Gralszauber
Waffe in der Hand eines Mannes, der nicht damit umgehen
kann.«
Dulac schwieg. Artus’ Worte hatten ihn mehr verstört,
als sie irgendeine Frage beantwortet hätten. Und er wusste
nicht einmal, ob er wirklich lernen wollte mit einem
Schwert umzugehen.
Noch vor einem Tag hätte er diese Frage mit einem ganz
eindeutigen Ja beantwortet. Aber seither war doch einiges
geschehen. Er hatte ein Schwert in der Hand gehabt und
die Bilder, die es ihm gezeigt hatte, waren furchtbar gewesen.
»Es wird bald eine Schlacht geben«, sagte Artus. »Hast
du Angst?«
»Nein«, antwortete Dulac, doch das schien nicht die
Antwort zu sein, die Artus hatte hören wollen, denn auf
seinem Gesicht erschien ein Ausdruck von Sorge.
»Das solltest du aber«, sagte er. »Wir werden mit Sicherheit siegen, doch es werden Menschen sterben und das
ist immer eine schlimme Sache.«
»Aber es sind doch nur Pikten.«
»Sind sie keine Menschen?«, gab Artus zurück. »Für uns
mögen sie Barbaren sein, die finstere Gottheiten anbeten
und unsere Art zu leben bedrohen. Unsere Feinde. Aber
auch sie sind Männer und Väter und Söhne. Viele Tränen
werden in ihren Heimatdörfern vergossen werden, wenn
sie nicht heimkehren.«
Dulac fragte sich, warum Artus eigentlich Krieger geworden war, wenn er wirklich so dachte. Und fast gegen
seinen Willen stellte er diese Frage laut – was er gleich
darauf wieder bedauerte. Irgendwann würde ihn seine lose
Zunge den Hals kosten.
Artus reagierte jedoch nicht verärgert, sondern lächelte
auf eine Art, als hätte er auf diese Frage gewartet und wäre
froh sie zu hören. »Weil es leider notwendig ist, mein Junge«, antwortete er. »Vielleicht wird einmal eine Zeit
kommen, in der die Menschen keine Krieger mehr brauchen, doch noch ist es nicht so weit. Es ist noch gar nicht
so lange her, da war dieses Land ganz genau wie das der
Pikten. Wild. Barbarisch und gewalttätig. Die Menschen
Britanniens haben dazugelernt und nun ist es an der Zeit
für die Pikten, zu lernen.« Er legte die Hand auf das
Schwert. »Manchmal tut es weh, zu lernen. Ich freue mich
nicht darauf, ihre Krieger zu erschlagen, doch ich muss
auch die Menschen beschützen, die mir vertrauen.«
Sir Lioness kam zurück. »Sie sind da«, sagte er. »Auf
der anderen Seite des Hügels, vielleicht eine Meile entfernt. Sie lagern am Waldrand. Ich glaube, sie wissen, dass
wir kommen.«
»Sie wollen uns in den Wald locken, wo uns unsere
Pferde und die Rüstungen eher behindern würden«, sagte
Artus grimmig. »Aber den Gefallen werde ich ihnen nicht
tun.« Er überlegte einen Moment. »Schickt einen Boten zu
ihnen. Ich will mich in einer halben Stunde mit ihrem Anführer treffen, nur er und ich.«
»Sie werden versuchen die Zeit zu nutzen um uns zu
umzingeln«, gab Lioness zu bedenken.
»Sollen sie«, erwiderte Artus abfällig. »Geht. Tut, was
ich Euch gesagt habe.« Er hob die Stimme. »Sir Mandrake! Lasst uns noch eine Andacht abhalten und Gott um
Kraft für den bevorstehenden Kampf bitten!«
Dulac kam sich ein wenig hilflos vor – oder um es auf
den Punkt zu bringen: fehl am Platz. Artus hatte dieses
kurze Gespräch vermutlich nur mit ihm geführt, um sich
die Zeit bis zur Rückkehr des Ritters zu vertreiben, ganz
bestimmt nicht, weil es von irgendeiner Wichtigkeit war.
Nun rief er seine Ritter zum gemeinsamen Gebet zusammen und dabei hatte er nun wirklich nichts verloren. Artus
und seine Ritter waren wie beinahe jedermann in Camelot
Christen. Dagda hingegen glaubte noch an die alten Götter, die schon über dieses Land und die Menschen geherrscht hatten, als es den Gott der Christen noch nicht
einmal gab, und was Dulac selbst anging … Er war sich
bis zum heutigen Tage im Grunde nicht darüber im Klaren, woran er glaubte; oder ob überhaupt an irgendetwas.
Ganz bestimmt jedoch nicht an den Gott der Christen, der
Liebe und Vergebung predigte und das Leben der Menschen mit einer Unzahl von Reglementierungen und Ver-
und Geboten knebelte, bis ihnen kaum noch Luft zum Atmen blieb. Tander wusste das und ging im Allgemeinen
darüber hinweg, gab es ihm doch einen Vorwand, ihm
auch am Sonntag Arbeit zuzuweisen, wenn die anderen
zur Kirche gingen, und auch Artus hatte einmal eine entsprechende Bemerkung gemacht und ihn auf diese Weise
wissen lassen, dass es ihn nicht störte. Dulac wusste allerdings, dass unter Artus’ Rittern viele waren, die ihrer Religion mit schon fast erschreckendem Eifer nachgingen,
und er
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