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Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral

Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral

Titel: Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Berling
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vergessen wird. Gott allein weiß, wann der Tag des Gerichts kommen wird, aber er wird kommen! Denn die Greuel der Nachfolger Christi schreien zum Himmel.
    A ls erstes leugneten sie die Leiblichkeit des Jesus von Na-zareth. In ihrem Wahn und in ihrer Vermessenheit gi n gen sie so weit, ihn zu Gottes Sohn zu erklären, zum N e bengott. Und damit nicht genug: Sie erhoben auch seine Mutter zu einer die Mutterschaft verhöhnenden göttlichen Jungfer und füllten so den eben gereinigten Tempel – dem Einen Gott, nur Ihm allein geweiht – mit allerlei Nebena l tären.
    Dann buhlten sie um die Gunst der Römer, denn in d e ren Haupt stadt, caput mundi, sollte das eitle Ungeheuer n i sten, seine Arme ausstrecken, alle Menschen an seine Brust ziehen und die erwürgen, die es nicht anbeteten.
    Diese Bedrohung wandte sich auch gegen jene Christen, die dem Auftrag des Jesus gefolgt waren: ›Gehet hin in alle Welt‹, und sein Wort die lehrten, die Ohren hatten zu h ö ren. Es waren der Jünger ja zwölf gewesen, die so ausg e sandt waren.
    Saulus war keiner von ihnen und ward zu Damaskus auch nicht zum Apostel, sondern zu Paulus, Paulus dem Str a tegen. Paulus traf die schicksalschwere Entscheidung für das Rom der Caesaren – nicht für Bagdad, die Wiege der Menschheit, nicht für Alexandria, den Hort ihrer Gei s tigkeit, und schon gar nicht für das Jerusalem der Väter. Ihm verdanken wir die Krake, nicht dem braven Fischer s mann Petrus. Paulus brachte das Tier dorthin, wo es sich nur zum Ungeheuer entwickeln konnte.
    Um sich bei Rom einzuschmeicheln, machten die Häu p ter der Kirche alsdann vergessen, daß es die Römer gew e sen waren, die – in strikter Anwendung ihres codex milit a ris – den Jesus von Nazareth, Rex Judaeorum, g e kreuzigt hatten. Sie schoben es seinem eigenen Volke, den Juden, in die Schuhe, den Messias ermordet zu h a ben. So erhoben sie ihn zum Märtyrergott, ja, zu Gott selbst – und das Tier stieß die erste Giftwolke aus seinen Nüstern, die seitdem unheilschwanger über der Welt w a bert, den Haß auf die Kinder Israel und ihre Kindeskinder. Nichts eint eine G e folgschaft so sehr wie ein g e meinsamer Feind.
    Das Tier hatte die Botschaft des Gekreuzigten an sich gerissen und aufgesogen, seinen Leib, und, wie es vermei n te, auch sein Blut. Nichts erboste das Tier in Rom so sehr wie die Erkenntnis, daß die Blutslinie des Hauses David nicht erloschen war, sein Samen sich fortpflanzte. Da Jesus jetzt ein Gott war, war seine Sippe – soweit nicht mit ihm zusammen vergöttlicht – dem Tier ein Dorn im Auge. Also wurde seine Frau als Hure ve r schrien; seine Söhne, Bar-Rabbi und die anderen, wurden Straßenräubern gleichge s tellt. Wer sich vor der Kreuz i gungsjustiz der Römer retten konnte, wurde totgeschwi e gen.
    Ein ähnliches Schicksal erlitten die Gemeinden der übr i gen Apostel. Kaum war das Tier aus den Katakomben g e krochen, hinauf auf den Thron der römischen Staat s kirche, begann eine grimme Verfolgung derer, die vom rechten Glauben abwichen. Erst wurden sie als Sektierer verun g limpft, dann als Häretiker an den Pranger gestellt. Wer sich dem Anspruch der Ecclesia cato-lica – so nan n te sich das Ungeheuer jetzt –, allein die Schlüssel zum Himmelreich zu besitzen, nicht beugte, verfiel dem Bann. Holz und Stroh wurden unter den Pranger gehäuft. Das Tier, in die Fußspuren des Imperiums getreten, spie nicht mehr nur Gift, sondern nun auch Feuer. Die ersten Sche i terhaufen loderten.
    Und der Rest der Welt? Die Anhänger des Propheten Mohammed, den Gott nach Jesus entsandt hatte – und Gott wußte, was er tat –, sie wurden zum Heer der ›Ungläub i gen‹, zu Heiden. Waren sie sanft und gutwillig und küßten das Kreuz, dann konnte man sie taufen. Ließen sie sich nicht bekehren, war es besser, sie gleich totzuschl a gen.
    N un mußten wir in den letzten Jahren erfahren, daß weit hinten im Osten noch riesige Völkerscharen leben, für d e ren Herrscher wir, hier um das Mare Nostrum geschart, mit unserem caput mundi nur ›Rest der Welt‹ sind. Was soll, von unserer Seite aus, mit ihnen geschehen? Und wie we r den sie ihrerseits mit uns verfahren?
    Das Tier hatte sich auf einen bröckelnden Felsen gesetzt: Das Imperium Romanum brach auseinander.
    Ostrom, Byzanz, aufgrund seiner Lage zwischen Orient und Okzident anfangs das weitaus mächtigere Teilreich, hatte keine Schwierigkeiten, weltliche und geistliche Macht getrennt zu halten und dennoch am gleichen Ort zu

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