Granger Ann - Varady - 03
Haarschnitt war schlimmer als meiner. Er erinnerte mich an
eine rothaarige Kokosmatte.
Man sollte nicht glauben, angesichts seines äußeren Erscheinungsbildes und jeglichen Mangels an Charme, dass
Parry glaubte imstande zu sein, mich für sich zu gewinnen,
doch tief in seinem Herzen – oder eher dem, was als sein
Gehirn dienen mochte, schien er sich tatsächlich Hoffnungen in Bezug auf mich zu machen. Es war Ganesh, der mich
darauf aufmerksam gemacht hatte, und zuerst wollte –
konnte – ich es nicht fassen. Doch nach und nach war in
mir die grauenhafte Schlussfolgerung gereift, dass Ganesh
wieder einmal Recht gehabt hatte, genau wie in vielen anderen Dingen. Draußen vor dem Haus vermaßen Männer den
Tatort, krochen über den Boden, fotografierten alles und
suchten nach Indizien, die sie in ihre durchsichtigen Plastiktüten packen konnten. Die verbliebene Anwohnerschaft war
nach draußen gekommen und beobachtete das Schauspiel
hinter einem blau-weißen Absperrband, das quer vor
Daphnes Haus gespannt worden war. Hinter der Menge waren aufgebrachte Autofahrer aus ihren Fahrzeugen gestiegen
und verlangten zu erfahren, warum man ihnen keine
Durchfahrt gewährte.
Auf unserer Seite des Absperrbands waren wir wie unter
Quarantäne gestellte Opfer eines Pestausbruchs von der übrigen Menschheit abgetrennt und der Gnade von Sergeant
Parry ausgeliefert.
Er nahm zuerst Daphnes Aussage entgegen, denn er ging
ganz richtig davon aus, dass das, was sie zu sagen hatte, weniger interessant war als alles, was er hinterher aus Ganesh
und mir quetschen konnte. Daphne hatte nichts gehört und
nichts gesehen, weil sie in ihrem Arbeitszimmer im hinteren
Teil des Hauses gesessen hatte. Parry dankte ihr mit einer
Höflichkeit, die er mir gegenüber noch nie an den Tag gelegt hatte, bevor er sie aus ihrer eigenen Küche entließ und
seine Aufmerksamkeit Ganesh und seiner bevorzugten Beute, nämlich mir zuwandte. Daphne war sozusagen nur seine
Vorspeise gewesen. Wir waren sein Hauptgericht.
»Also schön, dann fangen wir mal an«, sagte er. »Sie zuerst, Miss Varady; schließlich war es Ihre Wohnung, in der
der Tote gefunden wurde.«
»Nicht in meiner Wohnung«, verbesserte ich ihn energisch, »sondern draußen, vor meiner Wohnung!«
»Meinetwegen, dann also vor Ihrer Wohnung«, sagte Parry wenig beeindruckt.
Ich erzählte ihm meine Version der Geschichte, und Ganesh erzählte ihm seine, und beide unterschieden sich praktisch nicht. Wir erzählten ihm gezwungenermaßen auch
von dem Vorfall in Onkel Haris Zeitungsladen, als der
Mann, den wir inzwischen als Coverdale kannten, hereingestolpert war, und ich erzählte von dem zweiten Burschen,
der kurze Zeit später im Laden aufgetaucht war und sich
nach Coverdale erkundigt hatte.
Die bombe surprise war Hitchs Fund im Waschraum, der
Umschlag mit der Filmrolle darin. Parry kritzelte in seinen
Block wie ein Besessener, während er unablässig auf einer
ausgefransten Ecke seines fadenscheinigen Schnurrbarts
kaute und sein Gesichtsausdruck von Minute zu Minute
unwirscher wurde.
Als er erfuhr, dass ich den Film zum Entwickeln weggebracht hatte, hörte er auf zu kritzeln und lief puterrot an.
»Was haben Sie getan? Sagen Sie nichts, ich kann es mir
denken! Sie haben wieder einmal Detektiv gespielt, Fran,
richtig? Wie oft muss ich Ihnen noch sagen, dass Sie das der
Polizei überlassen sollen? Wenn Sie etwas Verdächtiges zu
berichten haben, dann gehen Sie damit zur Polizei!«
»Es war aber nichts Verdächtiges!«, protestierte ich.
»Sie hätten es trotzdem melden müssen! Wo sind diese
Fotos jetzt?«
»Immer noch im Laden, unter der Registrierkasse«, sagte
Ganesh.
»Dann werden wir zu diesem Laden fahren und die Aufnahmen holen, nicht wahr, Sohn? Falls sie noch dort sind –
was ich in Ihrem Interesse hoffe. Falls nicht, stecken Sie beide
in Schwierigkeiten. Diese Bilder sind Beweismaterial, wissen
Sie?«
»Hören Sie!«, begehrte ich auf. »Wir konnten schließlich
nicht wissen, dass dieser Coverdale ermordet werden würde!
Wir haben angeboten, die Polizei zu alarmieren, als er zum
ersten Mai in den Laden kam, aber er wollte nicht. Was hätten wir denn sonst tun können?«
»Sind Sie eigentlich ganz sicher«, fragte Ganesh mit sehr
förmlicher Stimme, »dass dieser Mann tatsächlich Coverdale
ist? Wie ich das sehe, ist der einzige Grund, warum wir ihn so
nennen, ein Zettel mit einer Unterschrift von einem gewissen
Coverdale, den jemand durch Frans
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