Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Granger Ann - Varady - 02

Titel: Granger Ann - Varady - 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denn umsonst ist nur der Tod
Vom Netzwerk:
und meinem
Mund, und ich hatte das schreckliche Gefühl, ich sei plötzlich
im freien Fall. Für den Bruchteil einer Sekunde erstarrte ich
und war unfähig, mich zu bewegen. Ich wollte nicht nach unten sehen, doch mein Blick wanderte unwillkürlich seitwärts.
Hätte ich mich doch besser unter Kontrolle gehabt! Was
ich sah, machte die Dinge noch schlimmer. Dort, genau da,
wo die Seitengasse hinaus auf die Straße führte, entdeckte
ich Jane Stratton. Sie wanderte im spärlicher werdenden
Zwielicht unter einer flackernden Straßenlaterne auf und ab
und warf immer wieder Blicke auf ihre Armbanduhr. Vielleicht fragte sie sich, warum ihre beiden Schläger so lange
brauchten. Falls sie in der Gasse nach oben sah, würde sie
mich wahrscheinlich selbst im schwachen Licht noch an der
Seite des alten Warenhauses sehen.
»Schscht, hey!« Das war Lauren. Ich blickte nach oben.
Sie lehnte über der Brüstung und funkelte mich böse an.
»Nun geh schon weiter!«, brummte sie mir zu. »Ich kann
nicht klettern, solange du im Weg bist!«
Ich musste mir regelrecht auf die Zunge beißen, um sie
nicht darauf hinzuweisen, dass sie vor einer Minute noch
gesagt hatte, dass sie auf gar keinen Fall die Leiter hinunterklettern würde. Stattdessen erzählte ich ihr, dass Jane Stratton unten in der Gasse stand.
»Wir müssen also so leise wie nur irgend möglich sein«,
warnte ich in der Hoffnung, dass sie ihre Wut auf die Stratton beherrschte und nicht gleich wieder anfing, der Eiskönigin Flüche und Beleidigungen zuzurufen. Zuzutrauen war es
ihr.
Ich überließ es ihr, eine Entscheidung zu treffen, und
setzte mich erneut in Bewegung. Mein Herz hämmerte wie
wild, mir war übel und meine Hände waren schweißnass,
doch irgendwie, ich weiß wirklich nicht wie, hatte ich es
schließlich auf die Plattform geschafft.
Die Leiter zitterte und bebte unheilverkündend. Lauren
kam mir hinterher. Sie hielt sich überraschend gut. Sie
konnte wahrscheinlich nicht anders, als erst einmal so viel
Wirbel wie möglich um alles zu machen.
»Was jetzt?«, fragte sie, als sie bei mir angekommen war.
»Wir gehen weiter nach unten«, entschied ich. »Sei still
und pass auf, dass die Metallstufen nicht klappern. Die
Stratton hört uns sonst!«
Die Stratton stand im Augenblick mit dem Rücken zu
uns und der Gasse, was nur gut für uns war. Der kleine
Vorteil war augenblicklich dahin, als über uns Stimmen zu
hören waren. Merv und Baz hatten den Weg aufs Dach hinausgefunden.
Zweifellos würden sie gleich die Feuerleiter entdecken
und einen Blick über die Brüstung werfen. Ich untersuchte
hastig das Fenster neben der Plattform, doch es ließ sich nur
von innen öffnen.
»Um Himmels willen, setz dich endlich in Bewegung!«
Lauren stieß mich schmerzhaft in den Rücken. »Warum
brauchst du so lange?«
Mit Lauren so dicht im Nacken, dass ich Angst hatte,
wenn sie abrutschte, würde sie mich in die Tiefe stoßen, begann ich meinen Abstieg zum nächsten Absatz.
Wir erreichten ihn ohne Probleme. Dann allerdings verließ
uns unser Glück. Was wir von oben im schwachen Licht des
heraufziehenden Abends nicht hatten sehen können: Von der
nächsten Treppe fehlte ein ganzes Stück in der Mitte, alles in
allem vier Stufen, und die Lücke war zu groß, als dass man sie
mit einem weiten Schritt hätte überwinden können.
»Wir müssen springen«, erklärte ich. »Von hier durch die
Lücke auf den Absatz darunter.«
»Du zuerst«, kam es süffisant von ihr: Sie lief wieder zu
ihrer Höchstform auf. Selbst wenn wir das hier mit heiler
Haut überstehen sollten, war ich mir ziemlich sicher, dass
ich mit dieser Frau nie warm werden würde.
Ich setzte mich auf den Absatz und ließ meine Beine
durch die Lücke der fehlenden Stufen baumeln, während
ich versuchte, die Höhe abzuschätzen. Das schlechte Licht
machte es schwer. Die Lücke wirkte mal breiter, mal schmaler, und der eiserne Absatz unter mir schien manchmal höher, manchmal tiefer. Ich konnte nicht erkennen, in welchem Zustand er war, und was mir am meisten Angst machte – immer vorausgesetzt, ich fiel bei der Landung nicht
gleich über den Rand –, war, dass der plötzliche Aufprall
meines Körpers ausreichte, die seit langer Zeit verwahrloste
Konstruktion aus ihrer Verankerung zu reißen.
Das Ganze würde darüber hinaus höllisch Lärm machen
und mit Sicherheit Strattons Aufmerksamkeit auf uns lenken.
Ich sah über die Schulter zu der Stelle, wo die Gasse in die
Straße einmündete und

Weitere Kostenlose Bücher