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Gran Reserva

Gran Reserva

Titel: Gran Reserva Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Sebastian Henn
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die ihr lange winkend nachblickte. Max konnte Cristina unmöglich folgen, ohne von der Alten gesehen zu werden. Und die würde sicherlich sofort die Sirene anwerfen. Ganz Laguardia wäre ihm dann auf den Fersen – und so leicht wie in Ormaiztegi würde er hier nicht entkommen können.
    Verdammt, verdammt, verdammt! Geh ins Haus, Maria! Los! Da gibt es doch sicher noch ein Fenster, das du nicht aufgestoßen hast!
    Doch Maria genoss den Blick auf ihre alte neue Heimat. Gute fünf Minuten stand sie vor ihrem alten neuen Haus und lächelte selig.
    Dann ging sie fröhlichen Schrittes zurück ins Haus.
    Max sprintete daran vorbei und bog in die Gasse ab, in die Cristina verschwunden war. Als sich die enge Straße gabelte, blieb er ratlos stehen. Keine Cristina zu sehen.
    Maxʼ Handy klingelte. Er nahm das Gespräch an, ohne auf die Nummer zu schauen.
    »Max?« Es war Juan. Atemlos. »Wir haben ein Problem. Und es hat Blaulicht auf dem Dach.«
    Wie sich herausstellte, war es nicht nur ein Problem, es waren vier. Vier vollbesetzte Polizeifahrzeuge, die wie ungeduldige Stiere vor Juans Haus standen.
    »Ohne Durchsuchungsbefehl bleibt die Tür zu!«, rief Juan ihnen aus dem geöffneten Küchenfenster entgegen.
    Die Katzen hatten die Einsatzfahrzeuge längst erspäht und zu neuen Schlafgelegenheiten erklärt. Immer mehr von ihnen kletterten auf die sonnigen Dächer und warmen Motorhauben. Es sah geradezu idyllisch aus.
    Max konnte nicht anders, als das zu fotografieren, was ihm den angriffslustigen Blick eines Polizisten einbrachte.
    Abwehrend hob er die Hände. »Ich wohne hier.«
    Eine Fahrzeugtür öffnete sich und ein schnaubender Timothy Pickering hievte sich vom Rücksitz. »Das ist er! Das ist der Mann, der mich bestohlen hat! Wo ist mein Koffer, du Drecksack? Rück sofort meinen Koffer raus!« Der Kopf des Amerikaners war so rot wie gerade im Dampfkochtopf gegart, Schweißperlen standen auf seiner zornigen Stirn. »Nehmen Sie ihn fest, nehmen Sie ihn doch jetzt endlich fest!«
    Der Polizist neben dem Wagen schüttelte ruhig den Kopf. »Wir haben noch keinen Haftbefehl.«
    »Und auch keinen Durchsuchungsbefehl«, rief Juan jetzt von der Haustür aus. »Komm rein, Max. Die Policía darf da gerne parken, solange sie will. Ich habe ihnen auch schon Kaffee gebracht. Aber ins Haus lass ich keinen außer dir.«
    Max ging hinein, hinter ihm verriegelte Juan die Tür. »Wir haben nicht viel Zeit, der Durchsuchungsbefehl ist nur eine Formalie. Der Koffer gehört also diesem Vollidioten da draußen?«
    Max nickte.
    »Also ist das sein Wein, den ich gesoffen habe. Und dem Aufgebot an Uniformierten zufolge war er nicht billig.«
    »Du wirst nichts Teureres in ganz Rioja finden.«
    »Haben mir auch gut geschmeckt.« Juan grinste. »Holst du mal den Koffer, dann hole ich das Gebiss.«
    »Das…Gebiss?« Von was redete Juan da?
    »Erklär ich dir später. Wir müssen aufs Tempo drücken.«
    Wie sich herausstellte, hatte Juan die leeren Flaschen wieder in den Koffer gelegt. Das Gebiss fischte er aus einem mit Flüssigkeit gefüllten Einmachglas.
    »Das ist ein altes von meiner Großmutter. Ein Familienerbstück sozusagen.« Juan trocknete es an seiner Jeans ab.
    »Was zum Geier hast du denn damit vor?«
    »Beobachte und lerne. Fühlt sich an wie ein Kunst-Happening, oder?« Max fühlte sich eher wie im falschen Film. Er konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, wie ihnen ein Gebiss in dieser Situation helfen sollte.
    Mit den Zähnen seiner Großmutter erzeugte Juan Bissspuren auf den Halterungsriemen im Koffer sowie den halb herausgezogenen Flaschenkorken.
    »Was soll das? Und warum beißt du nicht selbst rein?«
    »Weil ich nicht so gut mit den spitzen Eckzähnen treffen würde. Es muss nach kleinen Zähnen aussehen. Und meine Großmutter hatte einen besonders spitzen Eckzahn, weil sie mal auf einen Kirschkern gebissen hat und dabei eine Ecke abgesplittert ist. Sie war aber viel zu geizig, um sich das ausbessern zu lassen. Gut so.«
    »Warum?«
    Es donnerte gegen die Tür. »Aufmachen! Wir haben den Durchsuchungsbefehl.«
    »Die Tür ist gleich offen«, rief Juan, klappte den Koffer zu und steckte sich das Gebiss in die Hosentasche. »Eine Sekunde.« Er schlenderte gemächlich zur Tür und öffnete sie seelenruhig.
    Timothy Pickering stürzte als Erster herein und erspähte sogleich den Koffer. »Da steht er! Sehen Sie, habe ich doch gesagt! Dieser Mann da ist ein Dieb!«, rief er triumphierend. »Sofort festnehmen!«
    Max hob

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