Granger Ann - Varady - 01
Gestüt gearbeitet, doch sie misstraute ihm. Auf
der anderen Seite hatte sie Terry, jedenfalls nach Pennys
Worten, abgöttisch geliebt. Terry war Ariadnes Erbin gewesen, aber Terry war tot. Ohne eine wirkliche Alternative zu
Terry steckte Ariadne in einem schweren Dilemma, was die
Zukunft des Gestüts anging. Es gab nur wenige Kandidaten,
auf die ihre Wahl hätte fallen können, von denen jedoch
keiner ihren Wunschvorstellungen entsprach. Und die Zeit
arbeitete gegen sie. Sie musste eine Wahl treffen, und zwar
rasch.
An diesem Morgen war Watkins zu Besuch bei Ariadne
gewesen. Ich war bereit, meinen linken Arm zu verwetten,
dass in seiner abgewetzten alten Aktentasche ein neues Testament gewesen war. Und sehr wahrscheinlich hatte Ariadne es an diesem Morgen unterzeichnet.
Doch wer war der Begünstigte? Und bedeutete es womöglich, dass Ariadne nun selbst in Gefahr schwebte?
KAPITEL 14 Ich musste dringend mit Ariadne
sprechen, doch ich wusste, dass es nicht leicht werden würde,
eine Antwort auf die wichtigste Frage von allen zu erhalten.
Auf gar keinen Fall konnte ich sie einfach nach dem Inhalt ihres Testaments fragen. Doch ich war davon überzeugt, dass es
die Antwort auf alle Fragen lieferte.
Während ich zurück nach Astara marschierte, beleuchtete ich das Problem von allen Seiten und suchte verzweifelt nach einer Möglichkeit, wie ich es angehen konnte. Bis
zu diesem Augenblick hatte ich nicht gewusst, dass ein
Detektiv so vielseitig sein musste. Ein Kursus in praktischer Psychologie hätte mir vielleicht weitergeholfen,
doch ich hatte nie einen besucht. Ich wusste nur, dass ich
es mit einer eisernen Lady alter Schule zu tun hatte, die zu
allem Überdruss krank war und Medikamente einnahm.
Kein Wunder, dass mich der Gedanke so nervös machte.
Ich wog alle Möglichkeiten, die mir einfielen, gegeneinander ab, doch keine schien auch nur halbwegs erfolgversprechend.
Ich war so sehr in Gedanken vertieft, dass ich meine
Umwelt völlig vergaß. Ein wenig spät bemerkte ich, dass
mir ein Wagen auf dem schmalen einspurigen Fahrweg
folgte. Ich marschierte in der Mitte – es gab keinen Bürgersteig, und die Seiten waren trügerische Hinderniskurse
aus im Gras verborgenen Löchern und Entwässerungsgräben. Ich nahm an, der Wagen hinter mir konnte nicht
vorbei. Bereitwillig wich ich zum Straßenrand aus.
Er fuhr nicht vorbei. Er schien sich damit zu begnügen,
mit der gleichen Geschwindigkeit vorwärts zu kommen wie
ich, nur ein paar Meter hinter mir. Ich warf einen Blick über
die Schulter. Es war ein alter Lieferwagen. Der Fahrer schien
mich durch die Scheibe hindurch anzustarren, doch die
Scheibe war gelb vom Alter und dort gesprungen, wo ein
Stein sie getroffen hatte; ich konnte das Gesicht hinter dem
Lenkrad nicht erkennen. Der Wagen kroch so langsam hinter mir her, dass er fast stand. In meinem Magen bildete sich
ein dicker Klumpen, als mir bewusst wurde, dass ich gar
kein Hindernis für ihn gewesen war. Er folgte mir!
Ich marschierte schneller. Mit all den Gedanken über
düstere Familiengeheimnisse und mörderische Verschwörungen im Kopf war es mir gelungen, mich selbst in Panik
zu versetzen. Nicht nur Ariadne schwebte in Gefahr, sondern auch ich! Ich, Fran Varady, die große Detektivin. Die
sich einbildete, eine der Großen Fünf zu sein und ihre
vorwitzige Nase in Jamie Monktons Angelegenheiten
steckte.
Ich rannte schwerfällig los, behindert durch die Gummistiefel, die nicht zum Laufen gemacht waren. Selbst meine
Pixieboots wären besser gewesen. Sie gehörten wenigstens
mir und hatten die richtige Größe.
Der Lieferwagen wurde schneller. Es war unmöglich, einem Auto davonzulaufen, nicht einmal einem so alten.
Schweiß brach mir aus allen Poren. Meine Füße glühten
und wollten mir nicht mehr gehorchen. Meine Beine waren
taub. Es war, als würde ich durch dicken Schlamm rennen,
ein Albtraum, und es wurde zunehmend unmöglich, einen
Fuß vor den anderen zu setzen.
Mein Herz raste, und ich fühlte mich in dieser Wildnis
mehr allein als je zuvor. Warum war ich nicht in London
geblieben? In London hätte ich mich in eine Seitengasse
drücken können, einen Laden betreten, in einen Bus springen, irgendetwas. Aber hier draußen war ich verloren zwischen leeren Feldern. Hätte ich mich hier durch eine Hecke
zwängen oder über einen Zaun klettern wollen, wäre der
Fahrer aus dem Wagen gesprungen und hätte mich gepackt,
bevor ich zehn Meter weit gekommen wäre.
Die
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