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Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral

Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral

Titel: Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Berling
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Einladung Xacbert de Barberas schlug man wohl besser nicht aus.
    Schon die nächste Krümmung des Weges ließ vor uns den gewaltigsten Donjon aufragen, den meine Augen je gesehen; ein Brocken wie von Gigantenfaust auf die Spitze des schroffen Berges getürmt, schien er jeden Feind zu verhöhnen. Der Burghof war relativ eng und vollgestopft mit katharischen Flüchtlingen, doch spürte ich gleich den Kampfgeist, der hier noch herrschte, nicht diese abgehob e ne Resignation, dieses »Vergeistigte«, wie auf dem Mu n salvätsch!
    Mich ärgerte, nicht meinetwegen, sondern um der Ki n der willen, die rüde Behandlung, die uns der ungebärdige Kriegsmann angedeihen ließ – nämlich gar keine –, wä h rend er mit unseren edlen Herren im Donjon verschwu n den war. Noch vom Kutschbock herab hielt ich das ne u gierig herangelaufene Gesinde an, uns ein heißes Bad zu bereiten.
    »Da müßt Ihr Euren starken Leib ins Waschhaus bem ü hen«, entgegnete mir eine junge Magd mit keckem L a chen. »Dort wollen wir Euch von Herzen gern striegeln und mit Wechselgüssen das Blut zur Wallung bringen!«
    »Dann wollen wir mal sehen«, kicherte eine andere, »wer härter ist, meine Bürste oder Euer …« , und alle lac h ten.
    »Alle sollt ihr ’ s erleben«, rief ich laut, »wenn du mit mir in den Zuber steigst!« Frechheit kann man nur mit prov o catio auctoritatis übertrumpfen. »Weil ich verlange, daß ihr den Bottich hierher bringt – zum Bad unter freiem Himmel.« Sie trollten sich schnatternd, doch letztlich, wie es schien, bereit, meinem Wunsch nachzukommen.
    »Ich muß mal an die Mauer!« hörte ich hinter mir die Stimme des Jungen. Ich rutschte von meinem Bock und hob ihn herunter.
    Sofort war auch das kleine Mädchen da. »Meinst du«, funkelte es mich an, »ich kann kein Pipi?!«
    Also bot ich auch ihr meinen Arm, aber sie bestand da r auf, vom Wagen auf die Steine zu springen. Gerade noch konnte ich sie auffangen.
    »Yeza kann allein!« belehrte sie mich leicht lispelnd, während der Junge nach meiner Hand faßte.
    Wir gingen zur Mauer. Beide schauten mich erwa r tungsvoll an. »Wer weiter kann!« sagte Yeza. Da ihr Spie l gefährte seinen Piephahn aus der Hose nestelte und ich schließlich die Herzen der Kinder erringen wollte, raffte ich also die Kutte und griff nach meinem Stößel.
    Wir pißten gegen die Mauer, und ich war glatter Verli e rer. Dann mußte ich mich nochmals niederhocken, um Y e za Gesellschaft zu leisten, und da im Burghof kein Gra s halm mehr stand, griff ich in die Tasche und zauberte ein i ge Huflattichblätter hervor, die ich immer eing e steckt halte. Ich wischte ihr den kleinen Hintern ab, und wir waren Freunde – dachte ich.
    »Ich heiße Roger-Ramon«, sagte der Junge. »Du kannst aber einfach ›Roç‹ zu mir sagen!«
    »Roche!« wiederholte ich.
    »Nein, Rodsch!« verbesserte mich Yeza, lispelnd vor Aufregung, »so, wie ich richtig Isabella heiße, und wie heißt du?«
    »Ich bin ein Bruder des heiligen Franziskus«, hub ich an.
    »Du bist William«, klärte mich Roç auf, »ein Esel, hat Sigbert gesagt.«
    Ich schluckte und scheuchte sie zum Karren zurück, auf den sie sogleich kletterten, um mich von oben mit ›iiiah-yyyah‹-Ge-schrei zu verspotten.
    »Ich werd ’ euch die Geschichte von Franziskus und den Eseln erzählen!« Ich wuchtete mich auf meinen Bock, und die Kinde r w älzten sich mit ›iiiah-yyyah‹ zu meinen Füßen im Heu. »Ein alter Esel –«
    »William! William!« riefen sie.
    »Also gut, William, der alte Esel«, lenkte ich sanft ein, »beklagt sich beim heiligen Franz über sein schweres Schicksal –«
    »Yyyhi –«, alberte Yeza, aber Roç knuffte sie, daß sie still wurde, und ich fuhr fort:
    »›Ich hab ’ mein Leben lang als Tragtier geschuftet, me i ne Kruppe ist abgewetzt, mein Fell löchrig, die Ohren ze r zaust und meine gelben Zahne abgebrochen. Des Nachts schrei ’ ich vor Hunger …‹ «
    »Er kann doch Gras fressen, soviel er will?« warf Roç ein.
    »Wenn man ihn läßt!« sagte ich. »›Nie befreit man mich von meinem Traggestell, belädt mich mit Säcken und Kö r ben, die mich schier zu Boden pressen, bergrauf und ber g runter muß ich traben, sonst setzt ’ s auch noch Schl ä ge mit dem Stock, ich könnt umfallen vor Müdigkeit, vor Schme r zen in den Knochen, den Wunden, auf denen Fliegen sich tummeln, die meine mickerige Quaste nicht mehr erreicht – ich bin die elendste Kreatur auf Erden, hilf mir, Bruder!«*
    »Und hilft er ihm?«

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