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Graciana - Das Rätsel der Perle

Graciana - Das Rätsel der Perle

Titel: Graciana - Das Rätsel der Perle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Cordonnier
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in der Koppel zu sehen. Er konnte sich nicht daran erinnern, wann er sich zum letzten Male so intensiv für ein weibliches Wesen interessiert hatte.
    »Was gaffst du so?«, fuhr Ludo das regungslose Mädchen an, das zum Zelteingang sah, obwohl der Seigneur längst verschwunden war. »Du könntest ruhig ein wenig mit anpacken und nicht mir allein die ganze Arbeit überlassen. Oder hältst du dich schon für eine hohe Dame, nur weil du die Aufmerksamkeit meines Seigneurs erregt hast? Lass dir gesagt sein, dass du nicht die Einzige bist. Alle Damen am Hofe des Herzogs lieben seine blauen Augen!«
    Graciana starrte den wütenden Jungen verblüfft an. Sie hatte keine Ahnung, wovon er sprach. Aber sie dachte nicht daran, sich von ihm zurechtweisen zu lassen. Ihr Stolz begann sich langsam wieder zu regen.
    »Für den Pagen eines Seigneurs hast du ein reichlich loses Mundwerk«, fuhr sie ihn an und reckte das Kinn noch ein Stückchen trotziger in die Luft. »Ich bin keine hohe Dame, ich bin Graciana!«
    Ludo wollte über die selbstbewusste Feststellung lachen, aber dann ließ er es bleiben. Da stand eine Drohung in den goldenen Augen, die ihn einschüchterte. Diese Graciana mochte vielleicht kein Edelfräulein sein, aber sie hatte die Autorität einer Dame.

4. Kapitel
    Hier, es ist nicht besonders viel, aber die Bäcker von Auray haben an diesem Morgen Besseres zu tun, als gefüllte Pasteten zu backen!«
    Ehe Graciana antworten konnte, fiel ein zusammengeknotetes Tuch in ihren Schoß, und Kérven des Iles sprengte an ihr vorbei an die Spitze des Zuges, der sich vor dem Lager des Herzogs formiert und auf ihn gewartet hatte. Obwohl die Zeit der Frühmesse längst vorbei zu sein schien, war der Tag nicht heller geworden. Im Gegenteil, im Nebel, der vom kleinen Meer hertrieb, war jetzt die Feuchtigkeit erster Tropfen zu spüren. Der Regen würde das Schlachtfeld säubern, die letzten Feuer in der Stadt löschen und die Erde lockern, damit die Toten beerdigt werden konnten.
    Der würzige Duft von Anis drang an ihre Nase. Während der Fuhrmann den schweren Wagen, der Waffen, Vorräte und rätselhafte Bündel geladen hatte, mit einem »Hüah!« in Bewegung setzte, mühte sich das junge Mädchen mit dem Knoten des Bündels ab. Sie saß in relativer Bequemlichkeit unter dem Schutz einer Plane, die man über die hohe Ladung gespannt hatte. Vor sich den Rücken des vierschrötigen Mannes, der die Zugpferde führte, hinter sich die Wintervorräte von Lunaudaie, wie Ludo auf ihre Frage hin geantwortet hatte.
    Endlich gelang es ihr, das Leinentuch zu öffnen, und sie entdeckte die runden Aniskuchen, die Kérven dem Haushofmeister des Herzogs abgeschwatzt hatte. Sie waren nicht mehr frisch, aber Graciana hatte gesunde Zähne, und die süßen Gebäckstücke mundeten ihr besser als der schlichte Haferbrei, den es im Kloster als Morgenmahlzeit gab. Sie ließ nicht das kleinste Krümelchen davon übrig, und während sie bedächtig kaute, versuchte ihr Verstand, ein wenig Ordnung in die Dinge zu bringen.
    Mit einem schnellen Griff an den Saum ihres Rockes hatte sie sich noch im Zelt des Ritters vergewissert, dass sich die kostbare Perle noch immer in ihrem Besitz befand. Wertvoll genug, um die Mitgift in einem großen Kloster zu bezahlen, das hatte Mutter Elissa behauptet. Demzufolge doch sicher auch teuer genug, um das Überleben eines Mädchens außerhalb von Klostermauern zu sichern.
    Doch, wie sollte sie einen möglichen Verkauf bewerkstelligen? Sie wusste nur über das Leben in Sainte Anne d’Auray Bescheid. Was sie von der Welt wusste, stammte aus den Erzählungen anderer Novizinnen. Sie hatte gehört, dass sich Mägde und Spitzenklöpplerinnen, Näherinnen und Wäscherinnen ihren Unterhalt mit der Arbeit ihrer Hände verdienten. Aber man musste zum Gemeinwesen einer Stadt oder eines Dorfes gehören, um dort für Lohn arbeiten zu dürfen. Eine Fremde ohne Namen würde man ins Arbeitshaus stecken, und dann wäre es um ihre Freiheit erneut geschehen. Im schlimmsten Fall hielt man sie sogar für ein leichtfertiges Frauenzimmer.
    Aber wenn der Ritter für sie einstand? Wenn er einen Ort kannte, wo sie in Frieden leben konnte und er für sie bürgte? Durfte sie ihm so weit vertrauen? Er mochte den Söldnern gleichen, aber sie hatte bislang nichts Böses von ihm erfahren. Im Gegenteil. Er war nicht so barsch und unfreundlich, wie er sich zuerst gegeben hatte.
    Am Ende lief es darauf hinaus, dass sie ohnehin keine andere Wahl hatte. Sie musste

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