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Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral

Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral

Titel: Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Berling
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das Funkeln der Liebe in ihren dunklen Augen.
    »Nehmen wir ’ s mal an«, murmelte er und versuchte, Zeit zu gewinnen. Eine absurde Idee nistete sich in seinem Gehirn ein. »Was willst du von ihm?«
    »Ich will ihn wiedersehen!« Sie wandte sich brüsk ab.
    Darf eine Hure schluchzen? Lorenz beeilte sich, sie se i nes Mitgefühls zu versichern, in Wirklichkeit baute er sie bereits in seinen Plan ein.
    »Beschreib ihn mir!« Er nestelte verdrücktes Papier aus seiner Kutte und wühlte in seinem Beutel nach der Röte l kreide.
    »Jung, fest im Fleische«, schnalzte Ingolinde in der Erinnerung schwelgend. »Zarte Haut, und in der Hose –«
    »Sein Gesicht!« unterbrach sie Lorenz rügend.
    »Rund, dickschädelig, kräftiges, welliges rotes Haar – weicher Mund, starke Nase, leicht gebogen, buschige Brauen –«
    »Sprecht nur weiter«, munterte Lorenz sie auf. Sein R ö tel flog geschwind über das Pergament, korrigierte, unter s trich. »Seine Augen?«
    »Große Kinderaugen, grau, nein, grünbraun.«
    »Hell?«
    »Nein, eher dunkel – mandelförmiger.« Sie nahm jetzt regen Anteil am Entstehen des Bildes, zumal Lorenz des besseren Lichts wegen an ihre Seite gerückt war. »Das Kinn viel betonter, doch runder – und der Hals«, jetzt lac h te sie wieder, »etwas kürzer, eigentlich wie ein Bursch vom Lande!«
    Lorenz gab seiner Arbeit die letzten Glättungen, wellte das Haar und sparte auch an Schatten nicht. »Ja, das ist mein William!« jubelte das Freudenmädchen. »Nun müßt Ihr mich auch zu ihm führen!«
    »Haltet an«, sagte Lorenz und zog ihr das Bild weg, das sie schon als ihr Eigen betrachtete.
    »Ich kauf es Euch ab, Ihr seid ein großer Künstler!«
    »Kommen wir ins Geschäft«, schlug Lorenz vor. »Ich sage dir Weg und Ziel, und du überbringst dafür eine Nac h richt –?«
    »Gebt nur her!« Sie streckte ihre Hand aus, doch Lorenz ließ sie zappeln.
    »Hört mir gut zu, haltet Euch an den Weg, sonst erreicht Ihr das Nest zu spät und Euer Vögelchen ist schon wieder ausgeflogen.« Lorenz mimte den Magister. »Ihr begebt Euch stracks nach Ancona, verlangt den Hafenkomma n danten persönlich und sagt, Euch schickt der ›General‹ und Ihr müßtet zur ›Äbtissin‹. Er wird Euch eine Schiff s passage geben. Hier ist das Geld –«
    Doch die Dame aus Metz winkte ab. »Behaltet es gleich, für meines Herzens Launen mag ich selber aufkommen, gebt mir nur das Bild!«
    Lorenz hatte in der Zwischenzeit einige Zeilen auf gri e chisch daruntergekritzelt, von dem er mit Recht annahm, daß auch eine so umtriebige Hur sie nicht lesen konnte: ›Die große Hure Babylon sucht den Vater der beiden Ki n der, von dem sie weiß, daß er bei Euch weilt.‹
    »Versteckt es gut«, mahnte er, »wenn falsche Finger es bei Euch finden, wird Euer schöner Rücken und der sich anschließende sensible Körperteil durch Striemen so ve r unziert werden, daß Ihr Euren Beruf –«
    »Vergeßt meinen Hintern, grad ’ er wird meinen William schützen!« sagte sie und wollte sich das Bild unter den Rock schieben.
    »Halt«, rief Lorenz, »laßt mich erst noch darüberpi n keln, sonst ist alles verwischt, bevor –«
    »Auf meinen William brunz ’ ich selber, Meister – habt Vertrauen zu mir!«
    Lorenz hatte. »Und noch eines: Wenn Ihr am Ziele a n kommt, dann fragt nach der ›Gräfin‹ – auf keinen Fall nach der ›Äbtis-sin‹!« fügte er heiter hinzu. »Sonst setzt es noch bösere Hiebe, als jeder Henkersgehülf sie mit Freuden au s teilt! Also zeigt das Bild der Gräfin – danach mögt Ihr es behalten!«
    »Danach halt ’ ich mich ans Original!« lachte Ingolind aus Metz, gab ihrem Fuhrknecht ein Zeichen und rollte mit ihrem Hurenwägelchen davon. Die Glöckchen bi m melten, und die bunten Bänder der Liebe flatterten.
    Sie waren wieder in Cortona angekommen, und Lorenz schaute ihr lange nach, seufzte tief und beschloß, bei G e rsende auf dem Schloß vorbeizuschauen, bevor er sich, mit Pferd und Burschen versehen, nun doch auf die Reise nach Lyon zum Papst aufmachen würde.
    Jeder ist sich selbst am nächsten, dachte er. Und wenn Gott den Elia warnen und die Kindlein beschützen wol l te, würde er die Hur mit der Botschaft sicher nach Otra n to geleiten. Bruder William mußte ein arger Bock sein, daß so eine ihm durch ganz Italien nachreiste!
    Die Gräfin von Otranto
    Otranto, Herbst 1244
    »Das Schiff Das Schiff«
    Roç und Yeza hatten es zuerst gesehen. Sie stürmten die enge Treppe hinauf vom Garten zur

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