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Granger Ann - Varady - 01

Titel: Granger Ann - Varady - 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nur der Tod ist ohne Makel
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gesetzt habe und dass
ich eine neue Wohnung erhalten würde – allerdings nicht
Squib oder Nev. Das war eine neue Erfahrung für mich. Die
Polizei hatte Druck ausgeübt und Erfolg gehabt, wo alle anderen Mittel versagt hatten. Es verunsicherte mich allerdings
auch ein wenig, und wie sich herausstellen sollte zu Recht.
Man legte mir ein Protokoll von allem vor, was ich ausgesagt hatte. Ich unterschrieb erst, nachdem ich es wenigstens
ein Dutzend Mal gelesen hatte – ich wollte genau wissen,
was auf diesem Papier stand, unter das ich meinen Namen
setzte. Anschließend fragte ich, ob ich nun gehen könne.
Sie waren nicht gerade glücklich darüber, doch sie ließen
uns alle gehen. Wir trotteten zurück in die Jubilee Street
und stellten fest, dass ein stattliches Exemplar von Bulle den
Eingang zu unserem Haus bewachte. Er wollte uns nicht hineinlassen. Wir sagten ihm, dass all unsere Sachen dort in
diesem Haus seien und dass wir immer noch dort in diesem
Haus wohnten. Er antwortete, dass wir dann eben warten
müssten, bis ein Verantwortlicher ihm die Genehmigung
gebe, uns ins Haus zu lassen. Nach einigem Hin und Her erfuhren wir schließlich, dass die Spurensicherung noch immer zugange war und wir sie nicht stören durften.
»Wonach suchen sie nur?«, fragte Squib, während wir davongingen. »Sie haben die Leiche. Sie haben alles fotografiert.«
Ich wollte Nev nicht unnötig ängstigen, deswegen antwortete ich, dass die Polizei eben so wäre, pingelig bis zum
Gehtnichtmehr.
»Die glauben wohl, wir hätten sie aufgehängt, was?«, fragte Squib und kicherte vor sich hin. Er hatte es als Scherz
gemeint, doch ich brachte es nicht über mich, ihm zu sagen,
dass er damit den Nagel auf den Kopf getroffen hatte. Dass
es genau das war, was in diesen bösartigen kleinen Polizistengehirnen herumspukte.
Wir waren aus unserem Haus ausgesperrt, und irgendwie
wussten wir nicht so recht, wie es nun weitergehen sollte.
Schließlich wanderten Nev und Squib in das Pub am Ende
der Straße, und ich ging in den Eckladen, um ein paar Worte mit Ganesh zu wechseln.
Ich weiß nicht, wie oft ich das kurze Stück zwischen dem
Eckladen und dem Haus schon zurückgelegt habe. Ich
kannte jeden Riss auf dem Gehweg. Ich kannte alle Stellen,
in denen sich das Regenwasser sammelte und wo Kanten
hochragten, über die man stolpern konnte. Ich konnte im
Stockdunkeln die Straße hinuntergehen und wäre doch
nicht ein einziges Mal in eine Pfütze getreten oder gestolpert. Tatsächlich war ich die Strecke schon mehr als einmal
in finsterster Nacht gegangen, denn die Straßenbeleuchtung war alles andere als zuverlässig. Die Stadt schickte
längst niemanden mehr vorbei, um den Gehweg zu reparieren oder die Straße neu zu teeren.
Nach außen hin lautete die Begründung, dass das gesamte Viertel neu strukturiert werden solle. Ein Teil dieser Neustrukturierung bestand im Abriss unserer Häuserreihe. Ich
weiß nicht, was stattdessen hierhin gebaut werden sollte –
wahrscheinlich schicke Apartmentblocks für junge Managertypen.
Wenn man am Ende der Straße weitergeht, gelangt man
zum Fluss. Auf der anderen Seite kann man die Luxusapartments sehen, die sie in den Docklands für Yuppies
hochgezogen haben, noch bevor Yuppies wie Schneeleoparden zu einer gefährdeten Spezies wurden. Der Blick entlang
dem schmalen Defilee verfallender Reihenhäuser über den
Fluss hinweg auf die glänzenden Türme hat mir immer ein
Gefühl vermittelt, wie Judy Garland es empfunden haben
muss, als sie zum ersten Mal Emerald City sah. Aus diesem
Grund, und weil die Sonne auf dem vielen Glas der Bürotürme so schön glitzerte, nannte ich die Türme ›Crystal City‹.
»Klingt nach einer Fußballmannschaft«, meinte Ganesh.
»Die heißen ›Crystal Palace‹. Und ich nenne die Dinger
so, wie ich will.«
Manchmal spazierten Ganesh und ich an warmen Sommerabenden zum Fluss hinunter. Wir saßen dann am Ufer
oberhalb der Schlammbänke, sahen hinüber zu den Türmen
und malten uns Geschichten über die Menschen aus, die
dort lebten. Einmal hatten wir uns tatsächlich auf die andere
Seite gewagt und waren zwischen den schicken Blocks herumspaziert, doch wir hatten uns dabei wie kleine grüne
Männchen gefühlt, die geradewegs vom Mars dort abgesetzt
worden waren. Alles war so sauber, so erfolgreich. Die Menschen sahen alle so fit und gesund aus, gut gekleidet und mit
schicken Frisuren. Sie hatten etwas Bestimmtes an sich, als
verfolgten sie alle ein Ziel und

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