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Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral

Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral

Titel: Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Berling
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inzwischen vollends mit Aloe-feuchten Tüchern abgedeckt hatte und nun mit Binden zu umwickeln begann. »Andreas hat ihn jetzt in den Orden des Dominikus aufgenommen.«
    Als darauf keine Reaktion erfolgte, plauderte Barthol o mäus weiter, auf die eigentliche Frage zurückkommend: »Daß William und Pian zusammen beim Großkhan we i len, das hat Andreas vom Kanzler der syrischen Assass i nen erfahren – unter dem Schwur des silentium strictum – und der muß es ja wissen!«
    Vitus entrang sich ein Lachen, das er schnell wieder ei n stellte; jede Bewegung der Rippen schmerzte höllisch. »In Masyaf«, spottete er, »hören sie das Gras wachsen – und wenn ’ s in der mongolischen Steppe geschieht –«
    »Wo hingegen der Herr von Viterbo hintritt«, ließ sich die Stimme des Unsichtbaren vernehmen, »da wächst ke i nes mehr!«
    Die Stimme erscholl über ihren Köpfen, doch da waren nur Regale, angefüllt bis zur Decke mit in Leder gebund e nen Folianten. »So nützlich seine Mumifizierung sein kön n te«, richtete sie sich jetzt an den helfenden Bruder, »laßt es nun gut sein mit Euren Samariterdiensten, Ba r tholomäus!«
    Der raffte seine Sachen und verschwand hastig durch die Tür, die dumpf ins Schloß fiel.
    ›»Carpe diem‹!« sagte die Stimme. »Wenn du schon nichts für deine Bildung tun willst, dann zum Denken, Nach-Denken und vor allem: Im-Voraus-Denken. Ich gebe dir soviel Zeit, wie du brauchst, um einzusehen, daß der logos den homo agens beherrschen soll, nicht seine hum o res, Vitus. ’«
    »Habt Ihr je bedacht«, entgegnete dieser rasch, »daß die anderen, die Pri …«
    »Sprich deinen Verdacht nicht aus, niemals! Auch nicht in diesen vier Wänden!« fuhr ihm die Stimme des Grauen Kardinals dazwischen, vor Wut zitternd. »Behalt deine Mutmaßungen für dich, so dir dein Leben lieb ist!«
    »Ich hänge an meinem Körper, dessen Unversehrtheit mir lieb ist!« knurrte Vitus. »Dennoch: Habt Ihr je b e dacht, daß die ›an-deren‹ Euch auf eine falsche Fährte locken könnten? – Andreas, der eitle Pfau! Glaubt Ihr denn allen Ernstes, daß ein Kanzler der Assassinen, der Straffgefüh r testen Sekte auf Erden, »unter dem Siegel der Verschwi e genheit einer solchen Plaudertasche ein Geheimnis von derartiger Tragweite anvertraut? Sie stecken alle unter e i ner Decke! Gebt mir die Flotte, und ich hol ’ Euch die Ki n der aus ihrem Versteck, das sie nie verlassen haben: Otra n to!«
    Die Stimme des Grauen Kardinals wartete, ob noch ein Nachsatz kommen würde, bevor sie ihren Beschluß ve r kündete:
    »Du wirst diesen Raum nicht verlassen, bis ich mich überzeugt habe, daß wir dich wieder ohne Schaden und Schande auf die Menschheit loslassen können!«
    Damit war das Gespräch beendet. Vitus fühlte, wie ihn ein eisiger Lufthauch anwehte; irgendwo ging eine Tür.
    Regenschauer peitschten die glatten Mauern der Engel s burg. Vom Fluß aus gesehen leuchtete kein einziges Licht dem nächtlichen Ankömmling – nur wenn die schnell fli e henden Wolkenfetzen den Wintermond für eines Atem Länge freigaben, war die schmale Tiberpforte auszum a chen. Mehrmals mußte Matthäus von Paris am Glocke n strang ziehen, ehe rasselnd sich das Tor als Lau f steg senkte und ihn das Gemäuer verschluckte.
    Das Documentarium war ein Gewölbetrakt, wie eine Grabkammer angelegt, mit dreifachen Eisentüren und Schlössern abgesichert. Sie waren nur von unterschiedl i chen Schlüsseln zu öffnen, und auch das nur von außen und innen gleichzeitig, die jedoch verschiedenen Händen a n vertraut waren. Hier brannten noch alle Öllampen, d e ren Leuchtkraft gebogene Silberspiegel verstärkten und gebü n delt auf die Arbeitsplätze warfen. Graue Mönche bleicher Gesichtsfarbe – sie sahen das Tageslicht selten – beaufsic h tigten eine Schar von Schreibsklaven, kunstfertige Cha l däer aus dem Zweistromland, die in Alexandria studiert hatten, und jüdische Gelehrte, die man in Spanien erwo r ben hatte. Diese Spezialisten konnten das D o cumentarium nur mit den Füßen voraus verlassen. Hier wurden die päp s tlichen Bullen ausgefertigt, Verträge kopiert und erbliche Verfügungen zu Gunsten der Kurie verfaßt, nachgebessert, Unwesentliches wie Unangenehmes ward »omissis« we g gelassen und Unziemliches »g e schönt«. Der Zahn der Zeit nagte nicht nur an alten Pergamenten, die also »aufzufr i schen« waren, sondern auch an Gehalt und Ausdruck, die es den sich verändernden Gegebenheite n a nzugleichen galt. Was einem

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