Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral
verschwu n den.
»Das kann nur Rainer von Capoccio gewesen sein«, knurrte der gemaßregelte kleine Mönch, und stieg fol g sam die Leiter hinab. »Niemand haßt den Kaiser so wie er!«
»Still!« zischte Benedikt entsetzt. »Du wirst dich noch ums Leben plappern.«
»Während du zum Kardinal-Scribenden aufsteigst!« höhnte feixend Lorenz, als er den Polen ratlos und bleich mit der Liste in der Hand dastehen sah; denn Benedikt, das wußte er, konnte nicht mal seinen eigenen Namen schre i ben, geschweige denn den anderer. »Los!« rief er mit gu t mütiger Schroffheit. »Gib schon her und bring mir die F e der, Tinte und eine Kerze ins Kellerloch. Ich mach das schon.«
»Danke, Bruder«, flüsterte Benedikt und blickte sich furchtsam um. »Ich würde dir ja gern auch etwas Brot bringen, wenn …«
»… wenn du dich vor der aufsichtführenden Voge l scheuche nicht gar so fürchten tätest!« Benedikt zog den Kopf ein. »Es könnte auch der Jakob von Preneste sein?« set z te er neugierig hinzu.
»Der ist schon so gut wie tot, wie auch der Colonna, im Februar, so ganz plötzlich, sein Vorgänger in diesem m a kabren Amt der spaventa passeri! Nein, das war Capo c cio!«
Benedikt hielt sich die Ohren zu ob dieser frechen Spr a che seines Mitbruders, der jetzt fröhlich summend den Saal verließ um die Stiegen in die Tiefe hinabzusteigen.
Sonnenlicht fiel durch eine hoch oben in der Kuppel b e findliche runde Öffnung auf die Regale, zwischen denen Vitus mit dem Mönch Anselm wandelte, Dominikaner wie er und jüngerer Bruder des berühmten Andreas von Lon g jumeau.
» › Omnes praelati / papa mandante vocati / et tres legati / veni-ant huc usque ligati. ‹ «
»Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen, Fra Ascelin«, rügte Vitus den Jüngeren. »Es war ein schwerer Schlag für den Heiligen Vater – und der e i gentliche Anlaß für sein schwaches Herz, nicht länger für diese undankbare Welt zu schlagen – zu sehr hatte ihn die Infamie der Pisaner und Ezios, dieses kaiserlichen Ba s tards, getroffen …«
»Aber zugegebenermaßen ein genialer Schachzug des bösen Widersachers: die frommen Prälaten auf hoher See von den genuesischen Galeeren zu kapern, als sie sich zum friedlichen Konzil vereinen wollten, das den Staufer sicher verdammt hätte …? «
»Verdammt ist der Metzgersbalg so oder so – letztes Jahr mußte er sie doch freilassen, und die, welche die Ke r kerspein überlebt haben, hassen ihn nun bis zu seiner e r folgten Vernichtung; gerade wurden zwölf neu ernannt, s i cher keine Freunde Friedrichs …! «
»Wie Galfried von Mailand?« unterbrach Ascelin mit lauerndem Spott. »Der Kardinalbischof von Sabina galt doch als zumindest kein Feind des Staufers? Mußte Coele s tin IV deswegen nach vierzehn Tagen Papat schon von uns gehen?«
»Ach, viele verließen uns in letzter Zeit«, bedauerte V i tus. »Nicht nur wir verloren unseren Vater gleich zwe i mal im gleichen Jahr, auch unserem Freund Friedrich verstarb mal wieder – tief betrauert – eine seiner Kebsen im Kind s bett, dann sprang ihm sein Erstgeborener in den Freitod, um sich diesem Scheusal von Vater zu entzi e hen.«
»Wie müßt Ihr ihn hassen«, bemerkte Ascelin frei h e raus, »daß Ihr blind dafür geworden seid, daß eine Bosheit nur die nächste nach sich zieht.«
»Unser neuer Papst Innozenz IV hat sofort den Ban n fluch des großen Gregor bestätigt. Wollt Ihr einen Exko m munizierten verteidigen? Ich warne Euch, Anselm von Longjumeau!«
»Nichts liegt mir ferner«, lenkt Ascelin ein, ohne sich einschüchtern zu lassen, »ich bewahre mir nur den gesu n den sensus politicus. Ich hoffe, Ihr bedenkt – in der Ve r antwortung unserer Ecclesia catolica – bei Eurem Tun auch die Sicherheit des Heiligen Vaters. Ginget Ihr nicht auch Herrn Rainer beim Verrat von Viterbo zur Hand?«
»Ich bin stolz darauf!« funkelt ihn Vitus an. »Jede Heimtücke, jeder Wortbruch gegen den Antichristen und seine Brut bringt mich dem Himmelreich näher!«
»Das könnte auch Friedrich Euch besorgen«, murmelte Asce-lin trocken, »wenn er ’ s nicht andere büßen läßt.«
»Aufweicher Seite steht Ihr eigentlich, Bruder?«
»Ich bin ein canis Domini wie Ihr, Bruder – was kann ich nun für Euer löbliches Unterfangen tun, wie Euch zu Diensten sein?«
Der Viterbese zögerte ob dieses so ironisch vorgetrag e nen Umschwungs seines Gesprächspartners. Hatte andere r seits nicht der Graue Kardinal ihn an diesen Orden s
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