Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral
Instanz ist der Kaiser. Das Prie s tertum einer jeglichen Religion« – das war an die Adresse der beiden Alten, deren Sektenhörigkeit sie ä r gerte – »hat sich dem unterzuordnen! Ich wollte, Frie d rich würde zu diesem Behufe seinen Sitz in Rom ne h men, damit alle Welt sieht, von wem das Leuchten au s geht!«
»So werdet Ihr die Welt nie vereinen noch befrieden.« Tarik war wütend über den Auftritt der Frau. »Und ich bezweifle auch, daß Euer Herr so denkt –«
»Rom hat der Menschheit nur Unglück gebracht, U n terdrük-kung und Haß!« lamentierte auch Turnbull. »Weit entfernt vom Heiligen Land ist diese unheilige Stadt!«
»Dann eben Palermo!« bot Laurence an, als ob sie das Geschick der Menschheit mit einem Federstrich verä n dern könnte. »Sizilien als mediterranes Bindeglied zw i schen Morgen- und Abendland!« Ihr kamen Zweifel ob ihrer Vollmacht. »Vorausgesetzt, Friedrich will übe r haupt etwas mit ihnen zu tun haben – denn, stauferischen Blutseinschuß vermutet, aber nicht bewiesen, für den Kaiser bleiben sie Ketzerkinder, was sie ja auch sind!«
»Es sind die Infanten des Gral, des › sangue réah.« John war es leid, die Diskussion überhaupt zugelassen zu h a ben. »Die Welt wird uns dereinst danken, daß wir es g e rettet haben, wo immer es sich dann manifestieren wird –«
»Wie auch immer!« pflichtete ihm Tarik korrigierend bei. »Es ist kostbares Blut; wir wollen es nicht verschü t ten, sondern es behutsam konservieren bis zu dem Tage, an dem uns Allah wissen lassen wird, wie sein Ratschluß la u tet!«
»Ehre sei Gott«, schloß John erlöst ab, »und Friede auf Erden und –«
»- und den Menschen ein Wohlgefallen!« fiel Laurence ein.
»Wenn die Kinder alt genug sind, werden sie vielleicht auch noch ein Wort mitreden wollen!«
Die Gräfin mußte das letzte Wort haben, auch wenn sie es erst beim Herausgehen zwischen Tür und Angel von sich gab.
So hörte sie auch nicht mehr, wie der alte Turnbull: »Da sei Gott davor!« murmelte und Tarik von sich gab: »Wa ’ tanbah kelab al-kaflah!«
»Von welchem König sind wir eigentlich die Kinder?« Roç schaute Crean von unten an; er war schneller die Sti e gen hinabgeklettert als der freundliche Mann mit dem tra u rigen Narbengesicht, der sie vom Montségur weg übers Meer bis hierher begleitet hatte und zu dem er volles Vertrauen em p fand. Gut, er war zu alt, um so ein Freund zu sein wie Wi l liam, so ein lustiger!
Crean wirkte immer so, als dächte er schwer über etwas nach, das ihm auf der Seele lastete.
»Hörst du mir zu?« sagte der Junge. »Alle sagen, wir seien Königskinder.«
Crean nahm sich Zeit, zumal Yeza als neues Spiel h e rausgefunden hatte, von den Brüstungen der Plattformen hinunterzuspringen und sich von Creans Armen auffa n gen zu lassen; das gefiel ihr, und sie juchzte jedesmal, wenn sie sich fallen ließ.
Die drei befanden sich noch immer im Inneren des Do n jon, in jenem fensterlosen Hauptraum, der nur Licht aus den hochliegenden Einlassen erhielt.
»Ach«, sagte Crean und setzte sich auf die unterste Stufe der hölzernen Treppenkonstruktion, Yeza auf sein Knie lassend. »Das weiß ich auch nicht so recht. Aber ich de n ke, es hat mit allen Königen zu tun –«
»Mit dem König der Könige?« fragte Yeza begierig.
»Das ist doch der Kaiser!« wies sie Roç belehrend z u recht.
»Es war einmal ein König, der hatte die zwölf besten Ritter an seiner Tafel –«
»König Arthur!« fiel ihm Roç aufgeregt ins Wort. »Ist das unser Vater?«
»Irgendwie ja«, sinnierte Crean, »Auch wenn er schon lange tot ist …«
»Er lebt in einem Berg«, klärte ihn Roç auf, »und eines Tages kommt –«
»Ich möchte nicht so nen alten König«, verkündete Y e za. »Mein Vater soll ein Held sein!«
»Gut«, sagte Crean, »das Land, in dem der Montségur stand, gehörte einst einem jungen König. Sie nannten ihn Parsifal, das kommt von Perce-val und heißt ›Schneid mi t ten durch‹. Er war ein tapferer Krieger, aber –«
»Aber?« Yeza war ganz aufgeregt.
»Sie haben ihn vergiftet!«
»Gefährlich?« fragte sie. »Wer hat ihn gegiftet?«
»Sicher die Franzosen«, trug Roç bei. »Sie sind gefäh r lich!«
»Und warum, wenn er doch ein Held war?« Yeza war enttäuscht, daß auch dieser Vater nicht mehr greifbar war.
»Der König von Frankreich«, klärte Crean sie auf, »und der Papst von Rom waren beide von Neid erfüllt, weil sie nicht das königliche Blut hatten wie Arthur und
Weitere Kostenlose Bücher