Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral
beschmutzen, aber nicht im Zeichen des schwarzen Kreuzes auf weißem Tuch!«
Erst jetzt fiel allen auf, daß er zum ersten Mal wieder die Tunika eines deutschen Ritters trug. Sigbert war sozus a gen reisefertig. Nicht so Konstanz, der jetzt eilends eintrat, leicht zerzaust. »Die Kinder sind ganz außer sich vor Au f regung und Schmerz über unsere ›Fahnenflucht‹, wie Roç mir zornig an den Kopf warf. Und Yeza hat mir fast die Haare ausgerissen, so klammerte sie sich an mich. Ihr ei n ziger Trost ist, daß Crean noch bleibt – sonst würden sie sofort mit uns segeln, das hat mir Roç versichert!«
Laurence war etwas ungehalten ob dieser Schilderung vor aller Ohren, was noch verstärkt wurde, als Clarion als letzte schweigend an ihrer Seite Platz nahm, die Augen vom Weinen noch gerötet.
In die peinliche Stille griff Tarik ein, indem er sich au f munternd an Crean wandte: »Bitte nehmt Platz mit uns, Crean de Bourivan, wir sind hier nicht in Masyaf, und« – er lachte sein leises Lachen, das die anderen dankbar aufna h men – »ich bin incognito!«
»Wieso?« sagte der alte John, der nicht alles mitb e kommen hatte, und nun lachten alle aus vollem Hals. Sie machten sich über die Tafel her, der Wein kreiste, und es war ein großes Familienfest.
Als die Sonne sich senkte, mahnte Laurence zum Au f bruch. Die Kinder kamen hereingestürmt, Yeza brachte drei ausgerupfte Lilien; sie gab die Feuerlilie an Ko n stanz und die weiße an Sigbert, denen sie auch beiden auf den Schoß kletterte und die sie mit einem Küßchen b e dachte. Alle waren nun gespannt, wem die dritte Blume zufallen würde, die betäubend duftende, blaßviolette Reine Inn o cente. Yeza lief um den Tisch herum und überreichte sie feierlich dem Kanzler.
»Du hast uns versprochen, wir dürften dir beim Packen helfen«, zerrte Roç in die Stille hinein am Arm von Kon s tanz.
Laurence hob die Tafel auf. Sie trat mit Tarik und John an die Fenster.
»Jetzt müssen wir hier noch auf Elia warten«, sagte John. Crean begleitete seine Freunde hinunter zum Hafen, wo die Triëre fertig zum Auslaufen wartete. Die Dec k mannschaft hob zum Salut ihre scharf geschliffenen La n zenr u der.
Crean umarmte den hünenhaften Sigbert: »Ich danke Euch für Eure Umsicht und Eure Festigkeit. Sie hat mich vor mancher Torheit bewahrt. Laßt mich Euer Freund ble i ben, wenn wir uns wiedersehen!« Dann umarmte er Kon s tanz, der ihm mit den Worten zuvorkam: »Ich danke Euch, Crean de Bourivan, für dieses gemeinsam durchlebte Abenteuer, dafür, daß Euer Herr Vater den Unglä u bigen für würdig befand, an der Bergung der Kinder teilzune h men. Wann immer Ihr meines Armes bedürft, zählt auf mich – Allahu akbar!«
»Wa Muhammad rasululah!« antwortete Crean und wollte sich abwenden, doch da trat Sigbert vor.
»Wir alle haben einem großen Plan gedient, wir waren Rädchen, und es war auch nur die erste Stufe, wir wissen es nicht – wir dürfen es nicht wissen, und wir wollen es auch nicht –«
»Sagst du!« unterbrach ihn Konstanz. »Ich bin neugierig genug –«
Doch Sigbert ließ sich in seiner großen Geste nicht u n terbrechen. »Laßt uns hier schwören, daß wir ihnen i m mer dienen werden, wenn man uns ruft!«
Er zog sein Schwert, und Konstanz tat es ihm gleich. Da Crean unbewaffnet war, reichte er ihnen die Hand zum Schwur. Er sah seine Freunde ungern scheiden.
Sie drehten sich noch einmal um und winkten hinauf.
Crean warf einen Blick zurück zur mächtigen Burg zu ihren Häupten. Irgendwo da oben auf der Ringmauer sta n den die kleinen, zerbrechlichen Figürchen von Yeza und Roç. Sie winkten zurück.
»Wenn ich Ritter werde«, sagte Roç, »dann kann mir keiner mehr verbieten, andere Ritter aufs Schiff zu begle i ten.«
»Ich wär ’ schon froh, wir dürften nur bis runter zum H a fen«, schränkte Yeza ein. »Ein Schiff findet man immer.«
Hamo war neben sie getreten. »Ich werde nie ein Ritter werden«, murmelte er, »aber ich werde in die Fremde zi e hen und Siege erringen!«
Die Triëre verließ mit verhaltenem Schlag das Hafenb e cken, und erst draußen auf dem offenen Meer wurden die Segel gesetzt. Sie entschwand schnell den Blicken aller, die ihr nachschauten.
Diebe auf Reisen
Lucera, Winter 1244/45 (Chronik)
»Wir haben einen anstrengenden Ritt vor uns, bis wir in Lucera endlich wieder auf Friedrich in unbedingter Treue ergebene Menschen stoßen«, klärte mich Elia auf. »Diese Stadt der Sarazenen hat der Kaiser als Kolonie
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