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Granger Ann - Varady - 02

Titel: Granger Ann - Varady - 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denn umsonst ist nur der Tod
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der Marylebone Station auftauchen würde. Außerdem
machte ich mir selbst Vorwürfe, dass ich eingewilligt hatte,
bei Angus’ verrücktem Kunstprojekt mitzumachen. Ich war
nur froh, dass ich Ganesh nichts davon hatte erzählen müssen. Und was allem die Krone aufsetzte – ich musste immer
wieder an Ratten denken. Mein Verstand raste. Ich stand im
Begriff, einen ausgewachsenen Panikanfall zu entwickeln.
»Hör sofort auf damit, Fran!«, befahl ich mir laut.
Ganesh und ich waren in einer Pizzeria gewesen, nachdem wir uns von Albie getrennt hatten, deswegen hatte ich
keinen Hunger. Ich hatte Durst, doch ich fühlte mich außerstande, mir einen Tee aufzusetzen. Ich mühte mich, wieder auf die Beine zu kommen, stolperte in die Kitchenette
und trank zwei Gläser Wasser. Dann ging ich in mein unterirdisches Schlafzimmer, zog Bettdecke und Kissen vom Bett
und schleppte beides hinter mir her ins Wohnzimmer. Eine
kurze Expedition ins Bad, um mir die Zähne zu putzen, und
ich fiel auf das Sofa und zog mir die Decke über die Ohren.
So müde ich auch war, ich lag noch eine ganze Weile
wach, während ich überlegte, ob der nächtliche Besuch vom
Vortag zurückkehren würde. Zuerst begann ich beim leisesten Geräusch von Schritten zu zittern, und in jener Nacht
schien jeder in voller Absicht auf dem Nachhauseweg eine
Abkürzung durch unsere Straße zu nehmen. Allmählich
wurde es später und die Fußgänger seltener. Das war noch
schlimmer. Jetzt erschien mir jeder einzelne verdächtig. Jeder, der langsam draußen vorüberging, brachte meine Nerven zum Schwingen, und, ich konnte nicht anders, jedes
Mal setzte ich mich auf dem Sofa auf, gefasst auf alles und
zu allem bereit – auch wenn ich nicht wusste wozu.
Niemand allerdings blieb vor dem Haus stehen oder verlangsamte auch nur den Schritt. Als Letzte von allen kamen
die Nachbarn vom Haus gegenüber mit dem Auto nach
Hause. Die Lichter ihres Wagens glitten über unsere Fassade
wie ein Flakscheinwerfer. Sie stiegen aus – offensichtlich
hatten sie Gäste, dem Lärm nach zu urteilen – und torkelten
über das Pflaster. Die Stimmen der Frauen waren schrill
vom Alkohol, die der Männer rau und zwanglos und voll
von der Sorte Jovialität, die so schnell ins Gegenteil umschlagen kann. Sie kicherten, johlten und fluchten, was das
Zeug hielt, stolperten die Stufen hinauf und hatten Schwierigkeiten mit dem Schlüssel. Schließlich waren auch sie mit
einem finalen Knall der Tür im Haus verschwunden. Ich
war wieder allein, mir selbst und meiner Fantasie überlassen
und dem ständig präsenten fernen Rauschen des Londoner
Verkehrs.
Allmählich wurde ich wütend über den Besucher, der
nicht kam. Wie konnte er es wagen, mich so von meinem
wohlverdienten Schlaf abzuhalten? Wenn du kommen willst,
dann komm! , schimpfte ich lautlos mit ihm. Doch er tat mir
den Gefallen nicht, und schließlich befahl ich mir, ihn wie
ein halb gelesenes Buch einfach zur Seite zu legen und einzuschlafen. Wenigstens, so sagte ich mir, lag ich nicht in
dieser Gruft unter dem Bürgersteig. Hier draußen im
Wohnzimmer fühlte ich mich sicherer. Ich war es nicht, aber
ich fühlte mich so.
    Als ich schließlich in den Schlaf sank, schlief ich wie ein
Stein. Ich träumte nicht, nicht einmal unter diesen besonderen Umständen. Ich war viel zu erledigt dafür. Ein kleines
Wunder, dass mein altmodischer mechanischer Wecker
mich am nächsten Morgen um sieben weckte. Ich schimpfte
über mich selbst; was für ein Schwachsinn, mich so früh am
Morgen mit Albie zu verabreden! Ich torkelte durch meine
Wohnung, raffte meine Kleidung zusammen, zog mich an
und machte mich auf den Weg nach Marylebone.
    Ich erwischte einen Bus, der mich auf direktem Weg
dorthin brachte, und war um zehn nach acht am QuickSnack-Imbissstand, unserem verabredeten Treffpunkt. Falls
Albie vor mir dort angekommen war, so war von ihm jedenfalls nichts zu sehen. Andererseits glaubte ich nicht, dass er
schon nach zehn Minuten aufgeben würde.
    Ich blickte mich um, und mir wurde bewusst, dass ich
vergessen hatte, wie geschäftig Bahnhöfe so früh am Morgen
sind. Aus jedem Zug stiegen Pendler und strömten an mir
vorbei, ein massives Meer entschlossener Gesichter. Die
Bahnhofshalle sah aus wie ein aufgescheuchter Ameisenhügel. Überall hasteten Leute auf den Hauptausgang zu oder
auf die Rolltreppen hinunter zu den U-Bahn-Stationen. Albie in der Menge auszumachen würde nicht ganz leicht
werden. Ich holte mir einen

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