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Granger Ann - Varady - 02

Titel: Granger Ann - Varady - 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denn umsonst ist nur der Tod
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um die Registrierkasse zu
überprüfen, aber das war’s, zumindest bis morgen.« Er ließ
sich auf das blaue Sofa fallen und streckte die Beine in Richtung des kleinen flimmernden Fernsehschirms. Er sah müde
aus.
Hari öffnete seinen Laden früh am Morgen wegen der
Zeitungen, doch er schloss um Punkt acht Uhr abends. Man
kann zwar Geld damit verdienen, dass man bis spät in die
Nacht geöffnet hält, doch das Risiko steigt, von Jugendbanden, die Spaß an schlechten Scherzen haben, oder noch später von Alkoholisierten aus den Pubs belästigt zu werden.
Ein kleiner Zeitungsladen ist ein natürliches Ziel. Onkel Hari blieb lieber auf der sicheren Seite.
Das Bild, das der kleine Fernseher lieferte, war eher armselig, entweder wegen seines Alters oder weil seine Antenne
hier im Souterrain wenig nutzte. Alles und jedes war doppelt zu sehen, doch Ganesh schienen die Geisterbilder nichts
auszumachen. Vielleicht war er so geistesabwesend, dass er
es gar nicht bemerkte.
»Ich habe die Nase restlos voll von Onkel Hari!«, meinte
er. »Der Mann treibt mich in den Wahnsinn! Heute musste
ich den ganzen Tag Polo Mints zählen! Nicht, dass niemand
Polo Mints klauen würde – diese Jugendlichen nehmen alles
mit, was nicht niet- und nagelfest ist, schon aus Prinzip. Für
die meisten ist es nur ein Spiel. Trotzdem, es war besser, als
ich noch Kartoffelsäcke durch die Gegend geschleppt habe.«
Dass Ganesh an diesem Punkt angelangt war, zeigte mir
deutlich, wie stark seine Depressionen sein mussten. »Niemand klaut eine Kartoffel.«
Ich erzählte ihm, dass ich bei der Polizei gewesen sei, und
am Tonfall meiner Stimme schien er zu erkennen, mit welchem Erfolg.
»Ich hab’s dir gleich gesagt«, murmelte er.
Das half mir überhaupt nicht weiter und machte mich
außerdem aggressiv. »Ich gebe nicht auf! Ich gehe morgen
los und suche nach Albie. Er muss ja schließlich irgendwo
stecken.«
Ganesh wurde munter. »Du kannst doch nicht von einem
Hauseingang zum nächsten wandern und Tippelbrüder und
Psychos ansprechen, Fran!«
Ich machte ihm klar, dass nicht jeder, der auf Platte
schlief, ein Irrer sein musste. Es hatte eine Zeit gegeben, als
die Dinge wirklich schlecht für mich gelaufen waren, da hatte ich selbst im Freien genächtigt.
Ich hatte insofern Glück gehabt, als dass es nur eine
Nacht gewesen war. Ich war damals noch fast ein Kind gewesen; es war kurze Zeit, nachdem Großmutter Varady in
ein Pflegeheim gekommen war. Sie war seit Dads Tod meine
einzige Verwandte gewesen, und ich hatte bei ihr gewohnt.
Doch die Wohnung war auf ihren Namen gemietet, nicht
auf meinen, und der Vermieter hatte mich einfach rausgesetzt. Also hatte ich gehen müssen, auf die Straße, mit all
meinen Siebensachen in einem Rucksack. Nicht, dass der
Vermieter einen Dreck darauf gegeben hätte.
Es war Sommer gewesen, und ich hatte – dumm und unschuldig, wie ich war – gedacht, dass es gar nicht so schlecht
wäre, unter freiem Himmel zu schlafen, wenn ich in den
Park ging. Bevor ich das Haus verlassen hatte, war ich nach
hinten geschlichen und hatte unbemerkt eine Plane aus dem
Schuppen im Garten geklaut, mit der Idee, daraus ein Zelt
zu improvisieren. Wahrscheinlich habe ich mich für eine
der berühmten Figuren aus den Fünf-Freunde-Romanen
gehalten.
Ich hatte vergessen, dass die Parktore des Nachts zugeschlossen werden, und das war nur das erste Problem. Ich
musste über die Mauer klettern. Dann fand ich heraus, dass
ich nicht die Einzige war, die im Park schlief. Jede Bank hatte ihren Stammgast, der sich hier für die Nacht hingelegt
hatte. Ich hatte jedoch nicht mit Gesellschaft gerechnet.
Ein Teil dieser Gesellschaft war entschieden ungesund, in
mehr als einer Hinsicht. Kaum hatte ich erst einmal erkannt, in welche Gefahr ich mich begeben hatte, ließ ich den
Plan fallen, mir ein Zelt zu bauen. Stattdessen wickelte ich
mich in die Persenning wie in einen Kokon, kroch in die
Mitte eines großen Rosenbeetes und verbrachte eine elende,
schlaflose Nacht unter einer Heckenrose. Ich sagte mir immer wieder, dass niemand, der es auf mich abgesehen hatte,
lautlos durch das Beet kommen könne und ich es auf jeden
Fall rechtzeitig bemerken würde.
Am nächsten Tag hatte ich das Glück, jemanden zu treffen, den ich von früher kannte, aus dem Schauspielunterricht, und er nahm mich mit zu einem besetzten Haus, wo
er selbst wohnte, und dort gab man mir einen Platz zum
Schlafen. Das Haus stand in einer Reihe mit anderen, zum

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