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Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral

Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral

Titel: Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Berling
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benommen von dannen; ich wußte nicht, wohin. Am liebsten hätt ’ ich mich wieder in der unwirtl i chen Trutzburg meines Rivalen verkrochen. Der Rohbau machte eh nicht den Eindruck, als wolle sein Besitzer, der ihn mit eigenen Händen errichtet, jemals noch dort einzi e hen. Ein verlassenes Schneckenhaus zerbrochener Liebe.
    Ich lenkte meine Schritte hinauf zur Kirche, mein ›Z u hause‹ geflissentlich umgehend, wo Alva – sicher brav a s sistiert von ihrem Töchterlein Rüesch-Savoign –, jetzt wohl schon die Küchlein buk. Die Aufregungen des T a ges, der hohe Besuch und die Verlobungsanzeige waren für die Frauen doch wohl zuviel Gesprächsstoff, zumal sie ihre Gesponse einbeziehen konnten, daß sie heute den lieben Herrgott einen guten Mann sein ließen und sich und ihre Kinder lieber für das Küchleinessen herricht e ten. Wann gab ’ s schon mal Gelegenheit, Tracht, Hauben und Bänder anzulegen, sich zu zeigen und einander au s zustechen!
    Ich sah diese Bilder, während ich durch die steilen Ga s sen bergwärts stieg. Meine Person als Bräutigam wurde zwar b et uschelt, konnte es aber als Attraktion nicht mit dem Mohren mit der Kesselpauke auf dem Höckertier au f nehmen. Nach gut einem Jahr war ich fast einer der ihren, würde anderntags wie auch sonst morgens und abends zu bewundern sein, beim Vorbeten und Singen, bei Messe und Predigt. Sie würden sich erschüttern lassen, wohlig e r schauern ob der Schwere ihrer Sünden, in sich gehen bis zum Verlassen der Kirche, um dann beim Abstieg durch die Gassen alle Bedenken, alle guten Vorsätze zur Erre t tung des Seelenheils flugs abzustreifen, zugunsten ihrer kleinen Kriege und Siege, über Kräuter und Pülverchen gegen Gicht und Zahnschmerz, über ze r stoßene Morcheln und das gemahlene Hörn des Stei n bocks zur Erlangung von ›Lie-beskraft‹ und ›schneller Erbschaft‹. So erwartete ich mit mir und meinem Gott allein in seinem Haus zu sein, hatten wir doch etwas mi t einander auszumachen angesichts meines nun eminent bedrohten Zölibats. Doch gleich beim Eintreten sah ich mich mit einem Paar konfrontiert, das ich nie und nimmer dort erwartet hätte. In der vordersten Bank knieten, eng aneinandergerückt und mit todernsten Mienen, F i rouz und Madulain.
    Nach einer ersten starken Verwirrung begann ich den l i turgischen Dienst wie sonst auch. Firouz ließ mich nicht aus den Augen und zum ersten Mal sah ich keinen Haß, sondern nur Trauer. Von Madulain war ich diesen Blick gewohnt, er ging wie immer durch mich hindurch in we i te Fernen …
    »William«, sagte Firouz, als ich die Anrufung beendet hatte, »Ihr seid doch Priester?«
    Nicht ganz, dachte ich. »Ja«, gab ich zur Antwort.
    »Dann schließ uns den Bund der Ehe. Madulain und ich wollen noch heute Ort und Tal verlassen.« Ich schwieg b e troffen. »Mein Haus schenke ich dir und auch Rüesch-Savoign« – nie würden wir darin glücklich werden, durc h zuckte es mich -; »wir ziehen in die Fremde, ich werde mich als Soldat oder Jäger ve rd ingen. Madulain ist bereit, dieses Los an meiner Seite auf sich zu nehmen, also bitten wir dich um den Segen des Herrn.«
    Sie knieten beide so stolz und wild entschlossen vor mir, daß mir die Hände zitterten, als ich die Stola umlegte, das Kreuz ergriff und es ihnen zum Kusse reichte. Auf dem Altar lagen zwei Ringe; wer von ihnen mochte sie wohl bis zu diesem Tag und mit welchen Träumen und Seh n süchten bewahrt haben? Sie brannten zwischen meinen Fingern wie glühende Kohlen, als ich sie ihnen reichte. Gegenseitig streiften sie sich die Ringe über, mit soviel zärtlicher Z u versicht, daß es mir weh ums Herz wurde.
    Ich schlang die Stola um ihre ineinandergelegten Hände und betete still und lange. Ich hatte mich in das Leben di e ser Kinder des Dorfes gedrängt, hatte sie aus diesem übe r schaubaren Paradiese vertrieben, und sie verziehen mir! Hatten sie es nicht meiner Selbstsucht, meiner We i gerung, das Opfer zu bringen, letztlich zu verdanken, daß sie sich gefunden hatten?
    Ha, mieser William, du Krämerseele! Zu recht bist du nun gedemütigt angesichts dieser großen Liebe! Wirft sie nicht deine Kuppelei, dein kleinliches Aufrechnen ab wie einen stinkenden Mantel? Du bleibst hier, läßt dich heir a ten von der jüngsten und einzigen Tochter; arbeitsscheu, wie du bist, wirst du das Amt des Priesters und das Joch der Ehe bequem miteinander verbinden, wirst den Verrat an der Ecclesia catolica verdrängen wie den Verrat an dir –!
    »Amen«,

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