Gran Reserva
hörst du? Das alles ist nie passiert. Wir kennen uns nicht.«
»Doch«, sagte Max. »Wir kennen uns. Nur leider nicht gut genug.«
»Soll das eine Anmache sein? Ich bin dir nichts schuldig.«
»Nein, bist du nicht, Cristina.«
»Dann sind wir uns ja einig.«
»Ja, das sind wir.«
»Auch darin, dass ich bei Weitem nicht so fotogen bin wie Ines.«
»Das war doch nur so dahingesagt!«
»Es klang sehr überzeugend.«
Max erkannte eine Sackgasse, wenn er in einer steckte. Und er war in Gesprächen mit Frauen schon in vielen Sackgassen gelandet. Esther war sehr gut darin gewesen, ihn dort hineinzuleiten. Meist ohne dass er es merkte.
Er griff sanft nach Cristinas Oberarm. »Die Polizei wird den Mörder vermutlich nicht finden können, weil sie nicht weiß, wo Alejandro Escovedo umgebracht wurde. Das heißt: Der Mörder läuft weiterhin frei herum. Unbehelligt. Vielleicht bleibt es nicht bei einem Opfer. Nur wir können weitere verhindern. Entweder, indem wir der Polizei alles erzählen oder indem wir den Täter selbst stellen.«
»Wir sind doch nicht in einem Hollywood-Film! Warum sollte der Mörder nochmals zuschlagen? Und wer sind wir, einen Mörder zu stellen? Du bist Fotograf, und ich arbeite im Marketing. Wir bringen uns nur selbst in Gefahr. Und damit ist keinem geholfen.«
Sie blickte ihn an, und Max musste an seinen Foxterrier aus Jugendtagen denken, als er diesem aus Versehen auf den Schwanz getreten war. Dasselbe Feuer in den Augen.
Max stellte sich vor sie, ganz nah, er konnte riechen, dass sie kein Parfum trug, doch ihr Duft war umso betörender. »Dann mache ich es allein. Und deinen Namen werde ich niemandem verraten. Selbst unter Folter nicht.«
Sie sah ihn kritisch an, ihr Gesicht zeigte Härte, ihre Pupillen zuckten. »Ich kann dich nicht daran hindern.«
»Dann hinderst du mich auch nicht daran, nach der Tatwaffe zu suchen.«
Max wartete ihre Antwort nicht ab, schloss die Tür auf und machte sich auf den Weg zur Schatzkammer der Bodega. Es dauerte nicht lange, dann rannte Cristina hinter ihm her. »Gerade ist eine Besuchergruppe unterwegs. Bist du wahnsinnig?«
Max ging weiter. »Ich fotografiere doch nur.«
»Und was, wenn du irgendwo einen blutigen… ich weiß nicht was, findest? Das fällt doch auf!«
»Dann musst du eben dafür sorgen, dass mich niemand sieht.«
Es war nicht weit bis zur Schatzkammer und Max hatte sich den Weg gemerkt. Er blickte sich um, nahm alle Details auf. War Escovedo vielleicht mit einer Flasche umgebracht worden? Er holte die Fotos der Leiche auf das Display seiner Digitalkamera. Der Baske war erschlagen worden, die tiefe, klaffende Wunde am Hinterkopf bewies dies. Und der Täter hatte nicht nur einmal zugeschlagen, die Schädeldecke war wie ein Frühstücksei zersplittert gewesen, das jemand mit einem Hammer bearbeitet hatte. Einige spitze Winkel waren auf den Fotos trotz der blutverklebten Haare zu erkennen gewesen. Aber wirklich feststellen konnte das natürlich nur ein Gerichtsmediziner.
An einer Flasche fanden sich solche Kanten nicht. Max war sich sicher, dass die Leiche nach dem Mord nicht weit transportiert worden war, denn jeder Meter mehr hätte die Gefahr, entdeckt zu werden, potenziert.
Die Touristengruppe betrat den Raum, Max ging hinaus. Cristina war aschfahl. Wie der Mond in einer verhangenen Nacht.
Der Gang zur Schatzkammer bestand links und rechts aus riesigen Fächern, in denen unetikettierte Flaschen gestapelt waren. Aus welchem Jahr sie stammten, wussten nur wenige, Kennziffern verrieten es einzig den Eingeweihten. Eine Mordwaffe war auch hier nicht zu sehen. Max ging weiter, Cristina wortlos direkt hinter ihm. Der folgende Gang war breiter, und die Wände bedeckten Küferwerkzeuge, vermutlich seit Jahrzehnten. Wer ihren Gebrauch nicht kannte, hätte sie ohne Weiteres für Folterinstrumente halten können.
Max nahm alle ihn Augenschein. Als sie die Leiche weggeschafft hatten, stand ihnen der Sinn nicht nach der Suche nach der Tatwaffe. Sie waren panisch gewesen, ängstlich, wollten es schnell hinter sich bringen. Jetzt nahm er sich die Zeit. Nichts schien zu fehlen. Und doch stimmte etwas nicht. So wie Max es spürte, wenn an einem Model eine Stelle ungepudert war, noch bevor er die glänzende Stelle ausmachen konnte, so war etwas…falsch an dieser Wand.
Dann sah er es.
Ein einziges Ausstellungsstück war nicht von millimeterdickem Staub bedeckt. Max nahm es von der Wand. Ein Holzhammer, hart wie Stein von den Jahren des
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