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Gracie in Love

Gracie in Love

Titel: Gracie in Love Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mallery
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Mutter. Sie spürte ihr gegenüber eine unterschwellige Spannung, eine gewisse Hilflosigkeit, aber sie wusste nicht, warum. Weil sie so lange weg gewesen war? Oder war da noch etwas anderes, das sie bis jetzt noch nicht mitbekommen hatte?
    Sie wandte sich wieder ihrer Torte zu und kräuselte die Nase. In diesem Moment wünschte sie sich, sie würde mit etwas anderem ihren Lebensunterhalt verdienen als mit Torten – und das kam nicht häufig vor. Manchmal wäre es schön, einen Job zu haben, bei dem einem nicht so viel Zeit zum Grübeln blieb. Sie brauchte wirklich Zerstreuung. Und zwar nicht zu knapp.
    Riley saß auf einem Ledersessel, den sein Onkel sich eigens hatte anfertigen lassen. Donovan Whitefield hatte die Führung der Familienbank an seinem fünfunddreißigsten Geburtstag übernommen und bis zu seinem Tod zweiundvierzig Jahre später keinen Tag gefehlt. Er war ein sturer und schwieriger Zeitgenosse gewesen, ein Mann, der niemals Urlaub machte und anderen ihre Fehler und Schwächen nicht verzieh.
    Jedenfalls hatte man das Riley erzählt. Er selbst hatte seinen Onkel nie kennengelernt. Sie hatten zwar fünf Jahre in derselben Stadt gelebt, und doch hatten sich ihre Pfade niemals gekreuzt.
    Riley drehte sich in dem Stuhl um und betrachtete das große Porträt an der Wand gegenüber der Tür. Das Büro seines Onkels strahlte Würde und Eleganz aus und war einem Bankdirektor absolut angemessen. Dazu passte auch das Gemälde, auf dem Donovan Whitefield verewigt worden war, wie er hinter seinem Schreibtisch saß und in die Ferne schaute, als ob er dort die Zukunft sähe.
    Das Bild war so scheußlich, dass Riley es am liebsten sofort abgehängt und verbrannt hätte. Aber das ging nicht. Noch nicht. Erst wenn er die Wahl gewonnen hatte und all das hier ihm gehörte. Bis dahin musste er gute Miene zum bösen Spiel machen und das Büro mit diesem griesgrämigen alten Gespenst teilen.
    Es klopfte kurz, dann schwang die schwere Holztür auf.
    „Guten Morgen, Mr. Whitefield“, sagte seine Sekretärin.
    Riley schüttelte den Kopf. „Ich habe Ihnen doch schon gesagt, dass Sie nicht immer anklopfen müssen. Ich tue hier drin nichts Heimliches – oder Unheimliches.“
    Diane Evans, eine Frau in den Sechzigern, verzog keine Miene.
    „Selbstverständlich, Sir“, teilte sie ihm in einem Tonfall mit, der keinen Zweifel daran ließ, dass sie auch beim nächsten Mal wieder anklopfen würde. Und so würde sie es halten bis zum Tag ihrer Pensionierung.
    Riley wusste, dass er sich nicht beschweren durfte. Diane war eine ruhige, effiziente Kraft. Und sie wusste alles über die Bank. Ohne ihren Rat hätte er schon so manches Mal blöd dagestanden. Er besaß vielleicht die Gabe, selbst mitten in einem schweren Sturm Erdölvorkommen im Südchinesischen Meer aufzuspüren, aber die Welt der Finanzinstitute war ein Buch mit sieben Siegeln für ihn.
    Diane hatte ihn sicher durch die letzten sieben Monate geleitet, ohne dass ihr dabei auch nur eine einzige graue Haarsträhne verrutscht wäre.
    „Es hat schon wieder jemand angerufen wegen der geplanten Kinderabteilung im Krankenhaus“, informierte sie ihn mit monotoner Stimme und völlig regungslosen Gesichtszügen. Und das, obwohl sie über diese Angelegenheit bereits dreimal gesprochen hatten und Riley sich dreimal geweigert hatte, dafür Geld zu spenden, und zwar mit dem Hinweis, er wolle von diesem Thema nichts mehr hören.
    Er bedeutete ihr, hereinzukommen und auf der anderen Seite des Schreibtischs Platz zu nehmen. Lautlos trat sie in ihren Gesundheitsschuhen näher, dann ließ sie sich auf der Kante des mit Ledersitz bespannten Holzstuhls nieder. Den Rücken hielt sie perfekt gerade, die Schultern aufrecht, und ihr Tweed-Anzug umfing sie wie eine hässliche Ritterrüstung.
    „Sie hatten versprochen, darüber nachzudenken, Sir“, erinnerte sie ihn.
    „Ist ja lustig. Nach meiner Erinnerung hatte ich Ihnen gesagt, eher friert die Hölle zu, als dass ich auch nur einen Penny für den Donovan-Whitefield-Gedächtnis-Trakt spende.“
    In Dianes Hand tauchten wie durch Zauberei ein Notizblock und ein Stift auf. „Vielleicht schildere ich Ihnen die Zwangslage der Kommune noch einmal“, begann sie.
    „Vielleicht lassen Sie mich endlich damit in Ruhe“, erwiderte Riley.
    Sie sah ihn an, ohne ihre feierliche Miene zu verändern. Sie zog weder eine Augenbraue hoch, noch ließ sie die Mundwinkel sinken. Dennoch spürte er ihre Missbilligung überdeutlich.
    „Es geht hier um Kinder,

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