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Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral

Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral

Titel: Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Berling
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keinen Sinn zu warten.« Er senkte seine Stimme etwas; die Frau tat ihm leid. »Außerdem: Die Gräfin wird Euch von den Katapulten beschießen lassen. Sie sind sehr genau ju s tiert. Ihr könnt hier nur noch – wenn nicht Leben – so doch Mann und Mast verlieren!«
    Das hatten auch die Matrosen gehört. Hastig legten sie ab.
    Ingolinde zog sich in ihr Hurenwägelchen zurück. Sie weinte.

VI
CANES DOMINI

Ein einsamer Wolf
    Castel del Monte, Herbst 1245 (Chronik)
    Meine Sänfte schwankte heftig wie ein Schiff in hoher See. Die Reiter trieben auch die Pferde an, die weiter vorn die Sänfte mit Clarion und den Kindern trugen. Ich war eine r seits froh, die Bälger nicht sehen zu müssen, fand ich doch die Idee, mit kleinen Menschenleben wie Puppenthe a ter umzugehen, unwürdig und ärgerlich. Mehr aber noch fuc h ste mich, daß ich auf diese Weise keinen Blick auf die schöne Clarion werfen konnte. Doch Hamo, der unseren Trupp umkreiste wie ein nervöser Hirtenhund seine Schafsherde, sorgte dafür, daß vorerst keiner sie zu sehen bekam; die Vorhänge blieben heruntergela s sen. Wir ritten unterhalb der Festung Goia di Colle vo r bei, als sich der säbelbeinige Guiscard zu Hamo und mir zurückfallen ließ.
    »Schaut jetzt nicht auf«, sagte er mit gedämpfter Sti m me, »vom Hügel dort oben beobachtet uns ein einzelner Re i ter, der uns schon seit einiger Zeit folgt.« Ich wendete dennoch meinen Blick langsam in die angegebene Ric h tung und sah die dunkle Silhouette des in einen schwa r zen Umhang gehüllten Reiters, der unbewegt unseren Zug u n ter sich passieren ließ. Er war von achtungsgebi e tender Statur; etwas Unheimliches ging von ihm aus. Irgendwo in dunklen Träumen war mir diese Gestalt schon mehr als einmal erschienen. Rauch, Feuer? Ohne es zu wollen, schlug ich das Kreuz.
    »Meinst du, Guiscard«, fragte Hamo spöttisch, der ihn ebenfalls mit einem Blick aus den Augenwinkeln erfaßt hatte, »daß päpstliche Kundschafter sich bis hier nach Ap u lien wagen, wo der nächste Ast ihnen sicher ist, wenn sie dem Staufer in die Hände fallen?«
    »Das ist kein gewöhnlicher Spion«, entgegnete der Amalfitaner. »Der da oben trägt den Rock eines Inquis i tors und fürchtet offensichtlich weder Friedrich noch andere Teufel!« Er lachte. »Ih r w olltet doch, junger Herr, daß wir ihre Aufmerksamkeit erregen – nun, das haben wir schon erreicht.« Ich schaute nochmals auf; der Reiter war ve r schwunden. Obgleich, was ich damals noch nicht wußte, ich seinen Weg schon einmal gekreuzt hatte – und noch viele Male kreuzen würde! –, sollte sich dieses d ü stere Bild in mein Herz einbrennen. Wenn Hamo ein ju n ger Hund war und wir die Schafe darstellten, dann war Vitus der böse Wolf. Doch wir hatten ja Guiscard, den amalfitanischen Haudegen, den die Gräfin schweren Herzens für das Unte r nehmen abgestellt hatte. Sein vernar b tes Gesicht zeugte von einigen handfesten Erfahrungen, und er schien zune h mend Lust an unserem Unternehmen zu finden.
    »Ihr solltet jetzt nach Westen schwenken«, riet er Hamo, doch der wollte sich nicht beraten lassen.
    »Wir reiten auf dem kürzesten Wege nach Lucera«, b e schied er den Amalfitaner.
    »Ihr seid der Herr«, lenkte Guiscard ein und setzte sich wieder von uns ab. »Damit handelt Ihr«, warf er im We g reiten ein, »genauso, wie der Feind es erwartet!«
    Hamo schwieg. Ich mischte mich behutsam ein: »Seht die Ratschläge des alten Otters als Geschenk, nicht als Demütigung: Der Ruhm bleibt Euer!« Das saß. Hamo gab unmerklich – auch ich sollte seine Einsicht nicht mir z u schreiben dürfen – seinem Gaul die Sporen und schloß auf zur Spitze.
    Kurz darauf schwenkten wir gen Altamura und trafen am nächsten Abend auf der Baustelle des Castel del Monte ein, einer befestigten Anlage, die sich der Kaiser in den Wäldern des Monte Pietrosa errichten ließ, welche ihm als sein bevorzugtes Jagdrevier dienten.
    Mittlerweile weit in der Welt herumgekommen, habe ich selten einen erhebenderen Anblick genossen. Wie eine a b gesetzte Krone liegt diese Burg so leicht auf einem Hügel auf, als würde jeden Augenblick der Kaiser vo r beigeritten kommen und sie im Vorbeigalopp mit seinem Falkne r handschuh aufnehmen, um sie an anderer Stelle sich zur Freude wieder hinzuste l len. Ein Jagdschloß der Lust und der Besinnung, als völlig harmonischer Oktaeder gehalten – acht, die Zahl der Vo l lendung, wie mir Bruder Umberto einst offenbarte –, de s sen Ecken durch eingezogene

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