Gracie in Love
Ihre Eltern starben, als sie noch relativ klein war, und sie wuchs praktisch in der Obhut ihres Bruders Donovan auf. Sie brannte mit meinem Vater durch, als sie etwa siebzehn war. Donovan drohte ihr. Sie sollte zurückkommen, oder sie würde keinen Cent des Geldes sehen. Aber sie entschied sich für die Liebe.“
Gracie wollte sagen, wie romantisch sie das fand. Doch der Klang von Rileys Stimme irritierte sie.
„Was geschah dann?“, fragte sie stattdessen.
„Sie wurde schwanger. Zehn Jahre lang lebte sie in einer heruntergekommenen Bude in einem staubigen Kaff irgendwo in Arizona. Die Liebe ihres Lebens hielt es nicht für notwendig, sie zu heiraten, und eines Tages, ich war gerade mal neun, verschwand er. Also kehrten wir nach Los Lobos zurück. Ich glaube, meine Mom wollte sich mit ihrem Bruder aussöhnen, aber der gute alte Donovan blieb unnachgiebig.“
Seine Miene verfinsterte sich.
„Du kannst ihm das nicht verzeihen“, bemerkte Gracie leise.
„Das ist nur eines von vielen Dingen, die ich ihm nicht verzeihen kann.“
„Wie schade.“
„Na ja. Ist alles lange her.“
„Trotzdem.“ Gracie glitt von ihrem Stuhl, ging hinüber zu Riley und legte ihm tröstend die Hand auf den Arm. „Ich wünschte, ich könnte etwas tun, damit es dir besser geht.“
Und plötzlich verwandelte Riley sich. Nichts war mehr zu spüren von dem emotional verletzten Mann – er hatte sich in ein Raubtier verwandelt. Seine Augen wurden eine Spur dunkler, sein Körper straffte sich, und sie hätte schwören können, dass sogar die Raumtemperatur um ein paar Grad anstieg.
Riley rutschte von seinem Stuhl und streckte die Hand nach ihr aus. Doch anstatt sie an sich zu ziehen, packte er nur eine Haarsträhne von ihr.
„Wie war das?“, stieß er hervor. „Keine gute Idee.“
Sie musste schlucken, bevor sie etwa sagen konnte.
„Was ist keine gute Idee?“
„Etwas zu tun, damit es mir besser geht. Du bist nämlich nicht mein Typ.“
Er zog ihr nicht an den Haaren, aber er ließ sie auch nicht wieder los.
Er hatte sie in der Hand – und das fand sie seltsam erregend.
„Und wie ist dein Typ?“
Fragend sah er sie an. „Willst du’s doch versuchen?“
„Ich bin nur neugierig.“
„Natürlich. Okay. Ich mag unkomplizierte Frauen. Und damit meine ich die drei V.“
„Die drei V?“ Was sollte das sein? „Eins davon kann ich mir denken“, sagte sie. „Aber was sind die anderen beiden?“
Seine dunklen Augen waren unwiderstehlich. Irgendetwas drängte sie, ihm immer näher zu kommen, bis sie sich beinahe berührten. Komisch, Riley war die ganze Zeit so nett zu ihr gewesen. Dass er auch so draufgängerisch sein konnte, war ihr gar nicht in den Sinn gekommen.
Er beugte sich zu ihr hinunter und flüsterte in ihr Ohr: „Sicher, dass du das wissen willst?“ Sein Atem kitzelte sie.
Sie nickte.
„Verführe sie, vögel sie, vergiss sie.“
„Oh.“ Sie wusste nicht, was sie dazu sagen sollte.
„Aber du bist eine Frau, die man nicht vergessen kann“, murmelte er. „Du bist eine Frau, der Männer Blumen schenken und Ringe. Du bist eine Frau, die Männer lieben wollen. Dafür bin ich nicht geschaffen, Gracie. Und war es nie.“
Im selben Moment richtete er sich auf und ließ sie los. „Es wäre besser, du gehst jetzt.“
„Was? Jetzt soll ich gehen?“ Ungläubig schüttelte sie den Kopf und trat einen Schritt zurück. „Natürlich. Du hast recht. Eine hervorragende Idee.“
Sie kam sich vor wie ein Vögelchen, das sich von einer Schlange hatte verwirren lassen. Ihr Selbsterhaltungstrieb sandte ihr den Befehl, schnellstens zu verschwinden. Doch der Rest von ihr wollte herausfinden, wie es war, von einem Typen wie Riley Whitefield verführt zu werden.
Dieser Mann war so wunderschön, und er küsste so gut. Vielleicht könnte er sie ja wenigstens noch einmal küssen ...
„Wenn ich einmal angefangen habe, höre ich so schnell nicht mehr auf“, presste er hervor.
Offensichtlich konnte er ihre Gedanken lesen. Sie drehte sich um und verließ die Küche.
Den Weg nach Hause legte sie in Rekordzeit zurück. Sie sehnte sich nach Ruhe und einer Tasse Tee, damit sie ihre Gedanken ordnen konnte. Doch als sie in ihre Einfahrt einbog, war klar, dass es damit nichts werden würde. Ihre Schwester Vivian stand vor der Haustür.
Dieses E-Book wurde von der "Verlagsgruppe Weltbild GmbH" generiert. ©2012
9. KAPITEL
S chon wieder ein Streit mit Tom?“, fragte Gracie, als sie aus dem Auto stieg und zur Haustür
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