Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral
schrilles Lachen aus, das das einsetzende Schluchzen von Clarion übertönte. »Im Name n d es Kaisers!« höhnte sie. »Was Papst und Kurie nicht erreichten – und niemals e r reicht hätten« – ihr Gelächter wurde höllisch, ich schlug das Kreuz –, »Friedrich schafft es!«
Stille trat ein.
»Also?« fragte Clarion kleinlaut.
»Also«, sagte die Gräfin ruhig, »auf nach Konstantin o pel!« Sie riß die Tür auf, daß ich in den Raum taumelte. »Guiscard!« brüllte sie in den Flur und zu mir gewandt: »Du kommst mit uns!« Keine Frage, ein Befehl. Das war wieder die alte ›Äbtis-sin!‹
»William kümmert sich um die Kinder«, schlug Clarion vor.
»Um was denn sonst!« zischte die Gräfin und rauschte davon: »Guiscard!«
Ich machte mich auf zu den Räumen der Kinder. Also, William von Roebruk, dachte ich mir, et quacumque v i am dederit fortu-na sequamur! Das Studium, das fromme Klosterdasein konnten warten – das Leben! ›Konstantin o pel!‹, und ich weckte die Zofen im Vorzimmer.
Yeza und Roç hockten aufrecht in ihren Betten. Sie ha t ten nicht geschlafen.
»Zieht euch an!« lachte ich. »Wir gehen auf große Fahrt!«
»Oh, William!« Jubelnd flog mir Yeza an den Hals.
»Ich wußte gleich«, erklärte mir Roç, der die Mithilfe seiner Zofe abwehrte, um in die Hosen zu steigen, »als du kamst –«
»Ich hab ’ s als erste gesagt!« kreischte Yeza, ließ sich aber ihr Blondhaar in Zöpfchen flechten. »Wenn William kommt, dann passiert was!«
»Mit William ist es eben schön!« pflichtete ihr Roç bei. »Ich muß mein Schwert mitnehmen!«
»Ich habe auch ein Messer!« Yeza wühlte in ihrer Kiste und zog einen arabischen Krummdolch mit kostbar zis e lierter Scheide heraus. »Es ist furchtbar scharf – und ein Geheimnis!«
Roç war konsterniert, tat ihr aber den Gefallen nicht, nac h d em edlen, wenn auch leichtsinnigen Verehrer zu fr a gen, der einem kleinen Mädchen solch eine Waffe g e schenkt hatte.
»Nimm lieber deine Puppen mit!« sagte er schroff und warf seinen Holzdegen in die Ecke. »Wenn ich Ritter bin, dann hab ’ ich ein richtiges Schwert!«
»Vorher bekommst du von mir Pfeil und Bogen«, fühlte ich mich genötigt, den Jungen aufzurichten, zumal Yeza nun auch erklärte, die Zeit des Puppenspielens sei jetzt vorüber, und sie stopfte sie in ihr Bett, küßte jede einze l ne und würdigte sie danach keines Blickes mehr. Sie streifte ihren Rock hoch und band sich den Dolch um die Hüfte, so daß keiner ihn sehen konnte.
»Guiscard, der Amalfitaner«, sagte ich zu Roç, der i m mer noch unschlüssig dastand und nun auch nichts mehr mitnehmen wollte, »ist ein toller Schütze, der wird dein Lehrer!«
»Versprochen?« sagte Roç und hielt mir seine Hand hin. In seinen Augenwinkeln glänzte es verräterisch.
»Mein Ehrenwort«, erwiderte ich und schob ihn aus dem Zimmer, während die Zofen die Kleidung der Kinder in eine Seekiste packten.
Yeza war uns schon vorausgehüpft. Trotz tiefer Nacht – es waren schon die frühen Stunden –, summte das Kastell wie ein Bienenstock, wimmelte wie ein Ameisenhaufen, in den der achtlose Wandersmann – war ich das? – seinen Stock gestoßen. Überall hasteten Bedienstete, wurden Tr u hen und Ballen geschleppt und gezerrt.
Ich begab mich mit den beiden Kindern hinunter zum Hafenbecken der Triëre. Dem Amalfitaner war das Ko m mando übertragen worden. Dem bisherigen Kapitän, ein französischer Normanne, der ihr volles Vertrauen besaß, hatte Laurence für die Zeit ihrer Abwesenheit den Oberb e fehl über das Kastell übergeben.
Guiscard stand mit seinem Holzbein breitbeinig auf dem Bug des Schiffes und beaufsichtigte das Schleifen der Zä h ne des Rammdorns. Ich bugsierte Yeza und Roç an Bord mit der milden Aufforderung, der Mannschaft beim Laden nicht störend zwischen den Beinen herumzulaufen. Da Roç darauf bestand, sogleich seinen Bogen und einen Köcher mit Pfeilen zu bekommen, machte ich mich auf die S u che.
Vor der Mole lag noch der Pisaner, und sein Kapitän stand mit Lorenz von Orta unterm Steven unserer Triëre. Er hatte den dringenden Wunsch des Jungen mitbeko m men und winkte einen seiner Leute zu sich, der sofort ins Wa s ser sprang und zum Schnellsegler hinüberschwamm.
»Wir warten noch ab«, erläuterte mir Lorenz, »zu zweit können wir es mit jeder päpstlichen Flotte aufnehmen, z u mal ihr Flaggschiff, die schnelle ›Laus Santae Virg i ni‹«, lachte er, »ja wohl flügellahm in Ostia bleiben
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