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Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral

Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral

Titel: Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Berling
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Gerüst ereicht, das vor der rechten Seite des Mittelfeldes stand, dort wo die Ostgrenze des Heiligen Römischen Reiches verlief. Die Weltkarte, dünnes Pappe l holz auf unsichtbare Eichenrahmen aufgezogen und sor g fältig grundiert und in kräftigen Kalkfarben au s geführt, wies wenig geographische Merkmale auf, wenn nicht ger a de Fluß oder Gebirgszug auch naturgegebene Trennlinien bedeuteten, sondern beschrieb vor allem den Verlauf der feudalen Grenzen. Die beiden Mönche waren damit b e schäftigt, in den teutschen Ostmarken die Spuren der Tat a reneinfälle vor drei Jahren zu beseitigen.
    Mit spitzen Nadeln aufgesteckte bauchige Holzfiguren, mi t e inem Kreuz gekrönt, bedeuteten Abteien, Bischofssi t ze und sonstige unverrückbare kirchliche Niederla s sungen – wenn ihnen nicht gerade Ungemach durch Verlust, Brandschatzung oder Umwandlung in eine Moschee wide r fuhr –, während die weltlichen Landesherren samt ihren Heeren durch Wappenfähnchen mobil gehalten wurden. Lorenz entnahm einem Körbchen einige der so l cherart in Sicherheit gebrachten Klöster und bepflasterte damit das verwüstete Schlesien, während Benedikt das Mongolenheer unter Batu fluchtartig gen Osten versetzte.
    »Hätte dein ketzerischer Kaiser meinem König geholfen, wie die Ritter des Deutschen Ordens, hätte Herzog Hei n rich nicht zu Liegnitz sein Leben lassen müssen, und hä t te …«
    »Hätte, hätte!« Lorenz fährt ihm erregt über den Mund. »Hätte Unser Herr Papst Friedrich nicht davon abgeha l ten, wäre es gar nicht so weit gekommen. Hat der Kaiser nicht alle Fürsten dieser Erde unverzüglich dazu aufgerufen, ›sich diesen Eindringlingen entgegenzustellen‹? Schlu ß endlich war sein Kriegsruhm es, der sie in die Flucht schlug!«
    »Daß ich nicht lache!« Benedikt widmete sich jetzt den mongolischen Feldzeichen, die er Ungarn räumen ließ. »Flucht? Warum überfielen sie dann den armen König B e la, dessen Bruder sie am Sajofluß erschlugen, und nur die Drohung unseres Herrn Papstes, sich mit dem Pri e sterkönig Johannes zu verbünden, hat das Gesindel schließlich d a vongejagt.«
    Lorenz von Orta, mit seinem lichten Kranz kleiner Löckchen, in deren Blond längst ein Silbergrau vorherrsc h te, war zwar von der Statur her ein spindeldürres Kerlchen, aber er ließ sich von dem Polen keineswegs den Schneid abkaufen noch sich von seiner kaiserverehrenden Linie abbringen:
    »Herr Gregor ist vor Schreck ob ihrer Greuel sofort g e storben, und den Priester Johannes hat noch keine Chri s tenseele je von Angesicht zu Angesicht gesehen! Ich sage dir, was diese Mongolen zittern und zagen machte …«
    »Der frevelhafte Staufer hatte diese Unholde zwar he r beigerufen, der Christenheit zum Verderbnis«, mischte sich jetzt trocken, fast verärgert der Besucher am Fuß des G e rüstes ein, »doch abziehen ließ sie der Tod Ögedais, ihres Großkhans – und sonst nichts!« Vitus war gereizt und e i gentlich kaum gelaunt, den beiden Minoriten eine Lektion zu erteilen. »Wenn ihr Kuriltay einen Nachfolger gekürt hat, werden sie wiederkommen, und wir werden ihnen wieder nichts entgegenzusetzen haben!«
    »Das Wort Christi allzumal!« Oben auf der Empore über der einzigen freien Wand des Saales hatte sich eine verbo r gene Tür geöffnet, und eine hagere Gestalt war an die B a lustrade getreten.
    »Der graue Kardinal!« flüsterte Benedikt erschrocken; fast hätte er das Kreuzzeichen geschlagen. Die Figur im anthrazitfarbenen Umhang mit einer das Gesicht völlig verdeckenden Kapuze hielt sich zusätzlich eine Maske vor, wie sie im Karneval gern zur Verkleidung benutzt wurde; sie war gleichfalls mausgrau, und nichts Lustiges ging von ihr aus. Auch der forsche Lorenz war eing e schüchtert.
    »Seine Heiligkeit hat zwölf neue Kardinale ernannt«, wandte sich die Maske von oben herab an Vitus. »Begebt Euch in das ›Archiv für Reichsangelegenheiten‹, dort wird Euch Bruder Anselm mit weiteren Schritten vertraut m a chen.« Mit einer herrischen Geste war Vitus entlassen und machte sich sofort auf den Weg. »Ihr, Bruder Ben e dikt, treuer Sohn der Kirche«, der Kardinal warf ein Bündel ve r schnürtes Papier hinunter, die der Pole sich eilte aufz u klauben, »Ihr seid beauftragt, die Namen der Erwählten im Register einzutragen – und Ihr, Lorenz von Orta, begebt Euch so lange in den Karzer, bis Ihr das Wasser von den Wänden schleckt und so Eure Zunge zu hüten lernt.« Die graue Gestalt wandte sich um und war wieder

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