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Gralszauber

Titel: Gralszauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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reagiert.
Dulac ließ sich auf ein Knie herabsinken und untersuchte die drei Jungen flüchtig. Evan hatte das Bewusstsein
verloren, atmete aber gleichmäßig und tief, während Stan
beide Hände auf seine zerschmetterte Nase presste und
wimmernd versuchte das Blut zu stillen, das in Strömen
daraus hervorschoss. Am schlimmsten hatte es Mike erwischt. Er strampelte mit den Beinen, warf verzweifelt den
Kopf hin und her und versuchte vergeblich zu atmen. Er
litt in diesem Moment Höllenqualen, aber Dulac wusste,
dass er es überleben würde – auch wenn er vermutlich die
nächsten zwei oder drei Wochen nur von Suppe und eingeweichtem Brot würde leben müssen.
Wenigstens hatte er keinen der drei umgebracht.
Dulac schauderte, als ihm klar wurde, dass er auch diesen Gedanken ohne das mindeste Gefühl dachte. Sein Leben war bedroht worden. Jemand hatte ihn angegriffen
und er hatte sich gewehrt mit allen ihm zur Verfügung
stehenden Mitteln, so einfach war das.
Was um alles in der Welt hatte diese verfluchte Rüstung
ihm angetan?
»Du brauchst keine Angst zu haben«, sagte er. Er wusste
nicht, ob Mike ihn überhaupt hörte, aber er war es schon
sich selbst schuldig, diese Worte auszusprechen. »Ich
werde euch nicht verraten. Aber überlegt es euch in Zukunft genau, mit wem ihr euch einlasst.«
Mike rang mit einem schrecklichen Geräusch nach Atem
und bekam endlich etwas Luft und Stan drehte sich wimmernd auf die Seite, zog die Knie an den Leib und spuckte
Blut.
    Camelot war von Dutzenden von Fackeln taghell erleuchtet, als er die Burg erreichte. Ein gutes Dutzend aufgezäumter Pferde stand auf dem Hof und eine deutlich größere Anzahl Ritter – unter ihnen auch Artus, Galahad und
Parzifal – stand in voller Rüstung dabei und sah den
Dienstboten zu, wie sie die Packpferde beluden und Geschirr und Schabracken der Schlachtrösser kontrollierten.
    Eine fühlbare Aufbruchstimmung lag über dem Hof, zugleich aber auch eine deutlich spürbare Spannung.
Nur einen Moment später wurde aus dem Gefühl Gewissheit, denn nachdem Dulac sich zu Artus durchgekämpft hatte, platzte er mitten in einen Streit zwischen
ihm und Sir Lioness hinein.
Der Tafelritter stand in voller Rüstung und Waffen da
wie die meisten anderen und sein Gesicht hatte sich vor
Zorn fast dunkelrot gefärbt. »Das kann nicht Euer Ernst
sein, Artus!«, polterte er. »Ich bitte Euch, überlegt es Euch
noch einmal!« Seine Stimme klang nicht nach dem Wort
bitte, das er benutzt hatte. Er sah im Gegenteil so aus, als
hätte er gute Lust, seine Waffe zu ziehen und die Diskussion mit anderen Argumenten fortzusetzen.
Artus blieb ruhig. Er begrüßte Dulac mit einem flüchtigen Kopfnicken und wandte sich dann wieder zu Lioness
um.
»Es gibt nichts, worüber ich nachdenken müsste«, antwortete er. »Und es gibt auch nichts, was Eure Erregung
rechtfertigte, Sir Lioness. Wir erweisen einem Freund und
treuen Weggefährten die letzte Ehre. Wir alle haben Merlin viel zu verdanken. Fast alles. Auch Ihr, mein Freund.«
Lioness fuhr zusammen, als er den kaum versteckten
Vorwurf in Artus’ Worten registrierte. Er warf Dulac einen kurzen, zornsprühenden Blick zu, ehe er antwortete,
fast als gäbe er ihm die alleinige Schuld an der Auseinandersetzung mit Artus.
»Niemand bestreitet Merlins Verdienste um Camelot«,
antwortete er. »Er war ein großer Mann und der treueste
Freund, den man sich nur wünschen kann. Aber Ihr seid
nicht nur ein Freund und Ritter, Artus. Ihr seid auch König. Die Menschen schauen auf das, was Ihr tut.«
»Eben darum bin ich es Merlin schuldig, ihm diesen
letzten Freundschaftsdienst zu erweisen«, antwortete Artus
ruhig. »Was sollen die Menschen von einem König halten,
der seinem treuesten Diener die letzte Ehre verweigert?«
»Einen heidnischen Ritus!«, grollte Lioness. »Das ist
Gotteslästerung, Artus.«
Der König seufzte. Er sah nicht ärgerlich aus, sondern
ein wenig enttäuscht. »Mein Entschluss steht fest, Sir Lioness«, sagte er. »Nennt es einen Abschied, wenn Ihr wollt.
Merlin war der letzte der alten Magier und wir werden ihn
auf die Weise beerdigen, die er sich gewünscht hat, heute
Nacht, im Schein des Vollmondes im Cromlech. Es wird
wohl der letzte …« Er verzog die Lippen zu einem bitteren
Lächeln, »… Ritus dieser Art sein. Ich kann Euch verstehen, Sir Lioness. Auch ich kenne die Bibel und weiß, was
unser aller Herr über Götzen und heidnischen Glauben
sagt. Tut es für Merlin.«
Sir

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