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Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral

Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral

Titel: Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Berling
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den packte sie nicht.
    So ergab ich mich dem geregelten Trunke, und da meine Kammer gleich neben den Fässern lag, hing stets ein ben e belnder Weindunst über meinem Lager, wie ein we i ches Federkissen, und ich schlief meinen Rausch vom Vortag – die Nacht war ja nur zum Pinkeln da – bis in die Mittag s stunden aus. Wie beneidete ich die beiden Pri e ster aus dem Heiligen Land, die jeden Abend mehr gr ö lend als singend aus dem ›Güldenen Kalb‹ in ihre Betten torkelten. Ich konnte sie nur hören; sehen oder gar spr e chen durfte ich sie nicht.
    Ich wurde immer fetter, was ich vor allem den abwe i senden Scherzen der Mägde entnehmen konnte. Mein B e gehr, angefeuert durch die Erinnerung an meine holde I n golinde, sie in ihren Betten oder im Heu oder sonstwie li e gend, stehend, sitzend, mit meiner Manneskraft zu begl ü cken, erschlaffte.
    Plötzlich kam mir eines Tages das Pergament aus Sutri wieder in den Sinn, längst nicht mehr siedendheiß, so n dern eher als eine Möglichkeit, meinem lurchenhaften Dahi n dämmern eine Wende zu geben.
    Gleich schlurfte ich zu Frau Gersende und bat sie um Feder, Tinte und Pergament. Ich wollte schreiben, dem Herrn zu Ehren und zur Beruhigung meines Gewissens. Ich sagte ihr nicht, daß ich eine würdige Abschrift der Bo t schaft an ihren Herrn herzustellen gedachte, aber das tat auch nicht not, denn sie begrüßte mein Vorhaben wohl schon, damit ich auf andere Gedanken kam, als ihr und den Mägden mit geilem Grinsen auf die Röcke zu starren, wenn nicht darunter.
    Gersende brachte mir also das Gewünschte, dazu auch Talglichter, und ich zog mich in meinen Verschlag z u rück, holte heimlich das Dokument aus seinem Versteck, glättete es, so gut es ging, und begann zu lesen …

    »Vielfältig verschlungen ist das Siegel des Geheimen Bu n des, die Speerspitze des Glaubens stößt aus dem Kelch der Lilie, das Trigon durchdringt den Kreis und schwebt über den Wassern. Wem es bestimmt ist zu wissen, der weiß, wer zu ihm spricht!
    Wer die Wahrheit sucht, tut gut daran, sich in Gottes Wort zu vertiefen, wie es in der Bibel geschrieben steht. Er tut nicht gut daran, den Kirchenvätern zu vertrauen. Sie waren keine Suchenden wie er, sondern Deuter der Schrift, die sie nach Gutdünken auslegten zu ihrem eig e nen Nutz und Frommen.
    Wer die Wahrheit sucht, kann aber auch Gott bitten, ihm Einblick in das große Buch der Geschichte zu gewähren. Gott schreibt nicht mit der Tinte der scribentes, sondern mit dem Leben der Menschen und Völker.
    Als es Gott gefiel, das Volk Israel aus seiner Ause r wähltheit zu erlösen, es von der erdrückenden Last zu b e freien, unter der es nicht die Kraft aufbrachte, andere Vö l ker an dem Einen Gott teilhaben zu lassen; als Er sah, daß sich die Seelen der Kinder Israel verhärteten wie Leder in der Sonne und brüchig wurden, sandte Er Pr o pheten aus, von der Größe Seines Reiches zu zeugen.
    Als erster trat auf Johannes, der Täufer. Er blieb ein R u fer in der Wüste; denn das Volk war verstockt, und seine Ohren waren taub.
    Auf ihn folgte Jesus aus dem Hause David, der sein L e ben hingab. Aber seine Jünger drehten ihm die Botschaft der Liebe im Munde um und verfälschten das Vermäch t nis seines Opfers.
    Und schließlich erschien Mohammed, der den irrenden Völkern den einfachen Weg wies, ohne Schuld und Verg e bung, den geraden Weg ins Paradies durch ein fro m mes und gerechtes Leben auf Erden.
    W ie Gott Israel straft seit dem Auszug aus Ägypten, so zürnt Er den Muslimen seit der Hedschra, dem Auszug aus Mekka. Seitdem ist das Erbe Mohammeds zerrissen zw i schen denen, die blind nur die Sunna, die Botschaft, hören, und denen, die taub nur auf die Schia, die Blutslinie sta r ren. Gott allein weiß, welcher Weg der richtige ist. Die Muslime wissen es nicht.
    Stumm vor Zorn aber ist der Herr, wenn er das Ung e heuer betrachtet, das die Nachfolger Christi in die Welt g e setzt haben. So wie sie sich selbst aus eigenen Gnaden ernannten, schufen sie die sich selbst fortpflanzende, sich selbst gebärende Kirche. Noch dient sie Ihm, die anderen zu strafen: die Juden mit Vertreibung ›zerstreut in alle Welt‹; den Islam mit Spaltung, die beide Glieder den Schlägen aussetzt, welche das Ungeheuer mit seinen Schwänzen austeilt, während seine Tentakel sie würgen, erpressen und berauben.
    Aber die blutige Spur, die das Tier wie eine Schleppe hinter sich herzieht, ist auch ein Versprechen, daß Gott der Herr die Missetaten nicht

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