anfühlten – trafen endlich die Rettungskräfte ein und versuchten alles, um Ruth wieder zurück ins Leben zu holen. Doch vergebens; das so sehr erhoffte PIEP...PIEP...PIEP... wollte einfach nicht kommen, stattdessen hörte man nur ein PIIIIIIIIIIIIIIIIEEEEEEEEEEEPPPPPPPP, das einfach kein Ende nahm.
...
Seit 15 Minuten hatte der Zug die Fahrt Richtung New York wieder aufgenommen.
Mit angewinkelten Knien und geschlossenen Augen saß Jo wieder auf ihrem Platz; immer wieder versuchte sie, die Augen zu öffnen, doch immer wieder war die Sicht verschwommen. Die Tränen wollten einfach nicht aufhören zu laufen, dabei hätte sie nichts lieber getan, als Grace dieses schreckliche Erlebnis mitzuteilen.
WARUM?
Warum musste sie sterben? Ich kannte sie erst ein paar Stunden, aber sie hat mich so sehr an meine verstorbene Oma Olivia erinnert, dass ich ihre Gesellschaft mehr als genoss und sie und ihre Geschichte mir sehr ans Herz gingen, dachte sie, während der nächste Schluchzer sich seinen Weg heraus bahnte.
Lieber Gott, ich bitte Dich nie um viel, doch diese eine Bitte musst Du mir erfüllen, immerhin steht Weihnachten vor der Tür. Leg uns keine Steine mehr in den Weg und lass mich Grace endlich in die Arme schließen, denn jetzt brauche ich sie mehr denn je. Ich brauche sie so sehr, dass es schon weh tut!, betete sie ein letztes Mal, bevor sie es schaffte, Grace nun endlich diese schreckliche Nachricht mitzuteilen!
Nachdem sie die Nachricht abgeschickt hatte, stöpselte sie sich die Kopfhörer in die Ohren. I Would Die For You , tönte es, sie lehnte sich zurück und schloss ihre Augen …
New York City
GRACE
Sie stand bereits ewig am Gepäckband und wartete auf ihren Koffer. Wenn jetzt auch noch mein Koffer weg ist und ich weder was zum Anziehen noch meine Kosmetiktasche noch das Geschenk für Josephine habe, dann drehe ich aber doch noch durch, dachte sie. Andererseits konnte sie sich nichts vorstellen, das Mister Stinkefuß noch toppen könnte, selbst wenn sie zwei
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