Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Gralszauber

Titel: Gralszauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
Lioness schwieg. Einen Moment lang starrte er Artus
an, dann sah er aus blicklosen Augen an ihm vorbei ins
Leere. Schließlich nickte er.
»Ich werde Euch begleiten«, sagte er. »Ich werde für
Euer Seelenheil beten, Artus, und das aller, die Euch begleiten. Vielleicht erbarmt sich Gott der Herr und vergibt
Euch Eure Sünden.«
Er fuhr auf dem Absatz herum und ging und Artus blickte ihm kopfschüttelnd nach. Er sagte jedoch kein Wort
mehr, sondern drehte sich zu Dulac herum und zauberte
ein müdes, aber sehr ehrliches Lächeln auf sein Gesicht.
»Ich bin froh, dass du gekommen bist«, sagte er. »Ich war
nicht sicher.«
»Herr?«
»Du wolltest davonlaufen«, sagte Artus. »Du hasst mich
für das, was ich dir antue, und du hast in den letzten Tagen
über nichts anderes nachgedacht. Am liebsten würdest du
mir die Kehle durchschneiden.« Er berührte lächelnd die
Stelle an seinem Hals, wo Dulac ihn verletzt hatte. »Außerdem bist du fest entschlossen, nicht nach York zu gehen.«
»Könnt Ihr … könnt Ihr meine Gedanken lesen?«, fragte
Dulac verdattert.
»Sie stehen auf deiner Stirn geschrieben«, behauptete
Artus. »Außerdem war ich auch einmal so alt wie du, auch
wenn du es vielleicht nicht glauben magst. Tu nichts, was
du später bedauern würdest, Dulac. Die Welt ist groß und
sie lockt mit Abenteuern. Drachen sind zu erschlagen –
oder auch Könige, je nachdem – und Jungfrauen zu befreien. Aber glaube mir: Was dich dort draußen erwartet, das
sind Leid, Schmerz und Tod. Du wirst dort draußen keine
Schätze finden, sondern wahrscheinlich einen Dolch, der
dir die Kehle durchschneidet.«
Dulac war zutiefst verwirrt, nicht einmal so sehr über
das, was Artus sagte, sondern vielmehr darüber, dass er es
sagte. Wer war er gegen den König? Artus hatte es wahrlich nicht nötig, sich vor ihm zu rechtfertigen oder ihm
irgendetwas zu erklären. Wieso war er plötzlich so wichtig
für den König?
»Es wird Zeit«, sagte Artus. »Ich habe ein Pferd für dich
satteln lassen. Du kennst es, glaube ich.« Er lächelte flüchtig. »Du versprichst mir, uns auch auf dem Rückweg zu
begleiten?«
»Ja«, antwortete Dulac. Es fiel ihm nicht leicht, dieses
Versprechen zu geben, aber er meinte es ehrlich.
»Dann geh zu deinem Pferd«, sagte Artus. »Wir haben
einen langen Weg vor uns und nicht sehr viel Zeit.«
    Sie brachen nur kurze Zeit später auf. Der Tross, der bei
Sonnenaufgang durch das nördliche Tor der Stadt ritt, war
kaum weniger groß und prachtvoll anzuschauen als der,
mit dem Dulac vor einigen Tagen schon einmal aus der
Stadt geritten war, bestand aber nun aus sehr wenigen Rittern, dafür aber umso mehr Packpferden und Bediensteten,
die – zusammen mit Dulac – in einigem Abstand hinter
Artus und den Tafelrittern die Stadt verließen.
    Abgesehen von Dulac selbst und Sir Lioness waren es
nur Sir Galahad, Sir Braiden, Sir Gawain und Sk Leodegranz; alle anderen waren erst gar nicht auf dem Hof erschienen oder hatten mehr oder weniger fadenscheinige
Vorwände gefunden, sie nicht zu begleiten. Dulac hatte
den ihm zugewiesenen Platz ganz am Ende der Kolonne
eingenommen, aber es gelang ihm dennoch, einen Blick
auf Artus’ Gesicht zu erhaschen. Es wirkte auf den ersten
Blick ungerührt und unnahbar, aber Dulac kannte den König vielleicht besser als viele der Männer, die an seiner
Tafel saßen, und ihm entging die Mischung aus Enttäuschung und brodelndem Zorn in dessen Augen keineswegs. Von mehr als fünfzig Rittern waren ihm gerade
einmal fünf gefolgt und Sir Lioness galt nicht, denn er
hatte keine Zweifel an seinen Beweggründen gelassen.
Artus musste zutiefst enttäuscht sein. Während sie sich im
Hof zum Abmarsch formierten, hatte er noch die schwache Hoffnung gehegt, dass vielleicht auch Gwinneth sich
dem sonderbaren Trauerzug anschließen würde, aber sie
hatte sich nicht erfüllt.
    Gwinneth hatte ihm ja – als er in der Maske des Lancelot steckte – selbst anvertraut, dass auch sie eine Anhängerin des alten Glaubens war, und er hatte gehofft, dass sie
Merlin auf seinem letzten Weg begleiten würde. Aber
vermutlich war dies viel zu anstrengend und viel zu gefährlich für sie. Dulac verstand nicht ganz, dass Artus das
Risiko einging, mit nur so wenigen Bewaffneten die Burg
zu verlassen. Immerhin befanden sie sich mitten in einem
Krieg, auch wenn dieser im Moment den Atem anzuhalten
schien.
    Sie trafen jedoch weder auf Pikten noch auf irgendwelche anderen

Weitere Kostenlose Bücher