Grand Cru
falls es weiteren Ärger geben sollte.«
Bruno ließ sich nicht anmerken, dass ihn diese Aussicht, an die er noch gar nicht gedacht hatte, ein wenig erleichterte.
Von der Straße war eine Polizeisirene zu hören. Das musste Jean-Jacques sein. Bruno eilte nach draußen, um ihn zu begrüßen, und lief geradewegs Delaron vor die Kamera. Mist, dachte er, Saint-Denis würde schon wieder in die Schlagzeilen kommen.
»Ich frage mich, wie es sein kann, dass Sie immer sofort da sind, wo gerade etwas passiert ist, Philippe«, blaffte er den Fotografen an. »Wenn Sie so weitermachen, stehen Sie ganz weit oben auf der Liste der Verdächtigen.«
»Mein Onkel arbeitet hier«, entgegnete der junge Mann und richtete das Objektiv seiner Kamera auf Jean-Jacques, der gerade seinen massigen Körper vor der weißen Fläche des Gewächshauses aus dem Auto hievte. »Er war derjenige, der Alarm geschlagen hat, und ich weiß davon über meine Mutter, die es von seiner Frau weiß. In Saint-Denis gibt es keine Geheimnisse, Bruno.«
Bruno zeigte dem Chefinspektor den Tatort und führte ihn anschließend ins Büro. Petitbon telefonierte immer noch, während Isabelle die Videoaufnahmen der Überwachungskamera auf ihren Laptop überspielte.
»Glauben Sie, es war derselbe, der auch den Brandanschlag verübt hat?«, fragte Jean-Jacques.
Bruno zuckte mit den Achseln. »Kann sein. Aber ich weiß vielleicht, woher die Farbe kommt. Ich glaube, sie ist sogar bezahlt.« Er wandte sich an Isabelle. »Kommst du? Und nimm bitte mit, was du da soeben eingetütet hast. Mal sehen, ob ich richtig liege. Jean-Jacques, Sie wollen bestimmt auf die Kriminaltechniker warten. Wenn sich meine Vermutung bestätigt, werden wir sie brauchen.«
Isabelle telefonierte über Handy mit einem Kollegen in Paris, also stieg Bruno selbst hinters Steuer und machte sich mit ihr auf den Weg. Als er am Rugbystadion ankam, waren die Mannschaften noch auf dem Feld. Die Mädchen schauten von der Tribüne aus zu, und nach wie vor lehnte die Leiter dort an der Wand, wo er sie abgestellt hatte. Er holte seinen Schlüsselbund aus der Tasche und führte Isabelle durch die Küche zur Kantine, in der die Anstreicher ihr Material deponiert hatten. Den Schlüssel brauchte er nicht. Die Tür war aufgebrochen; das Schließblech hing nur noch an einer Schraube.
Vor der Wand stapelten sich zwölf Farbkanister, jeder so groß wie ein Ölfass. Davor lehnten zwei Druckbehälter mitsamt Spritzdüse. Auf einer Werkbank lagen Schutzbrillen und weiße Overalls. Bruno glaubte sich erinnern zu können, dass für den Neuanstrich des Stadions laut Kostenvoranschlag drei Arbeitskräfte vorgesehen waren.
Auf dem Weg nach draußen verglich Isabelle ihre Farbprobe mit dem Neuanstrich der Wand, an der die Leiter lehnte, zuckte mit den Achseln und sagte: »Weiß ist weiß.« Vom Büro aus rief Bruno den Malermeister an und ließ sich von ihm bestätigen, dass tatsächlich drei Mitarbeiter für den Auftrag eingeteilt waren. Sie hatten am Freitag ihr Material gebracht, unter anderem vierzehn Kanister weißer Zementfarbe und drei Spritzgeräte. Bruno fragte, wie sich ein solcher Anstrich wieder entfernen lasse. Warten, bis er ganz trocken ist, und dann mit dem Spachtel abheben, wurde ihm gesagt, es sei ganz einfach. Wann er denn ganz trocken wäre? In zwei, drei Tagen, je nach Lufttemperatur, es sei denn, man helfe mit einem Heißluftgebläse nach. Ob eines oder, besser noch, mehrere solcher Gebläse zu haben seien, fragte Bruno und erfuhr, dass eines sofort gestellt und weitere beschafft werden könnten. Der Baumarkt habe sie im Verleih. Bruno forderte den Malermeister auf, so schnell wie möglich mit seiner Mannschaft zum Forschungsinstitut zu kommen und auch Leitern und Gerüste mitzubringen. Danach rief er den Geschäftsführer der Bricomarché-Filiale zu Hause an und bat darum, den Laden für ihn zu öffnen. Schließlich meldete er sich beim Bürgermeister, der noch im Forschungsinstitut war.
»Wir wissen jetzt, woher Farbe und Ausrüstung stammen, nämlich vom Rugbystadion. Jemand ist in den Speisesaal eingebrochen, wo das ganze Zeug lagert«, berichtete er und ließ den Bürgermeister gar nicht erst zu Wort kommen. »Augenblick, noch etwas, und zwar eine gute Nachricht. Die Farbe lässt sich ohne weiteres abtragen, sobald sie trocken ist, und mit diesen Gebläsedingern, die's bei Brico gibt, können wir das Ganze beschleunigen. Der Malermeister kommt gleich mit seinen Jungs zum Institut. Vielleicht
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