Gran Reserva
wüssten alle davon.«
»Sie haben sie.«
»Was reden Sie da schon wieder?«
»Sie sitzt Ihnen gegenüber.«
»Wollen Sie mich verscheißern?«
»Niemand hat die Frau je gesehen, oder? Den Termin vereinbarte angeblich ihr Sekretär.«
»Ja, die Nummer gehörte aber zu einer Telefonzelle, wir haben das kontrolliert. Erzählen Sie mir noch was Neues?«
»Wer sagt, dass Madame Pascal wirklich eine Frau war und nicht jemand, der nur für eine gehalten werden wollte?«
»Hirngespinst!«, spuckte Timothy Pickering aus.
»Du bist ein Spieler, Tim. Roulette ist dein Favorit, oder?« Nun war sich Max seiner Sache sicher.
»Ja, und? Das ist nicht verboten. Und nenn mich nicht Tim, du Dreckschwein! Für dich immer noch Mister Pickering.«
»Du liebst das Risiko, brauchst den Nervenkitzel.«
»Ach, leck mich doch am Arsch.«
Valdés stand wortlos und sichtlich genervt daneben und hatte keinen Schimmer, wovon die beiden sprachen.
»Du konntest deshalb nicht widerstehen, einen Namen für deine fiktive Weinkundin zu wählen, der ein gewisses Risiko in sich barg. Blaise Pascal, französisch. Dabei ist Blaise gar kein Frauenvorname, sondern der eines Mannes. Und es gab sogar einen sehr berühmten Mann mit diesem Namen. Mit genau diesem Namen: Blaise Pascal. Ein französischer Mathematiker aus dem 17. Jahrhundert, der als einer der Erfinder des Roulettes gilt. Deines Lieblingsspiels. Was für ein unwahrscheinlicher Zufall, nicht wahr?« Max wandte sich an Valdés. »Überprüfen Sie diese Hypothese, ich bin mir sicher, Sie werden Beweise finden. Vielleicht hat er in der Bodega zur Tatzeit mit dem Handy telefoniert, vielleicht hat jemand seinen markanten Wagen in der Nähe bemerkt. Irgendwas wird sich sicher finden.«
»Und welches Motiv sollte er haben?«, fragte Valdés.
»Weil Salinas ihm keine Flasche des 64ers verkaufen wollte. Ich weiß, das klingt drastisch, aber es würde mich nicht wundern, wenn unserem guten Tim, der so gerne am Roulettetisch sitzt, die Schulden bis zum Hals stehen. Und dieser Auftrag im wörtlichen Sinne überlebenswichtig für ihn war. Doch es gibt nur noch zwei Flaschen 64er Gran Reserva von Faustino. Und kein Geld der Welt kann eine davon kaufen. So, jetzt muss ich zurück in die Bodega, ein König erwartet mich.« Max grinste. »Aber vorher noch vier Worte, Tim, vom Dorfdeppen zum Vollidioten: Rien ne va plus.«
Der Amerikaner trat nach Max, aber der sah den Tritt früh genug kommen und wich ihm aus.
Heute nehme ich wahr, was vor mir liegt.
Und wie.
Max trat wieder in die Bodega, als er plötzlich ein Maunzen neben sich hörte und ein sandfarbener Blitz vor ihm zu Stehen kam. Yquem maunzte ihn vorwurfsvoll an, als hätte Max sich unerlaubt von ihm entfernt.
»Essen mit Königs?«, fragte Max.
Yquem lief mit gerecktem Schwänzchen vor ihm her.
»Dir ist es wahrscheinlich völlig egal, mit wem du isst, oder? Hauptsache du isst. Aber nicht den König anknabbern, das könnte schlecht aufgenommen werden. Komm her, Fellknäuel!« Max packte sich den Kater und steckte ihn unter sein Sakko. »Keinen Mucks und keinen Maunz!«
Nachdem der Sicherheitsbeamte seine Personalien mit der Gästeliste abgeglichen hatte, öffnete er Max die Tür. Die Begrüßungsreden waren schon geschwungen, und der erste Gang stand auf dem Tisch. Die Koch-Legende Ferran Adrià war extra eingeflogen worden, um die Küche Riojas für ein Menü zu modernisieren. Der erste Gang bestand aus einer Tube, die wie Zahnpasta aussah, sowie einem Schälchen rosa eingefärbtem Kaviar und einem Parfumflakon, in dem sich eine klare Flüssigkeit befand, die nach Pimientos Riojanos duftete.
Als Max sich setzte, ging das Getuschel los, und es hätte nur noch gefehlt, dass jemand mit dem Finger auf ihn zeigte. Julio Faustino Martinez blickte vom anderen Ende der Tafel zu ihm herüber und flüsterte dem König neben sich etwas zu.
Jetzt zeigte er mit dem Finger auf Max. Dann stand das Familienoberhaupt der Winzerdynastie auf und überreichte dem König feierlich die Holzkiste mit dem 64er Faustino I. Der König bedankte sich und stellte das Geschenk vor sich auf den Tisch.
Dann begann er zu sprechen. Es war mucksmäuschenstill.
»Wie ich gerade erfahren habe, konnte der Mord an dem Exportmanager dieser ehrwürdigen Bodega dank eines jungen Mannes an unserer Tafel soeben aufgeklärt werden. Der Täter hat vor einigen Augenblicken ein Geständnis abgelegt. Darauf möchte ich mein Glas erheben!« Er winkte einen Kellner herbei und
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