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Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral

Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral

Titel: Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Berling
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dürft also das Castel nicht verlassen ohne ausdrüc k liche –« Den besorgten Mönch nicht ausreden lassend, stürmte Vitus an ihm vorbei. »Wo ist der Gefangene, den ich Euch geschickt?« »Im finstersten aller Verliese, wie Ihr geheißen!« »Dann wollen wir ihm ein letztes Licht aufse t zen; begleitet mich!«
    »Ich kann kein Blut sehen!« entgegnete Matthäus en t geistert, aber entschieden. »Noch Verstümmelung! Ich schick ’ Euch den castigator! «
    »Nein, den carnifex!« Vitus lachte grob und ließ ihn st e hen. Er kannte den Weg in die Tiefen des Kastells.
    Roberto, der bärenstarke Kettensprenger, war ohnmäc h tig gewesen, als ihn hilfreiche Stangen aus dem eiskalten Wasser der Klamm gezogen hatten. Er wurde noch in di e sem Zustand, in Eisen gelegt und gefesselt, in einer Kiste wie ein Sarg abtransportiert, bis er sich – nach Tagen – g e schwächt von Hunger und Durst in der Dunke l heit eines ihm unbekannten Ortes an nassen Fels geschmiedet wiede r fand. Das von den Wänden herabtropfende Wasser erhielt ihn am Leben.
    Es war auch jetzt das einzige Geräusch, das er vernahm. Nun aber drang ein ferner Lichtschein zu ihm. Schritte n ä herten sich über eine zu seinem Verlies führende Tre p pe, und die Schatten der Gitterstäbe wanderten, je näher die Fackeln kamen.
    Vitus ließ sich aufsperren, und Roberto erkannte müde blinzelnd den »Schwarzen« wieder, den unheimlichen G e sellen, der sie durch ganz Norditalien bis an die Alpen h i nein verfolgt hatte. Und er sah auch hinter ihm das rotgl ü hende Feuer, das aus einer Kupferpfanne züngelte, und die Brandeisen, spitzen Nadeln, Zwacken und Za n gen, die ein Mönch sachkundig darin erhitzte.
    »Ein kräftiger Kerl«, sprach Vitus trocken zu seinem Gehilfen, dessen lange Arme und breites Kreuz trotz der ihn verhüllenden Kutte mit Kapuze auffielen. »Er kann Ketten zerreißen, zwei Baumstämme zugleich stemmen.« Er trat näher und leuchtete Roberto mit seiner Fackel ins Gesicht. Sein Häftling hing mehr in den Eisenringen, als daß er von seinen Füßen aufrecht gehalten wurde, aber er hielt seinem Blick stand. »Pech für ihn, daß die beiden Balken die Brücke bildeten, über die zu schreiten ich so dringend begehrte.«
    Er brachte die Glut noch näher, Pech tropfte von der F a ckel auf die Brust des Opfers, doch es zuckte nicht. »Sch a de, daß er meinen Feinden so treulich zu Diensten war!« Selbst als kleine Flammen das Brusthaar fraßen, die Haut Blasen schlug, gab Roberto keinen Laut von sich.
    Vitus wandte sich von ihm ab und ging zurück zur Gi t tertür. »Walte deines Amtes!« sagte er laut im Vorbeigehen zu dem Mönch mit dem Brandeisen.
    Er hatte die Treppe noch nicht erreicht, da brüllte der Kraftprotz wie ein verwundeter Stier: »Halt! Kommt z u rück, Herr, und befehlt Eurem Diener!«
    Vitus blieb stehen, einen Fuß auf der ersten Stufe. In der Hand des Folterknechtes glühten rot die Enden der la n gen Eisen, wie man sie benutzt, um Vieh zu zeichnen.
    »Einen Burschen wie ihn könnt ’ ich schon brauchen«, gab Vitus mehr sich als dem Henker zu bedenken. »In me i nen Diensten braucht er nicht zu reden, weder mit mir noch mit anderen, nur blind zu gehorchen!«
    Der Mönch am Feuertrog nickte einverständig und griff zu Nadel und Zange, doch Roberto gab nicht auf: »Wie ein treuer Hund will ich Euch dienen, Herr, ich schwör ’ s! Ich will Euer Leben bewachen als ob ’ s mein eigenes wär! Doch dazu muß ich sehen, bellen und beißen können – ein Krüppel nützt Euch nichts, tötet mich lieber!«
    Vitus fand Gefallen an der schlichten Argumentation, mit der Roberto die Unversehrtheit seines Leibes verteidi g te, wo er ihm noch das Leben nehmen konnte. Er winselte nicht um Gnade. Dumm war der Bursche nicht. Und auch nicht feige!
    »Damit ein jeder sieht«, wies der Viterbenser den He n ker an, »in wessen Dienst er getreten ist, zeichne ihn! Ein ›C‹ wie ›Chri-stus‹ – oder ›Capoccio‹« – er lachte drö h nend ob seiner Leutseligkeit, daß es schaurig in dem G e wölbe widerhallte – »auf die Brust und das übliche Kreuz auf die Stirn!«
    Ohne sich noch mal umzudrehen, schritt er die Treppe hinauf. Er wartete auf den tierischen Schrei des Gebran d markten, doch das einzige, was er hörte, war ein dumpfes Stöhnen.
    Vitus von Viterbo lächelte befriedigt – und das geschah selten genug.
    Er stampfte die gewundenen Gänge des Castels entlang. Es ziellos zu durchqueren, ohne Hast und vor allem ohne Zweck,

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