Gran Reserva
geht. Sein Jägerdasein missfällt mir. Wer weiß, warum er mich trotzdem eingeladen hat. Vielleicht, um mich durch sein angenehmes Wesen zu überzeugen? Um mir zu schmeicheln, mich zu besänftigen? Wer blickt schon in Herz und Hirn der Mächtigen? Dafür sind wir viel zu verschieden.«
»Und wegen dieses Disputs nahmen Sie seinen Tod in Kauf?«
»Nein. Ich ging in festem Vertrauen auf Gott davon aus, dass alles seinen Weg gehen würde. Und das tat es dann ja auch.«
»Sie sind nicht enttäuscht?«
»Beileibe nicht. Ich will, dass der König überzeugt wird und sich vom Saulus zum Paulus wandelt. Nicht, dass er als Saulus stirbt. Alejandro Escovedo wandte sich an Gott, und ich wusste, dass Gott einen Weg finden würde, seinen Weg.«
So einfach konnte man es sich also machen. Glauben war doch was Herrliches.
Maxʼ Blick fiel auf Iker, der still an seinem Platz saß, das Glas Wein unangetastet vor sich. Er wusste nicht wohin mit seiner Schuld, seinem Gewissen, seinem Versagen.
Max ging zu ihm. »Iker, hast du eine Sekunde Zeit für mich?«
Iker nickte, ohne den Blick zu heben. Max ging mit ihm in den verwilderten Garten, bis sie außer Hörweite der anderen waren. »Iker. Darf ich dir einen Rat geben? Obwohl ich jünger als du bin?«
Wieder nickte er stumm und bedrückt.
»Du musst die Geschichte öffentlich machen. Deine ganze tragische Geschichte. Deine, Pepes, Alejandros. Nur dann war es nicht umsonst. Du bist ein gläubiger Mensch, nicht wahr?«
Zitternd bekreuzigte Iker sich.
»Dann beichte bei Padre Loba. Jetzt, sofort, ihr könnt in mein Zimmer gehen. Erleichtere dein Herz von der Last. Danach kannst du dich befreit an die Polizei und die Medien wenden.«
Iker starrte lange auf den Boden, dann zu seiner Enkelin, und schließlich nickte er wieder.
»Ja, Max. Das muss ich wirklich tun. Und doch werde ich noch einmal lügen. Ich werde der Policía erzählen, dass ich Alejandros Leichnam in den Ebro gebracht habe. Damit Cristina nicht unter meinen Fehlern, meinen Sünden leiden muss.«
»Du bist ein guter Großvater.«
»Ich wünschte, es wäre so.« Tränen traten in seine Augen. Iker ließ sie laufen. »Weißt du, dass sie mich von dem Attentat abhalten wollte? Sie ahnte, was ich vorhatte, und hat mich angefleht. Aber ich alter Narr wollte nicht auf sie hören.« Er sah Max in die Augen, seine Pupillen zitterten. »Passt du auf sie auf, wenn ich im Gefängnis bin? Sie ist wunderbar, aber auch ein wenig verrückt.«
»Ich werde mein Bestes geben. Mein Allerbestes. Wenn sie mich will.«
»Mehr kann ich nicht verlangen.« Iker blickte in Esthers Richtung. »Oder gehört dein Herz noch ihr? Sie ist mehr für dich als eine einfache Bekannte, das spürt man. Und welcher Mann könnte das nicht verstehen.«
Max hatte sie neben Carlos gesetzt. Er gab die Hoffnung nicht auf, dass er den Kampf um Cristina doch noch gewinnen würde. Esther und Carlos verstanden sich prächtig. Esther hatte schon immer etwas für Sportler übrig gehabt – der einzige Grund, warum sie Fußball oder die Olympiade schaute. Vor allem Schwimmer hatten es ihr angetan. Vielleicht stieg Carlos ja noch um. Ob es mit den beiden etwas werden konnte? Das wäre schon ein Riesenzufall. Aber in der Liebe war nichts auszuschließen, wie Max nun wusste. Er wünschte Esther jemanden, der ihr sein Herz öffnete und nichts zurückhielt. Sie hatte es verdient. Jeder Mensch hatte das verdient.
Das Telefon klingelte. Da Juan gerade mit seiner neuen Flamme knutschte, rannte Max hinein, um das Gespräch anzunehmen. Es war Emilio Valdés. Max war überrascht, dass selbst am Telefon zu spüren war, wie viele Fettpolster dieser Mann besaß. Auch in Kiefer und Zunge.
Das Gespräch dauerte nicht lang. Als er zurück in den Garten gehen wollte, stand Juan in der Terrassentür. »Und, wer war dran? Hatte gerade keine…«
»…keinen Mund frei?«
»Genau!« Juan knuffte ihn in die Brust.
»Es war die Polizei. Sie wollten mir noch mal danken.«
»Gibtʼs was Neues wegen Pickering?«
Max musste grinsen. »Ich musste etwas bohren, aber dann erzählte mir Valdés, dass Pickering nicht nur den Mord an Salinas gestanden hat. Er hatte auch die Jugendlichen engagiert, um Molotow-Cocktails auf die Bodega zu werfen. Er wollte Faustino damit unter Druck setzen, entschied sich aber dann doch für den Diebstahl. Das war schließlich auch günstiger. Doch er konnte die Flasche nur beim Besuch des Königs entwenden, denn bei den vielen Flaschen im Weinkeller
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