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Graciana - Das Rätsel der Perle

Graciana - Das Rätsel der Perle

Titel: Graciana - Das Rätsel der Perle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Cordonnier
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dass es ohnehin keine Menschenseele kümmerte, was mit ihr geschah.
    »Ich bin spätestens in einer Woche zurück«, sagte er beruhigend. »Der Herzog erwartet mich in Rennes, und ich kann seine großherzige Erlaubnis, die Dinge in Lunaudaie sofort zu regeln, nicht über Gebühr ausnutzen. Wie du siehst, waren Burg und Stadt über ein Jahr besetzt, und erst jetzt kann ich wieder offiziell Anspruch auf mein Erbe und mein Lehen erheben! Wie es den Anschein hat, wirst du dich ohnehin nicht langweilen, bis ich wiederkomme!«
    »Gott schütze Euch«, murmelte Graciana und starrte auf den notdürftig gesäuberten Boden der großen Herrschaftskammer.
    Man würde den Boden noch mindestens zwei bis dreimal mit einer Menge heißen Wassers bürsten und mit Wachs einlassen müssen, ehe er wieder seinen alten Glanz bekam. Aber mehr war in der Eile heute nicht zu machen gewesen. Zudem hatten die beiden Mägde, die mit dieser Arbeit betraut worden waren, keinen allzu großen Eifer an den Tag gelegt.
    Dabei war es ein schöner Raum, mit großzügig geschnittenen Fenstern, die von feinstem steinernem Maßwerk umgeben waren. Auf hölzerne Rahmen gespannte Häute ersetzten die zerstörten Scheiben. Der Boden bestand aus dunklen Eichenbohlen, und die Decken zeigten ein ähnliches Schnitzwerk wie in der großen Halle. Die Herren von Lunaudaie hatten früher in behaglichem Wohlstand gelebt, davon kündeten auch der mächtige Kamin mit der Marmorverblendung und das Stufenpodest für den großen Alkoven.
    Ludo hatte dafür gesorgt, dass auf diesem Podest die Matratzen, Felle, Decken und Kissen ausgelegt wurden, die sie aus dem Feldzelt des Herrn von Lunaudaie kannte. Auf einem breiten Bettschragen mit einfachen Brettern verteilt, bildeten sie ein gigantisches Lager, das Graciana nicht ohne Verlegenheit betrachten konnte. Der Anblick erinnerte sie viel zu sehr an die Nacht in Josselin. So etwas wollte sie nie wieder ertragen.
    »Graciana!«
    Die Stimme des Seigneurs riss sie aus ihren Überlegungen. Kérven legte einen Arm um ihre Schulter und zog sie an seine Brust. Unwillkürlich legte sie ihre Handflächen auf sein Wams, dort, wo sein Herz klopfte. Sie hatte eigentlich die Finger gehoben, um ihn von sich fortzuschieben, aber irgendwie brachte sie es nicht mehr fertig. Pure Magie schien ihre Hände dort zu bannen, und bei dieser Berührung begann ihr Blut schneller durch ihre Adern zu kreisen. Graciana fuhr sich mit der Zungenspitze über die Lippen, die sich trocken und gespannt anfühlten.
    »Willst du mir nicht endlich sagen, wer du bist und woher du kommst?«, hörte sie seine leise Frage.
    »Ich kann es nicht«, erwiderte sie verzweifelt und mied seinen Blick.
    »Warum nicht? Du bist in Sicherheit bei mir!«
    Graciana schüttelte so heftig den Kopf, dass die langen, dicken Zöpfe flogen. Sie wollte nicht lügen, aber sie wollte auch nicht, dass er sie verachtete, wenn er die Wahrheit erfuhr. Also schwieg sie.
    Kérven seufzte und zog sie so eng an sich, dass er die Wange auf ihren gesenkten Scheitel legen konnte. Es gab natürlich viele Möglichkeiten, einen Menschen zum Reden zu bringen, aber nicht eine davon wollte er anwenden. Er hatte keinen Zweifel daran, dass während der Besatzung die Folterkammern in Lunaudaie besser unterhalten worden waren als der Wohntrakt, aber ein solcher Versuch verbot sich von selbst.
    Er musste sich seine Informationen auf andere Weise besorgen. Er wollte auch deshalb nach Rennes, um zu hören, ob nach einer Spionin Paskal Cocherels gesucht wurde, doch er wagte nicht darüber nachzudenken, was er tun sollte, wenn dies tatsächlich der Fall sein sollte. Sie ausliefern? Undenkbar!
    »Komm zu Bett!«, befahl er und setzte damit sowohl der unerfreulichen Diskussion als auch seinen Überlegungen ein Ende.
    Graciana zuckte zusammen. Die vergangene Nacht hatte sie auf einem der Fuhrwerke im Schutze von Bündeln und Körben geschlafen. Kérven hatte nicht weit von ihr entfernt gelegen, aber doch nicht nah genug, um sie zu berühren. Sie hatte Zeit genug gehabt, um nachzudenken, und ihre Selbstvorwürfe waren immer heftiger geworden. Welcher Wahnsinn hatte sie nur in Josselin befallen?
    Kérven spürte ihren Widerstand, doch er war nicht bereit, ihn hinzunehmen. Gut, es war das erste Mal für sie gewesen, aber er hatte keine Gewalt angewendet, er war nicht grob zu ihr gewesen – er hatte ihr Vergnügen geschenkt. Warum wollte sie also nicht, dass er sie erneut liebte. Denn nach nichts sehnte er sich mehr als

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