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Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral

Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral

Titel: Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Berling
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keinen Fall war er ein Christ, nicht einmal ein armenischer. Sich unter dem Deckmantel eines Handelsherrn einen muslimischen Emir vorzustellen, der im Auftrag seines Sultans zum Kaiser unterwegs war, dazu reichte die Phantasie des Legaten nicht aus. Daß der Staufer eben diesen Emir, den Sohn des Großwesirs, auch noch mit eigener Hand zum Ritter g e schlagen und ihm Würde und Titel eines Prinzen von Sel i nunt verliehen hatte, würde der Legat nicht ei n mal glauben, wenn es ihm jemand beschworen hätte.
    Um sein Leben des Nachts hätte er hingegen gefürchtet, wenn ihm die Identität des kaum älteren Mitreisenden o f fenbart worden wäre, der nach seinen Gesichtszügen zu schließen zwar dem Abendland entstammte, aber in H a bit und Gestus sich wie ein Orientale verhielt. Auch er stellte sich als armenischer Kaufmann vor, war aber in Wahrheit ein zum Islam konvertierter Flüchtling aus dem ketzer i schen Languedoc und – um das Maß des Grauens vollz u machen – Mitglied der Mördersekte der Assass i nen.
    Der dritte im Bunde hingegen war wenigstens ein coll e ga des Legaten, ein mit gleichem Status versehener Minorit in päpstl ic her Mission auf dem Rückweg vom Hofe des Sultans nach Lyon, wo ihn der Heilige Vater erwartete.
    Bevor sich Andreas, verständlicherweise, die sonstige naserümpfende Hochmut gegenüber den sich nicht so oft waschenden Franziskanern mutig außer acht lassend, an den Bruder im Glauben heranmachen konnte und wä h rend er noch mit dem Kommandanten verhandelte, ve r abredeten sich die drei stumm durch Zeichen zu einem Treffen unter dem hochgelegenen Heckzelt, von wo aus das Schiff zu übersehen war und ein Zusammensein der Passagiere auch unverfänglich erscheinen mußte.
    »Wie soll ich diesen Hund des Herrn von meinen Fersen schütteln?« jammerte ärgerlich Lorenz von Orta. »Mit we l cher Argumentation soll ich an der Küste Apuliens von Bord gehen, statt mit ihm bis zum Papst zu reisen?«
    »Paßt erst mal auf, daß er Euch nicht beißt!« lachte der junge Emir. »Denkt daran, daß Ihr uns nicht kennt, und vergeßt am besten alles, was Ihr zwischen Otranto und Konstantinopel über Euren Bruder William von Roebruk gehört habt.«
    »Denkt immer daran«, mahnte auch Crean, »daß zwar der Herr Papst im fernen Lyon Euch die heikle Mission anvertraut hat, es aber in der Kurie und vor allem bei den Anhängern des Dominikus genügend gibt, die Euch Br ü dern aus Assisi nicht über den Weg trauen – und bis das Leuchtfeuer der Gräfin in Sicht kommt, wird uns schon etwas eingefallen sein, das die gemeinsame Weiterreise der beiden Herren Legaten leider unmöglich macht!« Crean, der kaum je lächelte, blinzelte vielsagend Faress ed-Din zu.
    Lorenz fühlte sich in seinem Unbehagen eher bestärkt. »Und jetzt geht Eurem Bruder in Christo entgegen und grüßt uns nur noch«, forderte ihn der junge Emir auf, »wenn wir an der Tafel des Kommandanten gemeinsam speisen –«
    »Und widersprecht uns weitgereisten Kaufleuten aus dem Orient auch dann nicht, wenn Euch unsere Geschic h ten an die Erzählungen der Scheherazade erinnern sollten!«
    Lorenz trat aus dem Schatten des Zeltes. Das Schiff ha t te das Goldene Horn verlassen, und er schaute hinauf zu den Hügeln, in deren Grün der Palast des Bischofs liegen mußte. Noch einmal sah er die Kreuze auf den Kuppeln der Hagia Sophia aufblitzen, und dann entzog sich B y zantium seinen Blicken; nur seine weitgesteckten Mauern begleit e ten noch eine Zeitlang die entschwindende Küste.
    »Eigentlich könnten wir wie der Kuckuck dem Legaten das Ei mit William ins Nest legen, damit er es in höc h sten Kurienkreisen ausbrütet«, wandte sich Crean gutg e launt an Faress ed-Din. »Vielleicht setzt sich der Herr Papst höchs t selbst darauf –«
    »- und der ›Große Plan‹ wird zum unfehlbaren Dogma der Ecclesia catolica?« spottete der Emir. »Crean«, fügte er mit dem Finger drohend hinzu, »kaum seid Ihr der g e strengen Fuchtel Eures Kanzlers entwischt, werdet Ihr schon übermütig. Doch laßt mich diesmal aus dem Spiel. Dem Kaiser zuliebe will ich mit diesem Komplott nicht in Verbindung gebracht werden – noch sonst irgendwie au f fallen!«
    »So kenn ich den ›Roten Falken‹ nicht«, bohrte Crean noch einmal nach, »seit wann habt Ihr Euch in eine Ta u be verwandelt?«
    »Seit ich als Briefbote unterwegs bin, mit der klaren Vorgabe, schnell und lautlos zu fliegen und nicht durch lautes ›Kuckuck‹-Geschrei unnötig auf mich aufmerksam zu

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